Zurueck in die Nacht
Stück von der Burg entfernt
in einem kleinen Wäldchen, rüsten uns mit Taschenlampen und den Waffen, die wir
mitgebracht haben – jeder ein Messer, Patti und ich Pfefferspray und Raphael
eine Pistole (mich hat fast der Schlag getroffen, als er sie im Rucksack
verstaut hat, aber er hat nur mit den Schultern gezuckt) – aus und gehen los.
Zunächst halten
wir uns in sicherem Abstand zur Burgmauer und folgen ihr in nördliche Richtung.
Nach einigen Minuten, in denen wir keinerlei Tor oder ähnliches gesehen haben,
endet sie an einer steilen Klippe, die wohl selbst der geübteste Freeclimber
nicht so ohne weiteres heil hinunter käme. Von tief unten hören wir die
Brandung an die Felsen klatschen. Hier geht es eindeutig nicht weiter. Wir
drehen um und gehen in die andere Richtung, doch nach weiteren Minuten kommen
wir auf der anderen Seite an eine vergleichbare Stelle. Auch hier endet die
Mauer erst am Steilhang, auch hier scheint es keinen Weg hinein zu geben. Also
ist das Tor, durch das Clarissa und Jay verschwunden sind, wohl der einzige
Zugang.
Wir schleichen
uns vorsichtig zurück und so nah an den Eingang heran, bis wir ihn einigermaßen
sehen können. Auch das ist kein ermutigender Anblick. Wie es sich für eine
ordentliche Burg gehört, verschließt ein sehr massiv aussehendes eisernes
Gitter den gesamten Zugang, und ein Stück dahinter kann man ein zweites Gitter
erahnen.
„Verdammt!“ Raphael
spricht mir aus der Seele. „Wie sollen wir denn da jemals hinein kommen?
Geschweige denn mit zwei Gefangenen wieder heraus?“
„Also, jetztauf
jeden Fall nicht“, entgegnet Patti trocken. „Aber vielleicht hilft uns ja die
Zeit.“
Ich brauche
einen Moment, bis ich verstehe, was sie meint. „Du denkst, wir sollten einen
günstigeren Moment suchen?“
Sie nickt. „Oder
einfach warten.“
„Warten?“
Raphael klingt, als wäre das eine unerträgliche Zumutung. „Worauf? Dass sie die
beiden umbringen? Ohne mich!“ Er sieht aus, als wollte er jeden Moment die
Burgmauern erstürmen, notfalls auch mit dem Kopf durch die Wand.
Auch ich finde
den Gedanken, untätig hier herumzusitzen, während innen wer weiß was mit Claire
und Arik angestellt wird, unerträglich. Also stimme ich Raphael zu. „Lasst uns
lieber zurück gehen, bis wir irgendetwas entdecken, das uns hilft.“
„Okay. Aber
vorsichtig!“ Patti ergreift meine Linke, Raphael meine Rechte, und dann
marschieren wir los.
Auch diesmal
halten wir uns in sicherer Entfernung und ich gehe so langsam, dass ich jeden
uns begegnenden Wächter hoffentlich rechtzeitig bemerken und ihm ausweichen
kann. Dabei patrouillieren wir vor dem Tor auf und ab. Zunächst sehen wir
Clarissa und Jay noch mal darin verschwinden und ein Stück davor die vier
anderen Wächter mit ihren Gefangenen. Wir gehen weiter, doch eine ganze Weile tut
sich nichts. Dann betreten noch mal drei Wächter die Burg, ebenfalls auf
Motorrädern, und dann passiert gar nichts mehr. Das Tor ist in allen Fällen nur
kurz geöffnet und sofort wieder geschlossen worden.
Ich bleibe
stehen. „Ich glaube, das reicht. Lasst uns zurück gehen.“
„Haben wir denn
irgendwas gesehen, das uns weiterhilft?“, fragt Raphael ratlos.
Ich schüttele
den Kopf. „Nein. Außer, dass wir auf diesem Weg wohl nicht reinkommen werden.
Sie öffnen das Tor ja offenbar immer nur ganz gezielt für die Wächter, die
gerade davor stehen, und schließen es dann sofort wieder.“
„Nicht davor
stehen“, mischt sich Patti nachdenklich ein.
„Wie bitte?“
„Sie öffnen das
Tor nicht, wenn jemand davor steht“, stellt sie klar, „sondern schon vorher.
Wenn jemand darauf zu fährt. Ist dir das nicht aufgefallen?“
„Hmm. Könnte
stimmen.“ Jetzt, wo ich darüber nachdenke, glaube ich, dass sie Recht hat.
„Und?“
„Ich frage mich,
woher sie das wissen?“
„Was?“
„Dass jemand
darauf zu fährt und sie öffnen müssen. Oder hast du mitgekriegt, dass es
irgendein Signal gegeben hat?“
„Nein. Stimmt.
Ist etwas seltsam.“
„Vielleicht gibt
es irgendwo eine Wache?“, schlägt Raphael vor.
Unwillkürlich
blicken wir alle drei an der endlosen Mauer hoch und ziehen die Köpfe ein. Wenn
es dort oben tatsächlich eine Wache gibt, könnte sie uns auch sehen? Aber so
sehr wir auch unsere Augen anstrengen, auf der Mauer ist nichts und niemand zu
erblicken. Was nicht heißt, dass es keine Wache gibt. Zur Sicherheit ziehen wir
uns noch weiter ins Dunkle zurück und gehen erst mal zurück in
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