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Zurueck in der Hoelle

Titel: Zurueck in der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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sie den Dreispitz, der ihr vom Kopf fliegen wollte, und dabei rief sie noch ihre Befehle zu den Twins in den Rahen hinauf.
    »Runter mit euch! Raus aus den Masten! Haltet und bindet euch irgendwo fest!«
    Will spürte den Regen, der ihm ins Gesicht peitschte. Er hob seinen Blick und dann musste er sehen, wie die gebirgshohen Wasserwände Risse bekamen. Sie stürzten ein. Jo schrie ihm noch einmal eine Drohung zu und dann war es still.
    Die Stille dauerte eine Ewigkeit und Will konnte nicht sagen, ob sie aus Sekunden oder Jahren bestand. Auf jeden Fall fror er, als er erwachte. Er schlang seine Arme um den nackten Oberkörper und versuchte seine Füße wie eine Schildkröte in die eisesstarren Hosenbeine zu ziehen. Er konnte nichts anderes denken, als dass er fror. Und er spürte auch nicht die Berührung durch die behandschuhten Hände, die ihn vorsichtig packten und herumdrehen wollten.
    Es war immer noch still. So still wie es kalt war, doch als Will das Lächeln in ihren Augen erkannte, wurde ihm warm.
    »Herzlich willkommen am Ende der Welt«, lächelte Honky Tonk Hannah. Ihr Gesicht schien so weich und so warm unter der flauschigen, aus dem Fell eines Silberfuchses gefertigten Husarenmütze und um ihre Schultern wehte ein dickes Wolfscape im eisigen Wind.
    »Du warst schon mal hier?«, fragte Will, als er begann, sich zu erinnern. »Aber warum? Und wann ist das gewesen?«
    »Ach«, murmelte Hannah und wickelte ihn in ein Bärenfell. »Das ist eine fürchterlich lange Geschichte. Die erzähl ich dir irgendwann, wenn wir das hinter uns haben.«
    »Und ich wette, dass du sie niemals zu hören bekommst«, hüstelte Moses Kahiki. Der Chevalier du Soleil saß vor einem in einem Eisenkessel lodernden Feuer und versuchte vergeblich, die Schmerzen in seinen wieder auftauenden Händen und Füßen zu ignorieren.
    »Das ist auch gut so«, schimpfte der kleine Jo. »Ich will sie nämlich gar nicht hören.«
    Will drehte sich um und entdeckte den kraushaarigen Kopf seines afrikanischen Freundes, der als dessen einziges Körperteil aus einer dampfenden Fasssauna ragte.
    »Es gibt nur einen einzigen Grund, aus dem Honky Tonk Hannah jemals zu einem Ort zurückgekehrt ist. Und den kennen wir alle: Als sie zum ersten Mal da war, muss irgendetwas fürchterlich schiefgelaufen sein. Und wenn ich daran denke, wie die Witwe Chen in Old Nassau im Turm der Chinesen zwischen all den Skeletten und Kanonen aufgespießt stand, dann will ich mir einfach nicht vorstellen, was dieses Irgendetwas gewesen sein könnte.«
    »Uh-huh-uh-ahhh!«, lachte die junge Piratin und rieb Wills Füße mit warmem Walrossfett ein. »Unserem Jo scheint es schon wieder prächtig zu gehen. Und weißt du, warum? Hier ist es für jeden Regentropfen zu kalt. Es kann ihm also keiner auf die Nase platschen.«
    Sie grinste den Jungen im Saunafass an und dann wandte sie sich wieder an Will.
    »Was meinst du?«, fragte sie ihn mit diesem verschwörerisch leuchtenden und hinterlistigen Blick, dem Will nicht widerstehen konnte. »Kannst du schon laufen? Bist du wieder okay?«
    Sie hüllte seine Füße in zwei wolkenweiche Biberfelle. »Ich würde dir nämlich sehr gern etwas zeigen.«
    Sie half ihm auf und dann führte sie Will zum Bug des Fliegenden Rochens, den die Triple Twins, die wie Hannah in pelzige Uniformen gekleidet waren, durch ein Meer aus Eisschollen lenkten. Eisberge türmten sich vor ihnen auf, und als Tanja das Steuer des Rochens drehte, glitt dieser langsam zwischen ihnen hindurch.
    »Sieh doch!«, raunte Hannah. »Das ist das Ende der Welt. Der gefrorene Horizont.«
    Will stockte der Atem. Vor ihm wuchs eine Eiswand bis in die Wolken hinauf. Sie reichte, so weit wie man sehen konnte, nach Backbord und Steuerbord und verwandelte die Eisberge um sie herum in winzige Hügelchen, den Fliegenden Rochen in eine Nussschale, und sie, die Honky Tonk Pirates, in kaum sichtbare Flöhe. So klein und winzig fühlte sich Will.
    Doch Hannah dachte an etwas anderes.
    »Ist die nicht riesig?«, raunte sie und ihre Augen leuchteten dabei wie Sterne. »Und willst du nicht wissen, was sie verbirgt? Welch grenzenlose Freiheit? Welch unfassbaren Traum? Ist es nicht das, wofür wir leben, und wofür du Aweiku verlassen hasst? Den kleinen Engel, das schöne Biest, die biestige Kriegerin?« Sie brummte verächtlich und immer noch eifersüchtig: »Hast du ihr nicht gesagt, dass du Träume wahr werden lassen willst, um die Welt zu befreien? Und findest du nicht, dass diese Wand vor

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