Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
Karo gefährlich an.
„Machst du dich lustig über mich? Bist jetzt du an der Reihe?“
Die Adern an Hals und Schläfen schwollen an. Seine Gesichtszüge verzerrten sich und flößten Karo Angst ein. Sie wusste nicht, was sie gesagt oder getan hatte, das ihn zu diesen haltlosen Anschuldigungen veranlasste. Er war so unberechenbar geworden. Einmal war er freundlich und liebevoll, immer öfter allerdings verschlugen ihr seine Härte und Grausamkeit die Sprache.
„ Du hältst mich für einen Versager, nicht wahr? Wie all die anderen in diesem Krankenhaus hält mich mittlerweile sogar meine eigene Frau für eine Null. Ein Abziehbild! Hast du mich deswegen nicht als den Vater der Babys angegeben? Weil du dich für mich schämst?!“
„Aber … Angel, was … was sagst du da?“ Die boshaft vorgebrachten Worte trafen sie derart unvermutet, dass sie bestürzt nach Luft schnappen musste. Tränen traten ihr in die Augen, doch sie schluckte verzweifelt, damit er es nicht bemerkte.
„Doktor Bernd hat nicht im Geringsten geahnt, dass er mir meine eigenen Kinder präsentiert. Du hast ihm gegenüber nicht einmal angedeutet, dass wir uns flüchtig kennen, dass wir uns bereits irgendwann begegnet sind. Warum?!“
„Ganz einfach, weil niemanden, weder im Marienkrankenhaus noch in eurer Klinik, der Vater der Kinder interessierte. Es hat keiner danach gefragt, hörst du? Und selbst ich war höchstens von Interesse, weil ich … mit … mit vier …“
Es gelang ihr nicht länger, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Das hatte ihr gerade noch gefehlt, um die Katastrophe perfekt zu machen! Sie wusste, ihr Geflenne war in diesem Moment das Letzte, was Angel gebrauchen konnte. Wer fragte schon nach ihrem Befinden? Wer zeigte Mitgefühl mit ihr? Vier Babys! Von einem Mann, der augenscheinlich alles andere als begeistert von der Aussicht auf eine Großfamilie war. Dessen Interesse selbst an ihr inzwischen auf ein Mindestmaß geschrumpft zu sein schien. Sie hatte nicht die Kraft, sich mit ihm auf eine klärende Auseinandersetzung einzulassen.
Wie bloß sollte sie mit vier Kindern fertig werden, wenn sie nicht sicher sein konnte, dass sie auf Angel zählen konnte? Vier Kinder, die ihr Leben vollkommen auf den Kopf stellen würden. Sämtliche Pläne für ihre berufliche und persönliche Zukunft musste sie für Jahre einstampfen und sich stattdessen auf Berge von Wäsche einstellen, auf unablässiges Kindergeschrei und …
Vier Babys! Großer Gott, sie würde nicht einmal mehr einen gemütlichen Spaziergang machen können, am Abend in aller Ruhe ein Glas Wein genießen oder gar wagen, das Haus für einen Theaterbesuch zu verlassen.
„Ich würde mich nie über dich lustig machen, das solltest du eigentlich wissen. Es ist mir völlig egal, ob du Chirurg oder Kinderarzt bist. Du bist ein guter Arzt, das allein zählt.“ Ihre Stimme wurde noch eine Spur leiser. „Wir haben uns fast zwei Wochen nicht gesehen. Jedes Mal, wenn ich dich angerufen habe, hast du dich mit viel Arbeit entschuldigt. Selbst wenn ich es früher gewusst hätte, Angel, wann hätte ich es dir sagen sollen? Du gehst mir aus dem Weg, wenngleich du dir einbildest, es unauffällig zu tun. Aber ich bin nicht blind. Können wir nicht mehr miteinander reden? Was ist passiert?“
Stojanow blickte lediglich kurz auf, während er die Unterlagen auf seinem Schreibtisch ordnete. Schweigend und scheinbar ungerührt überflog er die Arztberichte und setzte seine Unterschrift darunter. Hatte er ihr überhaupt zugehört? War es Desinteresse oder Ablehnung, Gleichgültigkeit oder …
Nein, es war ihr nicht möglich , den starren Ausdruck auf seinem Gesicht zu deuten. Dann zog die umständliche Art, wie er eine Ergänzung auf dem Papier niederschrieb, ihre Aufmerksamkeit auf sich, und sie trat einen Schritt näher.
„ Was ist mit deiner Hand passiert, Angel?“
„Es ist nichts “, wiegelte er ab, ohne Karo anzusehen.
Mit einem Ruck riss er die Kompresse von der rechten Handkante, weil sie ihn beim Schreiben behinderte. Frisches Blut perlte aus einem gezackten Schnitt, was Angel den nächsten zornigen Fluch entlockte.
„Soll ich dir ein Heftpflaster holen?“
„Nicht nötig“, knurrte er und griff nach einer Schachtel im Schrank hinter sich und gleichzeitig nach einer Schere, die auf dem Tisch lag.
„Wieso schneidet diese Schere nicht? Verdammt noch mal, was ist das für ein Müll!“
Kar os Blick verharrte auf Angel. Mit angehaltenem Atem beobachtete sie
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