Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)
riesiger Felsbogen in den Himmel. Es war ein Tor – eine spektakuläre Felsformation, die den Eingang zur Gipfelebene bildete. Der Nebel befand sich zum größten Teil unterhalb dieser Höhe.
Nachdem ich das Tor passiert hatte, fand ich mich wie in einer anderen Welt wieder. Eine eigenartige Vegetation, die von unten aus nicht sichtbar gewesen war, schmückte die Plattform: Moose, Farne und andere Urpflanzen wuchsen dort zwischen den breiten, flachen Steinen. Eine seltsame schwarze Ameise mit auffallend spitzigem Hintern und rotem Kopf eilte mit einem Stück Material an mir vorbei, um zu ihrer Ameisenstraße zurückzukehren und gleich daneben, auf einem kahlen flachen Stein, verweilte ein lackschwarzer Salamander.
Etwas weiter vorne musste sich wohl die Stelle befinden, von der die beiden kleinen „Silhouetten“ gesprungen waren. Es sah wie eine kleine Landebahn aus – nur dass hier wahrscheinlich nicht gelandet wurde, sondern weggeflogen. Auf dem Boden war die wenige Erde, die hier lag, weggescharrt; alles deutete darauf hin, dass hier ein reger Verkehr herrschte.
Ich hörte die Stimme eines Kindes, das begeistert die Landschaft lobte. Ich drehte mich um und sah Mona durch das Felsentor treten und neben ihr einen kleinen Jungen. Ich rieb mir die Augen und schaute genauer hin: Es handelte sich um den kleinen Rob! Ich wollte meine Brille aufsetzen, aber sie schien zu breit zu sein. Dann stellte ich fest, dass meine Sicht auch ohne Brille bestens funktionierte.
„Rob?“, rief ich aus und eilte zu ihnen.
„Mama, hier ist es wie in einem wundersamen geheimnisvollen Garten!“
„Du bist wieder klein geworden – siehst aus wie ein fünfjähriger Junge!“
„Du doch auch“, erwiderte Rob.
Ich schaute auf meine Füße. „Stimmt – ich bin nicht größer als ein Farn hier …“
„Jetzt sind wir angekommen und du musst dich entscheiden“, erklärte Mona. „Bleibst du und kehrst zurück oder gehst du weiter?“
„Wohin?“
„Na, in dein anderes Leben.“
„Mona hat mir gesagt, dass ich vielleicht die Möglichkeit habe, meinen Vater wiederzutreffen!“, platzte Rob heraus. „Und du könntest David begegnen!“
„Tja, das muss ich mir erst mal überlegen … Aber nur zur Information – wie würde es denn hier oben weitergehen?“
„Man muss mit Anlauf von der Klippe springen“, erklärte Mona.
„Dort?“ Ich zeigte auf die „Abflugbahn“.
„Ja.“
„Und wer garantiert mir, dass ich nicht einfach im freien Fall runterstürze und am Flussufer, mitten im Geröll, vor zahlreichen Besuchern zerschelle?“
„Niemand kann dir hier etwas garantieren. Aber alle, die bisher gesprungen sind, sind danach verschwunden.“
„Das klingt ja super …“, erwiderte ich enttäuscht. „Und wenn ich zurück nach Hause möchte?“
„Dann musst du einfach den ganzen Weg wieder zurückgehen – nichts Besonderes: Danach kehrst du einfach in dein altes Leben zurück.“
„Mein altes Leben …“, sagte ich nachdenklich.
Ich war unsicher. Ich hatte die letzten Jahre meines Lebens nur das Ziel gehabt, David wiederzufinden. Jetzt, nachdem ich ihn getroffen hatte, bemerkte ich, dass ich ein Ziel verfolgt hatte, das – einmal erreicht – gar nicht so befriedigend war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Was nun?
„Ich habe die letzten Jahre für einen Traum gelebt, den ich jetzt nicht mehr träumen kann“, sagte ich. „Aber ich habe die Bestätigung, dass David existiert.“
Der schwarze Salamander saß noch immer auf dem flachen Stein – nun führte er eine seltsame langsame Bewegung aus.
„Rob! Hast du das gesehen? Hier gibt es einen Alpensalamander.“
„Was macht der denn hier? Wir sind doch nicht in den Alpen!“
„Es sieht so aus, als ob er sich strecken und dehnen würde“, bemerkte ich.
„Da ist etwas kleines herausgekommen!“, rief Rob.
Ich näherte mich dem Salamander noch mehr und stellte fest, dass es sich um einen jungen, etwa vier Zentimeter großen Salamander handelte. Dann erschien plötzlich noch einer.
„Rob, sie hat Junge geboren!“, rief ich enthusiastisch.
„Legen Salamander denn keine Eier wie die Frösche?“, fragte Rob.
„Die Alpensalamander leben in einer Umgebung, in der Wasser nicht immer auffindbar ist. Daran haben sie sich perfekt angepasst, indem die Jungen sich komplett im Uterus des Muttertieres entwickeln. Sie haben Kiemen, die sich vor der Geburt rückbilden, während sich die Lungen entwickeln. Was die Kaulquappe im Teich durchläuft, das
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