Zurueck Aus Afrika
Kenia um die Manyatta tat, damit bei Regenfällen das Wasser einigermaßen ablaufen konnte. Die Mühe hat sich gelohnt. In der Nacht tobt ein heftiges Gewitter über den See. Napirai und ich liegen auf dem Bauch und schauen uns das Spektakel aus dem kleinen Zelt an, da an Schlafen bei dem Donner sowieso nicht zu denken ist. Die Blitze zucken lang gezogen über den See und erhellen für kurze Momente die ganze Umgebung. Wir sind fasziniert. Tags darauf ist es schwierig, trockenes Feuerholz für unsere Würstchen zu finden. Der Boden ist tropfnass und viele Zelte sind abgebrochen und verschwunden. Aber wir geben nicht auf und werden gegen Mittag mit den ersten Sonnenstrahlen belohnt. Später sammle ich dürre Äste von den Bäumen, da diese am schnellsten in der Luft getrocknet sind. Tatsächlich haben wir bald unser Feuer und kurz darauf das verspätete Mittagessen. Napirai freut sich sichtlich darüber, mit ihrer Mama so herumhängen zu können.
Als ich nach den Sommerferien wieder zur Arbeit komme, eröffnen mir meine Arbeitgeber, dass sie sich trennen und der Firmensitz verlegt wird. Für mich bedeutet das, dass ich nun für die Bestellungsbesprechungen nicht mehr schnell vorbeigehen kann, sondern einige Stunden Anfahrt in Kauf nehmen müsste. Ich bin nicht begeistert, weil mir dadurch viel Zeit mit Napirai verloren geht, und teile ihnen mit, dass ich unser Arbeitsverhältnis neu überdenken müsse.
Zu Hause suche ich die Visitenkarte des Außendienstchefs der Firma, die T-Shirts vertritt, und rufe dort an, allerdings ohne mir große Hoffnungen zu machen, dass er sich noch an mich erinnern kann. Er ist jedoch sehr erfreut und wir vereinbaren einen Termin in der Firma. Als ich einige Tage später das Gebäude betrete, bin ich beeindruckt, wie gepflegt und professionell alles aussieht. Die großen Maschinen, mit denen im Siebdruckverfahren die unterschiedlichen Motive auf die T-Shirts gedruckt werden, faszinieren mich. Auch die Stickerei-Abteilung ist interessant. Bei einer Tasse Kaffee sprechen wir natürlich auch über die Verdienstmöglichkeiten. Der Grundlohn bliebe in diesem Job in etwa gleich, aber ich bekäme eine höhere Provision und dazu noch pauschales Spesengeld. Alles in allem hätte ich einiges mehr als jetzt. Der Fall ist sofort klar und wir vereinbaren, dass ich so schnell wie möglich anfangen werde.
Mein altes Arbeitsverhältnis kann ich innerhalb von vier Wochen auflösen und bereits am 1. Oktober 1993 beginne ich den dritten Job seit meiner Rückkehr. Ich bin hoch motiviert, da mir die Arbeit mit den neuen Möglichkeiten großen Spaß macht und ich mich mit dem Chef gut verstehe. Vor allem die gestickten Firmen-Logos finden erfreulichen Absatz. Auch von meiner vorherigen Kundschaft kann ich dabei profitieren und verkaufe zum Teil sensationelle Stückzahlen. Keine Minute bereue ich den Stellenwechsel und stelle mit Genugtuung fest, dass mich bisher jeder neue Arbeitsplatz nur weitergebracht hat.
Eines Abends im November finde ich einen Abholschein von der Post vor. In dem Einschreiben befindet sich eine Vorladung zu einem Gerichtstermin, bei dem meine Ehescheidung verhandelt werden soll. Jetzt, da ich es schwarz auf weiß vor mir sehe, kommt es mir doch recht seltsam vor. Ich werde wahrscheinlich von einem Mann geschieden, der davon keine Ahnung hat. Die Verhandlung soll am 30. November 1993 um 17.00 Uhr stattfinden. Persönliches Erscheinen, mit oder ohne Vertreter, wird vorausgesetzt.
Oh Gott, ich habe keinen Anwalt! Brauche ich einen?, frage ich mich selbst. Oder soll ich meine Mutter oder gar Madeleine bitten mitzukommen? Aber dann entscheide ich mich, allein zu gehen, da nur ich die ganze Geschichte wirklich kenne. Meine Schlagfertigkeit ist in den Jahren im Außendienst gut geschult worden und mein gestärktes Selbstbewusstsein ist mit dem der ersten Monaten nach meiner Rückkehr aus Kenia, in denen ich mich nicht einmal mehr auf die Straße traute, nicht zu vergleichen.
Am besagten Tag nehme ich meine beiden Lohnabrechnungen mit, damit ersichtlich ist, dass ich uns beide gut ernähren kann, und eine Liste über meine Lebenshaltungskosten sowie ein paar Fotos von meinem Mann und unserem damaligen Leben. Da ich noch nie in einem Gerichtsgebäude war, beschleicht mich nun doch ein beklemmendes Gefühl. Vor mehreren Türen warten jeweils kleinere und größere Menschengruppen, die sich meist um einen Anwalt in Robe scharen. Als einzelne Person mit meinem dünnen Aktenmäppchen komme ich
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