Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
kannte ihn gut genug, um hinter Danilos kühler Fassade die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu entdecken.
„Was zur Hölle macht der denn hier?“, belferte er und stieß Karo von sich.
„Sieht aus, als würde es sich um ein Familientreffen handeln“, bemerkte Danilo und war stolz auf sich, weil er diesen Satz herausgebracht hatte, ohne in lautes Gelächter auszubrechen oder seine Faust in Angels Gesicht zu platzieren.
Mit schmalen Augen schaute er von einem zum anderen. „Was ist hier los? Was geht zwischen euch beiden vor?“
„Nichts.“
Unglücklicherweise sprachen Karo und Danilo gleichzeitig und das stempelte sie in Angels Augen automatisch zu Lügnern.
„Ich dachte, du hättest keine Zeit“, wandte Karo leise ein. „Und …“
„Und deswegen hast du geglaubt, du wärst mit ihm ungestört?“
„Ungestört? Wieso … was willst du damit sagen? Es ist nicht so, wie du denkst, Angel.“
„Ich schwöre dir, mein liebes Kind, du willst gar nicht wissen, was ich denke!“
Seine Augen blitzten derart kalt, dass sich Karo die Nackenhaare aufstellten. Instinktiv rückte sie näher zu Danilo, der langsam ausatmete und mit brutalem Griff an seiner Geduld festhielt, die ihm entgleiten wollte.
„Und du verschwindest jetzt besser!“, spie Angel seinem Freund entgegen. Er hätte Danilo am liebsten erwürgt. Was ein ernsthaftes Problem war, denn Eifersucht und Besitzgier in einer Beziehung hatte er stets verabscheut. Sie waren lästig, ein Zeichen von Schwäche. Doch darüber würde er ein anderes Mal nachdenken. „Sie wollte mit mir reden! Ich glaube kaum, dass wir dabei Zuhörer brauchen.“
„ Ich möchte, dass Danilo hier bleibt.“
Angels Blick schweifte voller Misstrauen von Karo zu Danilo, der dicht hinter ihr stand, und wieder zurück.
„Wollen wir uns nicht erst einmal setzen und wie vernünftige Menschen miteinander reden?“, schlug Danilo mit ruhiger Stimme vor und machte eine einladende Geste in Richtung Wohnzimmer.
20. Kapitel
„Stojanow? Sind Sie das? … Na, bestens. Hier ist der geniale Doktor Bernd.“ Der Anrufer schob eine Kunstpause ein und wartete auf eine Erwiderung vom anderen Ende der Leitung. „Sagen Sie bloß nicht, Sie würden den weltbesten Oberarzt der Gynäkologie nicht kennen?“ Die arrogante Stimme des Doktor Bernd wurde drängender.
„ Ich habe von Ihnen gehört.“
„ Gut. Sie können mit Sicherheit ein paar Minuten Ihrer kostbaren Zeit für mich opfern. Am besten sofort, da ich hier einen Fall vor mir liegen habe, der selbst für Sie von äußerstem Interesse sein dürfte.“
Angel biss die Zähne knirschend aufeinander. Ohne ein Wort der Erwiderung knallte er den Hörer auf den Telefonapparat. In ihm kochte und brodelte es gefährlich. Dieser abscheuliche Kerl! Widerlich aufgeblasenes Miststück! Was fiel dem mickrigen Gnom ein, ihn herumzukommandieren? Er hatte ihm überhaupt nichts zu sagen! Und doch nahm dieser kümmerliche Wicht mit entwaffnender Sicherheit an, dass er tun würde, was dieser von ihm erwartete.
Seit seiner unglücksseligen Umsetzung bildete sich offensichtlich jeder in der Klinik ein, mit ihm machen zu können, was er wollte. Warum eigentlich musste er sich alles gefallen lassen?
Falsch, Stojanow, ganz falsch! Mit deinem Greinen machst du dich höchstens lächerlich, denn die Frage sollte eher lauten: Was lässt du dir gefallen und alles mit dir machen? Wie man mit dir umspringt, hast du ausschließlich deinem eigenen Verhalten zu verdanken.
Er wusste ganz genau, woher Doktor Bernd diese Frechheit nahm. Weil der pflichtbewusste Stojanow stets parierte und ein wahres Musterbeispiel dafür war, sämtlichen Befehlen Folge zu leisten! Und weil alle in diesem Haus von seinem bedingungslosen Gehorsam wussten. Aber selbstverständlich würde er jetzt brav sein Büro abschließen und sich zwei Etagen nach oben in das Reich des famosen Frauenarztes begeben. Er hatte nie etwas anderes vorgehabt.
Angel starrte auf den demolierten Bilderrahmen zu seinen Füßen. Jemand hatte ihn in tausend Teile zerschlagen. Der Rahmen, das Glas, das Foto vom Professor und ihm selber, alles war mit einem einzigen Faustschlag zertrümmert worden. Blut tropfte von seiner Handkante auf den Fußboden. Dicke, leuchtend rote Tropfen landeten auch auf den Scherben.
Jemand hatte das Bild zerschmettert.
Es brauchte keine weiteren Beweise, um zu erkennen, dass nur er selbst es gewesen sein konnte. Aber er erinnerte sich nicht daran. Er konnte sich an gar
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