Zurueck auf Glueck
sie unter ihren Freundinnen eine Umfrage, um zu ermitteln, wie glücklich ihre Ehen waren. »Es ist schon schön, wenn man jemanden im Haus hat, der an die Sachen in den obersten Schrankfächern rankommt«, mailte eine Frau, die gerade ihren dritten Ehemann verschliss – einer immer größer als der andere. »Und wenn man sich mal ausgesperrt hat, kommt man schnell wieder rein.«
»Ich bin zufrieden«, antwortete eine andere. »Aber wenn Mark spontan in Flammen aufginge, würde ich nicht noch mal heiraten. Ob ich Mark noch mal heiraten würde? Soll das ein Witz sein?«
»Glücklich?«, fragte eine Frischvermählte zurück. »Das ist so eine nichtssagende Beschreibung. Traurig träfe es besser. Mir fehlen meine einsamen Samstagabende.«
Die Ergebnisse konnte man wahrhaftig nicht als Hipp-hipp-hurra für den Ehestand bezeichnen. Auch wenn Begeisterung für die praktischen Seiten geäußert wurde. Dass man sich beim Chinesen die Hauptspeisen teilen konnte, zum Beispiel.
361.
Mathematikpsychologen haben festgestellt, dass der eheliche Glücksquotient gespenstisch nahe bei π liegt.
362.
Wally schickte Imogene eine Postkarte, auf der er ihre Stärken auflistete (die üblichen plus Rechtschreibung), sie seiner unvergänglichen Liebe versicherte und sie darauf aufmerksam machte, dass er ihr das Schriftstück auch am Morgen in der Küche hätte aushändigen können, aber das Gefühl habe, die überflüssige Ausgabe für das Porto sei ein besserer Beweis für den Grad seiner Liebe. 10
363.
Eines schönen Tages sagte Wally zu Imogene, seiner Meinung nach werde die Verdunstung überbewertet. Bis dahin war Imogene sich nicht einmal bewusst gewesen, dass die Verdunstung überhaupt bewertet wurde.
364.
»Siehst du den Parkplatz da?«, fragte Wally eines anderen Tages, während sie eilig irgendwohin strebten. »Da hab ich mal geparkt.«
»Schön«, sagte Imogene, die gerade darüber nachsann, ob sie eigentlich gern Klementinen aß – oder meinte sie Minneolas?
»Jetzt weißt du alles über mich. Mehr gibt es nicht.«
»Mandarinen«, dachte Imogene.
365.
Manches Mal dachten Wally oder Imogene, bevor sie antworteten: Welche Worte würde mein Schatz am liebsten hören? Manch anderes Mal dachten sie: Womit kann ich meinem Schatz den letzten Nerv rauben?
366.
Aber meistens waren es die Male dazwischen.
367.
Im Flügel für europäische Malerei und Skulptur verloren sich Wally und Imogene aus den Augen. Allerdings konnte nie festgestellt werden, wer wen verloren hatte und wer wem verlorengegangen war.
368.
Wollen wir uns nicht mal eine Auszeit gönnen von diesen Leuten mit ihren Bedürfnissen und Wünschen, ihrem Sturm und diesem anderen Wort – ihrem Gequake?
369.
Patty möchte sich vielmals entschuldigen. Sie dachte dabei an Figuren aus einem anderen Buch. Ein musikalisches Zwischenspiel ist angesagt.
370.
Trotz Kapitelchen 367 schlief Wally tief und fest.
371.
»Und geräuschvoll«, dachte Imogene.
372.
Kann sein, kann aber auch nicht sein. Patty war nicht dabei.
Patty hat nämlich auch noch ihr eigenes Leben.
373.
Mehr oder weniger.
374.
Nachdem sie Wally eine geraume Weile beim Atmen zugesehen hatte, dachte Imogene über diesen Menschen nach, der da nur eine Armeslänge von ihr entfernt im Bett lag. Sie dachte: »Ist das ein Haarwirbel? Hat er wirklich einen Wirbel? Wenn ja, wird kein Bett jemals groß genug sein.«
375.
In der nächsten Nacht hatte Imogene das Bett für sich allein, und in Kleider-, Wand- und Nachtschränken herrschte gähnende Leere. Wally war am Morgen in aller Herrgottsfrühe zu einem Campingausflug mit Freunden aufgebrochen. Er wollte sechsunddreißig Stunden wegbleiben, hatte aber genug Sachen mitgenommen, um für die Ewigkeit gerüstet zu sein. »Warum hast du keine Angst, dass ich von einem Berglöwen gefressen werde?«, fragte er Imogene mit brüchiger Stimme.
Imogene gähnte. »Ich dachte immer, man wird von Bären gefressen.«
376.
An Tag zwei kam Imogene ein irritierender Gedanke: Wieso hatte Wally ein Jackett und eine Krawatte in seinen Matchbeutel gepackt? Campingausflüge konnten apokalyptisch enden, erforderten aber nur selten eine gepflegte Garderobe.
377.
Pfadfindermotto: Allzeit bereit!
378.
Bereit für das Ritornell von Ron de Jean? Imogenes Geschirrspüler wollte nicht mehr, und wen sonst hätte sie fragen können? Ron de Jean verstand sich auf die Reparatur von Schwimmschaltern ungefähr genauso gut wie Robespierre aufs Basketballspielen. Keiner von beiden konnte
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