Zurueck ins Glueck
mit einem Mal gewachsen zu sein. »Zu Ihren Diensten«, lächelte er, bemüht, sich den Gefühlsaufruhr nicht anmerken zu lassen, der in ihm tobte.
Gilly schüttelte seine Hand. »Ich habe Ihren Vater heute in der Kirche gesehen. Sie ähneln ihm viel stärker als Ihrer Mutter.«
»Es waren Hunderte von Leuten in der Kirche, und Sie
erinnern sich noch an meinen Vater?« Er starrte sie ungläubig an.
»Er war derjenige, der Sams Mutter zu Hilfe gekommen ist, nicht wahr?«
»Yeah.«
»Sie könnten sein Zwillingsbruder sein – abgesehen von Ihrem Haar natürlich.«
»Von wem ich das rote Haar geerbt habe, ist das große Familiengeheimnis. Haben Ihre Eltern denn beide kastanienrote Haare?« Luke tat sein Bestes, um das Gespräch in Gang zu halten, egal wie gezwungen es sein mochte. Unter normalen Umständen wäre es ihm im Traum nicht eingefallen, ihr eine so banale Frage zu stellen, aber er befand sich in einer Art seelischem Ausnahmezustand. Diese Frau mit ihrem feuchten, aus der Stirn zurückgekämmten, rötlich braun schimmerndem Haar brachte ihn fast um den Verstand.
»Nein, jetzt, wo Sie es erwähnen – keine Ahnung, wo diese Farbe herkommt.« Gillian strich sich über das Haar und bedauerte plötzlich, es gewaschen zu haben. Seine Mähne schimmerte um einiges heller als ihre, stach aber ebenso ins Auge. Auf seine Weise war er ein recht attraktiver Mann; er erinnerte sie irgendwie an Fionn Mac-Cumhail. Sie bedachte ihn mit ihrem strahlendsten Lächeln.
»Und womit verdienen Sie sich Ihren Lebensunterhalt, F... ich meine, Luke?«
»Ich gehe fischen«, erwiderte Luke schlicht. Er war stolz auf seinen Beruf. Seine Brüder und er waren nun schon die dritte Generation von Delaneys, die als Fischer arbeiteten, und noch nie war ein Mitglied der Familie auf See geblieben.
»Und was geht Ihnen so alles ins Netz?«, leitete sie einen kleinen Flirt ein. »Versunkene Schätze?«
Er hob die Schultern. »Die sind in der Irischen See dünn gesät. Wir fangen hauptsächlich Merlane, Seehechte, Schollen und ein paar Schellfische.«
»Sie fangen tatsächlich Fische!« Gillian war noch nie einem berufsmäßigen Fischer begegnet. Ein paar Männer, mit denen sie in Dublin beruflich zu tun hatte, fuhren in die Karibik, um dort Haie zu jagen – aber Schellfische in der Irischen See? Das war neu für sie. Zum ersten Mal war sie um eine Antwort verlegen.
»Hmm... bringt der Fischfang denn viel ein?«
»Für uns reicht es.«
»Ist der Job lukrativ? Ich meine, lässt sich damit gutes Geld verdienen?« Gillian wusste nicht mehr weiter.
Luke lachte. »Offenbar haben Sie eine ganze Weile lang keine Zeitung mehr gelesen. Das Fischereigewerbe in diesem Land steckt in einer tiefen Krise. Nur wer eines dieser riesigen hochseetüchtigen Fangschiffe besitzt, ist fein raus.«
»Und? Tun Sie das?«, erkundigte sich Gillian hoffnungsvoll.
Luke musterte sie verstohlen. Sie war eine Klassefrau, das ließ sich nicht leugnen, aber vom Fischen hatte sie keinen blassen Schimmer.
»Fragen Sie das im Ernst?« Er schmunzelte. »Von diesen Kähnen gibt es im ganzen Land nur ein paar Stück. Nein, ich fahre mit dem Boot meines Vaters hinaus, mit der Ashling . Dad und meine beiden Brüder helfen mir. Viel bringt es nicht ein, aber wir haben unser Auskommen, und mir macht meine Arbeit Spaß. Deswegen bin ich auch bei der Stange geblieben«, schloss er.
Gillian wirkte sichtlich verwirrt. »Aber kommen Sie denn mit dem Geld zurecht? Wie kann man vom Fischfang leben?«
Luke dachte einen Moment nach, dann spielte ein Lächeln um seine Lippen. »Einfach und bescheiden.«
»Sie meinen, man darf keine großen Ansprüche stellen?«
»Genau. Es ist ein gutes Leben, glauben Sie mir.«
»Aber ein Mensch hat doch bestimmte Bedürfnisse – Kleider, Essen, Urlaub, solche Dinge eben. Das gehört doch zum Leben dazu!«
Luke sah an sich hinab. Er trug ausgeblichene Jeans, alte Turnschuhe und den Pullover, den seine Mutter ihm vor drei Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte.
»Für mich nicht. Ich mache mir nichts aus Klamotten, Fisch gibt es in Hülle und Fülle, da werden wir immer satt, und mich zieht nichts in fremde Länder.«
O mein Gott, dachte Gillian von wilder Panik erfüllt, ich bin auf meinen Gegenpol gestoßen! Zum ersten Mal im Leben war sie einem Menschen begegnet, mit dem sie absolut nichts gemein hatte. Teure, modische Kleider waren ihr Lebensinhalt, sie legte großen Wert auf gutes Essen und war nicht glücklich, wenn sie nicht
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