Zurück im etwas anderen Tunesien
Kind war. Die Packung ist ungeöffnet und Leila strahlt mich an. Das ist ihr aller, aller schönstes Geschenk und es erinnert sie immer an mich und sie will es für immer so behalten!
Sturzbäche laufen aus meinen Augen und ich kann es kaum glauben. Wie süß ist das denn? Was man mit so einer Kleinigkeit doch bewirken kann und es zeigt mir, dass es richtig ist, für jeden wenigstens eine Kleinigkeit als Geschenk zu besorgen. Ich drücke Leila ganz fest an mich und möchte sie am liebsten nie mehr los lassen.
Es ist spät geworden und mein Mann steht in der Tür, um mich abzuholen. Wir sind zu der Hochzeit eingeladen, wo er gestern Trauzeuge war und ich den Hennaabend besucht hatte. Schon wieder zu einer Hochzeit?
Na klar, alle um mich herum sind doch auch eingeladen und schon sind wir wieder beim verdrängten Thema Kleider . Bitte nicht noch einmal so eine Aktion wie heute Nachmittag! Zu meinem Glück haben wir nicht mehr so viel Zeit und ich bekomme nur ganz schnell einen festlichen Kaftan von Noura hingelegt. Der hat Gott sei Dank eine Einheitsgröße und passt von XS bis XXL. Ich packe meine Geschenke zusammen und will mich schnell aus dem Haus schleichen, damit Tante Fausia nicht mehr an das Essen denkt. Vergebens, wer steht schon im Flur mit diversen Töpfen und Tellern? Fausia mit einem Berg Brik, einer riesen Schüssel Slata Meschwia und einem Topf voll Makrouna.
„Alles für dich und deinen Mann, damit ihr etwas zu essen habt!“
Genau, ansonsten besteht ja die Gefahr, dass wir in den nächsten zwei Wochen hier verhungern.
Ihre eigenen Kinder fangen aus Spaß an zu maulen und fragen, was sie denn noch essen sollen, wenn sie mir das ganze Essen mitgibt? Aber das ist wirklich nur Spaß, denn in der Küche gibt es noch weitere Essenvorräte, mit denen sogar der ganze Ort satt werden würde. Zufrieden nehme ich meine Geschenkepäckchen und Essensvorräte und mache mich auf den Weg. Mein Mann schaut mich an und lacht.
„Pass auf, an der Haustür steht die Kasse und dann musst du bezahlen, was du alles mitnimmst!“ Na das wäre es ja noch gewesen!
Zu Hause bleibt nur wenig Zeit und ich ziehe mir zügig den Kaftan von Noura an. Wunderbar, wieder sehe ich aus wie ein Partyclown, allerdings heute in der Farbe Grün. Da ich immer noch keine anderen Schuhe habe, klopfe ich mich wieder in die Schläppchen von gestern und auf geht es wieder rüber zum Hochzeitssaal.
Die Männer bleiben wie üblich draußen sitzen und wir Frauen betreten den Hochzeitssaal. Same procedure as every day!
Am Eingang gibt es den obligatorischen Keks für unterwegs und das Minigetränketetrapäckchen. Die unbequemen Plastikstuhlreihen sind wieder gefüllt mit diversen Gästen und wir knutschen uns durch, bis wir noch ein paar wenige freie Plätze finden. Leider dieses Mal am Rand und nicht zusammenhängend. Heute ist es viel voller als gestern und wir sitzen so unglücklich, dass wir immer wieder zur Seite geschubst werden, weil irgendjemand an uns vorbei möchte. Wenn man in der Nähe der Toilette sitzt, dann muss man damit eben rechnen.
Ich betrachte meinen Keks und muss schmunzeln. Bildlich stelle ich mir vor, wie die Leute reagieren würden, wenn sie in Deutschland auf einer Hochzeit, einem Polterabend oder einem Jungessellenabschied einen Keks und ein Minitetrapack Saft bekommen würden und sonst nichts!
Heidewitzka, da würde dann der Bär steppen und richtig Stimmung aufkommen. Verdammt schlechte Stimmung, denn wer hält dort so eine Veranstaltung ohne Alkohol und etwas Deftigem im Magen durch? Können die sich vermutlich auch nicht vorstellen, dass man so Spaß haben und richtig schön feiern kann. Ich weiß es ja nicht genau, was dass da für ein Saft in dem Päckchen ist und welche geheimnisvolle Zutat eventuell in dem Keks herumschwirrt, aber fröhlich und lustig werden die Damen hier auf jeden Fall.
Im Gegensatz zu gestern gibt es heute keine Soundanlage, sondern eine Liveband mit Sänger und die anwesenden Damen tanzen wie wild im Kreis herum. Da die Halle wirklich sehr voll ist, ist es aufzwei mal zwei Metern etwas schwer, aber sie lassen sich die gute Laune nicht verderben. Vielleicht versuchen sie sich durch ihre wilden Tänze auch nur etwas Luft zuzufächeln.
Es wird still und im nächsten Moment fangen einige ältere Frauen ohrenbetäubend an zu yallern. Es hört sich an wie ein Indianerüberfall, aber es ist nur das Brautpaar, welches jetzt in den Saal einzieht. Die Braut trägt einen Traum in Weiß und dazu
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