Zurück in Virgin River (German Edition)
bewusst, dass man in Jacks Bar, die nur ein paar Häuser entfernt lag, auf ihn gewartet hatte. Von draußen drangen Motorengeräusche und Stimmen bis zu ihm. Rick dachte an die guten Zeiten, seine Heimaturlaube oder an die Besuche von Jacks Freunden, die ihn wie ihren kleinen Bruder behandelt hatten. Ricks Erinnerungen reichten sogar noch weiter zurück. Damals in seiner Highschoolzeit hatte er nebenbei in der Bar gejobbt. Sie war sein zweites Zuhause gewesen. Dort hatte er viel Zeit mit Preacher und Jack verbracht, Tische gedeckt und Vorräte aufgefüllt, die er vorher in Eureka besorgt hatte.
Dieser Job war eine Zeit lang Ricks Leben gewesen. Jack hatte ihm zwar klargemacht, dass Schule immer an erster Stelle stand, dennoch ließ er ihn in der restlichen Zeit in der Bar arbeiten. Jack hatte sich ihm gegenüber immer wie ein echter Vater verhalten. Und als Liz schwanger geworden war, hatten Jack und Preacher alles in ihrer Macht Stehende unternommen, um Rick einen Job zu besorgen, damit er für sein Mädchen, die Mutter seines Babys, sorgen konnte. Damals hatte der ganze Mist begonnen, aber sie waren trotzdem immer für ihn da gewesen, hatten ihm geholfen und ihm den Rücken gestärkt.
Die Erinnerungen trieben Rick Tränen in die Augen. Manche Erfahrungen, wie zum Beispiel die Totgeburt seines Kindes, waren die schlimmsten seines Lebens. Nichtsdestoweniger liebten ihn Jack und Preacher und Mel, die geholfen hatte, das Baby auf die Welt zu bringen, obwohl sie selbst hochschwanger gewesen war. Und Liz, die irgendwie darüber hinweggekommen war, liebte ihn ebenfalls immer noch …
Wieso wurde ihm auf einmal bei den Erinnerungen an diesen schrecklichen Tag so warm ums Herz?
Seine Großmutter hatte, wie fast jeden Abend, vergessen, das Licht auf der Veranda zu löschen. Rick machte es aus. Danach blieb er im Dunkeln auf dem Sofa sitzen und dachte an die alten Zeiten zurück. Einerseits tat es ihm leid, dass er nicht in die Bar gegangen war, um seine Rückkehr feiern zu lassen. Doch gleichzeitig war er auch erleichtert darüber.
Dennoch fühlte er sich nicht so ganz wohl in seiner Haut. Im Gegenteil. Er wusste, dass Preacher ganz sicher seine Lieblingsgerichte gekocht hatte und dass die Frauen aus Virgin River ihre Spezialitäten für seine Party zubereitet hatten. Sie meinten es gut, das wusste Rick. Er wusste aber auch, dass er ihr Mitleid nicht ertragen hätte.
Um zehn Uhr war Rick sich sicher, dass die Party zu Ende war. Bauern und Farmbesitzer gingen nie lange aus, weil sie sich schon frühmorgens um Vieh und Felder kümmern mussten. Als Rick leise Schritte an der Tür hörte, nahm er an, es sei vielleicht Jack, der nach dem Rechten sehen und ihm nachspionieren wollte. Vielleicht wollte er ihn ins Bett bringen und noch zudecken.
Aber als Rick schließlich die Tür öffnete, stand er plötzlich Liz gegenüber.
10. KAPITEL
D er erste Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss, war, dass sie noch schöner aussah, als er sie ihn Erinnerung gehabt hatte. Liz’ Augen wirkten noch blauer und ihr Haar noch dichter und seidiger. Er kostete ihn Mühe, ihr Haar nicht zu berühren. Liz wirkte überhaupt nicht mehr wie ein Mädchen. Sie wäre locker als einundzwanzig durchgegangen. Sie war eine Granate, und ihr Körper raubte ihm den Atem. „Was machst du denn hier?“, fragte er sie etwas zu barsch.
„Ich hab es schon kapiert, Rick. Du rufst weder an, geschweige denn, dass du dich bei mir zurückmeldest. Vermutlich hättest du dich auch später nicht bei mir gemeldet, obwohl der Laden meiner Tante Connie, wo ich jedes Wochenende arbeite, genau gegenüberliegt.“ Sie zuckte resigniert die Achseln. „Aber ich bin hier, weil ich dich wiedersehen wollte. Und ich will mit dir reden. Außerdem möchte ich gerne herausfinden, was mit dir los ist.“
Ricks Lachen klang ein wenig grausam. „Na ja, dann lass mal überlegen“, sagte er und kratzte sich am Kinn. „Was könnte bloß los sein?“
„Hör auf, Rick! Vielleicht wärst du tatsächlich ehrlich zu mir. Dennoch hat dein Bein absolut gar nichts mit uns zu tun. Mir ist dein verdammtes Bein nämlich so was von egal, und das weißt du auch.“
Erstaunt betrachtete Rick sie. So kannte er Liz gar nicht. Diese Frau war eine komplett neue Liz. Obwohl, so ganz stimmte das auch nicht – sie war schon ein paar Jahre lang auf dem Weg zu dieser Liz. Seinetwegen hatte sie schon eine Menge erleiden müssen, aber statt sich in ein Häufchen heulendes Elend zu verwandeln, hatte
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