Zurueck in die Nacht
die
Ausgangszeit. Dann überlegen wir weiter.
„Nehmen wir mal
an, dass es keine Torwächter gibt. Wie machen sich Neuankömmlinge dann
bemerkbar?“ Patti scheint immer noch einen bestimmten Gedanken zu verfolgen.
„Per Handy?“,
schlage ich vor. Immerhin benutzen sie ja auch Motorräder, egal in welcher Zeit
wir uns gerade befinden.
„Glaube ich
nicht“, gibt Raphael zurück. „Ich habe jedenfalls keins gesehen.“
„Und was glaubst
du?“, frage ich ihn zurück.
„Wie haben sie
es denn in deinen Träumen gemacht?“, wendet er sich stattdessen an Patti.
„Daran denke ich
auch die ganze Zeit“, antwortet sie. „Waren zwar nur Träume, aber… Das war eher
so wie Gedankenübertragung. Meinst du, das können sie wirklich?“
„Warum nicht? Finde
ich auch nicht unwahrscheinlicher als durch die Zeit gehen.“
„Stimmt. Heißt
das, wir müssen jetzt auch noch darauf achten, dass sie uns nicht anhand
unserer Gedanken bemerken?“
Patti seufzt.
„Das wird ja immer komplizierter. Aber ich schätze, möglich ist alles. Also,
denkt nicht zu laut!“
Ich grinse
gequält. „Am besten gar nicht, was?“
„Sollte dir ja
nicht allzu schwer fallen“, zieht sie mich auf. Dann wird sie wieder ernst.
„Also, lasst uns mal annehmen, es stimmt, und sie kommunizieren über ihre
Gedanken. Nützt uns das irgendwas?“
„Falls wir sie
irgendwie überreden können, uns rein- beziehungsweise Arik und Claire
rauszulassen, vielleicht. Ansonsten… Keine Ahnung.“
„Meinst du, du
kannst sie hören?“ Raphael sieht Patti an, und sie erwidert den Blick
verblüfft.
„Ich?“
Er nickt. „So
wie in deinem Traum.“
„Ich weiß nicht.
Könnten sie mich dann nicht auch hören?“ Sie schaudert unwillkürlich.
„Wenn du
vorsichtig bist und versuchst, dich nur aufs Hören zu konzentrieren, vielleicht
nicht. Käme auf einen Versuch an.“
Sie sieht nicht
überzeugt aus. „Kann aber auch böse enden. Ist es das wert?“
Raphael zuckt
mit den Schultern. „Wenn wir keine bessere Idee haben, schon, finde ich.
Schließlich sind wir doch hier, um sie zu retten, oder nicht? Wir wussten doch
gleich, dass das gefährlich ist.“
„Okay.“ Sie
atmet tief durch. „Ich kann’s ja versuchen. Aber ihr gebt mir Deckung, klar?“
Wir suchen uns
einen Platz, der etwas versteckt hinter ein paar Büschen liegt. Patti setzt
sich im Schneidersitz auf den Boden, nachdem ich ihr meine Jacke als Unterlage
zur Verfügung gestellt habe, und schließt die Augen. Sie sieht aus wie beim
Yoga. Ich muss lachen, woraufhin sie mich strafend anblickt. „So kann ich mich
nicht konzentrieren!“
„Entschuldige!
Ich bin jetzt ernst.“
„Hoffentlich.
Ich komme mir sowieso schon lächerlich genug vor.“ Damit schließt sie wieder
die Augen und ich bemühe mich, sie nicht mehr zu stören, sondern stattdessen in
die Dunkelheit zu blicken und sie vor etwaigen Gefahren zu beschützen. Raphael
hat auf der anderen Seite Stellung bezogen, und so lauschen wir gemeinsam in
die Nacht hinein.
Clarissa
Die Stunden
schleichen endlos langsam an mir vorbei. Irgendwann ertrage ich das Alleinsein
nicht mehr. Ich zögere, dann öffne ich die Tür. Der Gang liegt leer und
verlassen da. Mit Jay bin ich nach links gegangen, also beschließe ich, es
diesmal mit der anderen Seite zu versuchen. Ich habe kein bestimmtes Ziel vor
Augen, ich will nur einfach nicht mehr allein vor mich hingrübeln.
Ab und zu komme
ich an einer Tür zu meiner Rechten vorbei, doch ich schaue nicht nach, was
dahinter liegt. Auf unerwartete Begegnungen mit Wächtern in ihren Privatzimmern
habe ich wirklich keine Lust. Der Gang zieht sich in einem kaum merklichen Bogen
dahin. Erst nach einer ganzen Weile taucht auch links mal eine Öffnung auf, die
aber im Gegensatz zu den anderen keine Tür enthält. Ich schaue hindurch und
sehe einen kleinen Innenhof wie den, in dem ich mit Jay gelandet bin. Auch er
ist leer. Die nächsten zwei Öffnungen sind wieder von Türen verschlossen, doch
dann folgt auch rechts ein Torbogen ohne Tür. Dahinter sehe ich eine Treppe
aufwärts führen. Spontan beschließ ich, ihr zu folgen. Vielleicht gibt es ja
irgendwo weiter oben eine Art Ausguck. Ich sehne mich total nach frischer Luft
und mauerlosem Ausblick.
Arik
Es ist wieder
dunkel. Clarissa ist nicht mehr da. Doch trotzdem spüre ich einen Funken in der
Finsternis. Eine Ahnung von Licht, die sie mir geschenkt hat. Denn etwas hat
sich verändert. Ich habe mein Herz wieder.
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