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Zurueck in die Nacht

Zurueck in die Nacht

Titel: Zurueck in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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durch
mich geströmt ist, bleibt aus. Ich rücke ein Stück von ihm ab und sehe mit
seltsamer Genugtuung, wie nun er zusammenzuckt, als sein Arm von meiner
Schulter gleitet.
    „Clarissa! Was
ist passiert?“
    „Lies doch
einfach meine Gedanken“, fahre ich ihn an. „Tust du doch sowieso!“
    Er sieht mich
seltsam an. „Nur, wenn du es willst“, entgegnet er kalt. „Und im Moment habe
ich nicht den Eindruck, dass das so ist.“
    „Als ob dich das
kümmert!“
    „Alles, was dich
betrifft, kümmert mich.“ Jetzt klingt er verletzt. „Du bist für mich der
wichtigste Mensch, den es gibt. Schon vergessen? Wir gehören zusammen.“
    „Soll das
heißen, du hast nicht die ganze Zeit gehört, was ich denke?“ Ich sehe ihn
misstrauisch an und schöpfe ein ganz klein wenig Hoffnung.
    „Nein. Du hast
mich ziemlich erfolgreich ausgeschlossen.“
    „Und warum bist
du so plötzlich mit mir von da unten weg gerannt?“ Erst, als es schon raus ist,
fällt mir auf, dass das vielleicht nicht die klügste Frage in diesem Moment
ist. Aber jetzt kann ich sie nicht mehr zurücknehmen.
    „Du bist auf
einmal so blass geworden, als würdest du gleich wieder in Ohnmacht fallen. Das wollte
ich verhindern. Hätte vielleicht nicht den besten Eindruck auf meinen Gefährten
gemacht.“
    Ich reiße mich
zusammen. „Danke. Ich weiß auch nicht, was da über mich gekommen ist. Aber mir
war auf einmal ganz schummrig.“ Vorsichtig rücke ich ein paar Millimeter in
seine Richtung.
    Er zögert kurz,
sieht mich unsicher an und hebt dann ganz langsam seinen Arm, bis er wieder um
meine Schulter liegt. Diesmal zwinge ich mich, ihn dort zu lassen. „Ist
vielleicht alles etwas viel auf einmal“, murmelt er. „Ich vergesse immer, dass
du ja noch neu bist. Tut mir leid, wenn ich dich überfordert habe.“
    „Schon gut.“ Ich
versuche, ihn anzulächeln. „Vielleicht sollte ich mich noch ein bisschen
ausruhen. Geht das?“
    Er steht sofort
auf. „Selbstverständlich. Im Moment passiert sowieso nichts weiter. Wenn es dir
besser geht, ruf mich einfach. Ich hol dich dann ab. Es sei denn, du willst dir
allein deinen Weg suchen?“, fügt er mit einem fragenden Blick hinzu.
    Ich schüttele
den Kopf. „Besser nicht. Dann müsstest du bestimmt einen Suchtrupp nach mir
aussenden. Ich melde mich.“
    „Schlaf gut!“ Er
wirft mir noch einen besorgten Blick zu, dann öffnet er die Tür, winkt kurz und
verlässt mich. Die Tür fällt leise ins Schloss. Ich bin endlich allein.
    Natürlich kann
von Schlaf keine Rede sein. Ich bin hellwach. Tausend Gedanken spuken durch
meinen Kopf – oder eigentlich ist es nur einer in tausend verschiedenen Formen. Was ist hier los? Was tue ich hier? Was habe ich getan?
     
     
    Mike
     
    Die Verfolgung
von Clarissa und ihrem Begleiter erweist sich als schwierig und langwierig und
mehr als einmal ist es pures Glück, dass sie uns nicht sehen. Aber ich habe den
Eindruck, dass Clarissa sowieso kaum etwas von ihrer Umgebung mitbekommt. Jay
hat sie vor sich auf dem Motorrad platziert und trotzdem schwankt sie hin und
her, was dazu führt, dass er nicht besonders schnell fährt und offenbar keine
Kraft mehr hat, auch noch nach hinten zu schauen. So schaffe ich es, an ihnen
dran zu bleiben bei ihrer Irrfahrt durch die Zeit. Am Ende habe ich keine
Ahnung, wann genau wir anhalten. Nur, dass es finstere Nacht ist, nirgendwo ein
Licht brennt und wir sehr weit zurück gefahren sind. Ich werfe einen besorgten
Blick auf die Tankanzeige, denn ich bezweifle, dass es hier irgendwo Benzin
gibt. Aber zum Glück habe ich, bevor wir aufgebrochen sind, noch einmal
vollgetankt, und so hoffe ich, dass wir es auch wieder schaffen, aus dieser
Zeit wegzukommen. Halbwegs beruhigend finde ich dabei außerdem, dass Jay ja
dasselbe Problem hat. Örtlich fällt mir die Orientierung etwas leichter. Wir
sind immer in der Nähe der Küste geblieben und dabei in Richtung Süden
gefahren. Ich schätze grob, dass wir uns irgendwo unterhalb von Edinburgh
befinden müssten, und Raphael und Patti stimmen mir zu. Ein Stück vor uns ragen
die finsteren Mauern einer großen Burg in den Nachthimmel, und dahinter hört
man das Rauschen von Wellen. Jay und Clarissa sind irgendwo in der Richtung
verschwunden. Ich schätze, wir haben das Ziel unserer Reise erreicht.
    „Und jetzt?“
Raphael spricht aus, was wir alle denken.
    „Zuerst sollten
wir mal die Lage checken“, schlägt Patti vor.
    Wir verstecken
das Motorrad, so gut wir es im Dunkeln können, ein

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