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Zurueck in der Hoelle

Titel: Zurueck in der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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keinen Quatsch! Ich warne dich, hörst du. Woher soll ich wissen, dass du uns nicht bescheißt? Dass du nicht mit Hannah gehst und uns sitzen lässt? Wieso, sag das bitte, sollten wir dir vertrauen?«
    »Komm!«, sagte Ophelia und lief schon zur Tür. »Lass uns die Wachen holen und ihn jetzt schon verraten.«
    Da rief Will sie zurück. »Halt. Warte. Bleib!« Er hob seinen Blick und sah sie aufrichtig an. »Ihr könnt mir vertrauen, weil ich euch vertraue.« Er sagte das leise, ganz leise und ruhig. »Denn ich habe den Ring schon und ich geb ihn zurück.«
    Er hob seine Faust und öffnete sie.
    Salome stöhnte und Ophelia schrie.
    »Ich hab ihn gerade aus deinem Gürtel stibitzt. Aber du kannst ihn haben. Und wenn du ihn nimmst, lass ich dir die freie Entscheidung, ob du ihn morgen Hannah gibst, damit wir uns rächen und damit wir …«
    Er nahm Salomes Arm und drückte der völlig sprachlosen Frau den Ring in die Hand.
    »… damit wir danach zusammen fliehen.«
    »Fliehen und segeln und Abenteuer bestehen«, hauchte Ophelia.
    »Ja, ganz viele Abenteuer«, nickte der Junge, zeigte dabei sein Lausbubenlächeln und kreuzte hinter dem Rücken die Finger.

Für eine Welt, die andersherum ist

    ie Nacht wurde stündlich dunkler. Sie wurde so dunkel, dass das Licht der Sterne starb. Totes Licht, dachte Jo und schaute zum Himmel, in dem die Sterne wie Eissplitter steckten. Er hatte seine Pagenlivree gegen die dreckigen Kleider eines Straßenkindes eingetauscht und saß im zerfallenen Dachstuhl eines Hauses, von dem aus er den Eingang zum Hauptquartier der Korsaren bewachte. Aufmerksam spähte er die Gasse hinab, die hier im entlegensten Winkel der Stadt nur noch von schäbigen Ruinen gesäumt wurde. Und obwohl die Kanonen der Belagerer die Häuser im Laufe der vielen Kriegsjahre bis auf die Grundfesten zerschossen hatten, drängten sich die Menschen in ihnen und suchten dort Zuflucht. Obdachlose und Flüchtlinge, die kein Zuhause mehr hatten, schliefen hungrig oder erschöpft in schiefen Bretterverschlägen und unter zerfledderten Planen. Sie kauerten in den löchrigen Mauern der Häuser und starrten stumm und verwirrt vor sich hin.
    »Was ist?«, fragte Rachel, die hinter Jo auf den Dachstuhl geklettert war. Sie zog ihre Kapuze in den Nacken und musterte den Freund.
    »Warum machst du dir solch große Sorgen?«
    »Weil ich es nicht ertragen kann, was wir aus unserer Welt gemacht haben.«
    Jo wischte sich mit dem zerrissenen Ärmel seiner Jacke die Tränen aus dem Gesicht.
    »Weißt du, ich habe Orte gesehen«, sagte er, »da waren die Sterne lebendig. Da waren sie wie ein Mantel, der aus Träumen und Wünschen gewebt war.« Er lächelte jetzt. »Und wenn man abends müde wurde, hat man ihn einfach angezogen.«
    »Den Mantel aus Sternen?«, fragte Rachel staunend.
    »Ja, und dann konnte man schlafen«, sagte der Junge. »Schlafen und träumen ganz ohne Angst. Man war absolut sicher.«
    »Ja.« Rachel nickte. »So war es bestimmt, als ihr zusammen mit Aweiku und dem Vergessenen Volk in den Blumenknospenhütten ihres Dorfes geschlafen habt.«
    »Geschlafen und gelebt«, schwärmte Jo. »Ja, wir haben gelebt.«
    »Und das wollen wir auch.« Jetzt lächelte Rachel. »Und deshalb bist du doch hier. Deshalb bist du nicht mit der Insel verschwunden, sondern deinem Freund Will gefolgt. Also, was ist? Worauf wartest du noch?«
    Sie reichte ihm ihre Hand und half ihm auf.
    »Komm«, sagte sie, »du wirst es gleich sehen. Bald haben wir auch so einen Mantel aus Träumen und Wünschen, in den man sich abends hineinkuscheln kann.« Sie kletterte mit ihm zur Gasse hinab und lief dort zu einem ausgetrockneten Brunnen.
    »Pssst!«, sagte einer von Talleyrands Zombiesoldaten und deutete ans Ende der Gasse, wo ein zwergenähnliches Wesen einem dunkelhäutigen Straßenkind in einen alten Brunnen half.
    »Da sind sie. Das ist eines der Rattenlöcher.«
    Er packte den zweiten Soldaten am Arm und dann eilten die beiden, in graue Schleier gehüllten Männer im Schatten der Häuserruinen auf den Brunnen zu.
    Unterdessen erreichten Jo und Rachel den Boden des Brunnens, schlüpften durch eine Öffnung, hinter der Fackellicht brannte und schlugen im letzten Moment, bevor die Soldaten über ihnen den gemauerten Rand des Brunnens erreichten, einen schwarzen Vorhang zurück, der alles Licht schluckte.
    Die Soldaten starrten in das dunkle Loch. Ihre roten Augen glühten hinter den Schlitzen der Schleier und der Erste von ihnen wollte den Kindern schon

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