Zurueck in die Nacht
„Ich? War es nicht umgekehrt?“
Ich wand mich.
„Ja, schon… aber…“
„Aber?“ Er zog
die Augenbrauen hoch.
„Naja, also…
seit wir zusammen sind…“ Ich wurde rot. „…äh, ich meine, also… befreundet sind…
da…“ Mist. Ich stotterte mir hier einen zusammen und spürte, wie ich roter und
roter wurde.
Aber wie immer
verstand er mich trotzdem. „Willst du sagen, dass sich deine Gefühle für Arik verändert
haben? Wegen mir?“
Ich glühte wie
ein Leuchtturm. „Äh – ja“, flüsterte ich schließlich in Richtung Fußboden.
„Und? Was heißt
das?“ Seine Stimme war unbarmherzig.
„Das heißt… dass
ich… eigentlich ganz zufrieden bin. Ohne ihn.“ Ich atmete erleichtert auf.
Endlich war es raus. Aus dem Augenwinkel versuchte ich, Jays Reaktion zu sehen,
aber leider regte er keine Miene. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und
fügte hinzu: „Und dass ich ihn eigentlich gar nicht mehr suchen will.“ Endlich
wagte ich es, meinen Kopf wieder zu heben und ihn anzusehen.
Aber er
erwiderte meinen Blick nicht, sondern sah nachdenklich an die Decke, als suchte
er dort oben irgendeine Inspiration.
Als mir sein
Schweigen zu lange dauerte, fragte ich ängstlich: „Kannst du das verstehen?“
„Clarissa.“
Endlich wandte er mir wieder seinen Blick zu und ich sah erleichtert, dass er
nicht sauer wirkte. „Natürlich kann ich dich verstehen. Nach allem, was du mir
inzwischen so von ihm erzählt hast, habe ich mich sowieso schon gewundert, wie
jemand wie du überhaupt auf einen wie ihn hereinfallen konnte.“ Er sah mich
ernst an. „Ich bin froh, dass du das selbst erkannt hast. Es hätte mir sehr
leid getan, wenn ich dir eines Tages die Augen hätte öffnen müssen.“
Ich zuckte
zusammen. Das klang fast so, als wüsste er noch mehr über Arik. Und warum auch
nicht? Auf einmal schien mir der Gedanke gar nicht mehr so absurd. So viele
Zeitgeher gab es ja wahrscheinlich nicht auf der Welt. Warum sollten sie sich
dann nicht untereinander kennen?
„Also hättest du
nichts dagegen, wenn wir ihn nicht mehr suchen würden?“, fragte ich
hoffnungsvoll.
„Oh doch,
dagegen hätte ich sogar sehr viel!“, entgegnete er entschieden.
„Aber – wieso?“
Ich war verwirrt.
„Clarissa.“ Er
klang entschuldigend. „Ich weiß, ich hätte dir das schon eher sagen müssen.
Aber ich habe immer gehofft, dass du von selbst drauf kommst. So wie jetzt.“
„Sagen? Was
denn?“ Ein ungutes Gefühl überkam mich.
„Warum wir Arik
jetzt erst recht finden müssen.“
„Und warum?“
„Weil er, wie du
selbst erkannt hast, nicht derjenige ist, für den er sich ausgibt. Er ist nicht
der gute, liebe Mensch, für den du ihn gehalten hast. Ganz und gar nicht. Im
Gegenteil, er ist gefährlich. Viel gefährlicher, als du auch nur erahnen
kannst. Und es wird höchste Zeit, dass wir ihm das Handwerk legen. Deshalb
müssen wir ihn finden.“
„Wir?“ Ich hatte
irgendwie nicht das Gefühl, dass er nur von sich und mir sprach. Dieses Wir
klang größer. Es weckte irgendeine Erinnerung in mir. Ich war mir ziemlich
sicher, dass ich so etwas Ähnliches schon einmal gehört hatte. In einem meiner
Träume. Beziehungsweise Erinnerungen. Und nicht aus seinem Mund. Ich dachte
angestrengt nach. Wer hatte so etwas schon mal über Arik gesagt? Dass er
gefährlich war? Dass man ihm das Handwerk legen musste?
Plötzlich
erinnerte mich. Und verstand. Endlich. „Ich habe geglaubt, du bist wie er. Aber
das stimmt nicht, oder?“
Er schüttelte
verächtlich den Kopf. „Nein, ganz und gar nicht.“
„Du bist wie sie.“
Er sah mich
fragend an.
„Wie Nathanael.
Und Patti. Du bist ein – Wächter?“ Ich hielt den Atem an. Würde er es
bestätigen? Und was würde das für mich bedeuten? Warum war er wirklich hier bei
mir? Denn wenn er tatsächlich ein Wächter war, dann musste er auch wissen, was
ich getan hatte. Auch daran erinnerte ich mich nun, schaudernd. Dass nicht Arik
der schlimmste war. Sondern ich. Denn ich hatte Nathanael ermordet.
„Das bin ich.“
Seine Stimme klang ruhig, doch ich konnte die Elektrizität zwischen uns spüren.
„Und – was wird
jetzt mit mir?“ Ich fühlte mich so traurig wie noch nie in meinem Leben. Jetzt
würde ich ihn ganz sicher verlieren.
„Du gehörst zu
mir. Wir gehören zusammen. Für immer. Du bist auch eine Wächterin.“
Ich bin eine
Wächterin. Jay hat mich zu einer Wächterin gemacht. Ich kann alles, was er
kann. Durch die Zeit gehen. Seine Gedanken
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