Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
bevorzugen, oder nicht?“
„Sie hat einfach aufgelegt“, sinnierte er, noch immer überrascht von dem abrupten Ende des Telefongesprächs. „Du hast es selbst gehört. Das war Sina Bertram.“
Sie nickte leicht.
„Angel ist … natürlich ist er nicht freiwillig mit ihr gegangen. Sie haben ihn …“, er schluckte schwer, dennoch blieb ihm das Wort fast im Hals stecken, „entführt. Es geht ihm gesundheitlich … nicht gut. Miserabel. Und wir sollen ihr helfen, Angel zu retten. Er hat …“ Danilo machte eine Pause, um sich zu sammeln und zu Atem zu kommen.
Doch Karo erwiderte nichts. Sie fühlte sich außerstande , seine Worte zu verstehen, geschweige denn irgendwie darauf zu reagieren.
„Sie haben damit gedroht … Karo, sie wollen dich und die Kinder als Druckmittel gegen Angel einsetzen. Sie wollen irgendwelche Informationen von ihm, aber er schweigt.“
Irgendwann hatte ihm Angel in groben Zügen die Verhörtechnik erklärt, die sie anwandten, und wie er darauf gedrillt worden war, seinerseits Menschen schonungslos zu manipulieren. Er hatte ihm von den unmenschlichen Verhören erzählt, die sie zur Vorbereitung auf ihren aktiven Dienst durchstehen mussten.
„ Alle reden im Laufe eines Verhörs“, hatte ihm Angel damals versichert. „Irgendwann. Früher oder später. Allerdings kann man diesen Zeitpunkt hinauszögern, indem man an wenigen Erklärungen festhält. Und niemals, absolut niemals auf das antwortet, was man gefragt wird.“
Genau diese Worte gingen Danilo jetzt durch den Kopf. Er wollte sich die Konsequenzen für Angel nicht vorstellen.
„Angel? Sprichst du von … von Angel?“
Mit einer ruckartigen Bewegung schlang sie die Arme um sich und die Leere in ihrem Inneren. Sanft wiegte sie sich hin und her, während Danilos Kopf nach oben schoss. Sein Gesicht war angespannt und seine Augen blickten voller Panik. Was sollte diese Frage? Hatte er nicht deutlich genug gesprochen? Er würgte an seiner Furcht und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn.
„Ja. Angel.“
„Er lebt. Aber er lebt doch“, flüsterte Karo in demselben kratzigen Ton die gleichen Worte, die Danilo vor noch nicht allzu langer Zeit zu einem wahren Ausbruch der Begeisterung verleitet hatten. Heute dagegen erstickten sie ihn.
„Karo, was hast du?“
„Es …“ Sie schüttelte sich vor Kälte und verkroch sich tiefer in ihre Bettdecke. Erst als sie in dieser Sekunde hastig nach Luft schnappte, fiel ihm auf, dass sie die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte. „Es geht schon.“
Mit großen Schritten hatte er das Zimmer durchquert und ging vor dem Bett in die Hocke. Er musterte Karo aufmerksam und mit einer Spur blanken Entsetzens in der Miene. Seine Hand glitt unter die Bettdecke und suchte Karos Hand. „Geht es dir gut?“
„ Nein … ja. Doch-doch, es geht, Dani. Wirklich. Es wird gehen. Um mich musst du dir keine Sorgen machen.“
Danilo nickte stumm.
„Warum hat die Bertram nicht bei der Polizei angerufen?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich vermute, weil sie selbst an der Entführung beteiligt war. Sie sind an jenem Tag in ihrem Auto unterwegs gewesen. Kurz zuvor hatte sie ihr Haus verkauft und ihre Personalakte aus der Klinik gestohlen. Es ist ihr verdammtes Werk!“
„ Und all das weißt du erst seit heute.“ Als ahnte sie bereits, welche Antwort sie darauf erhalten würde, erkundigte sie sich mit ruhiger Stimme: „Hat sie gesagt, wo er ist?“
„Nein , denn sie weiß es selbst nicht genau. Irgendwo in der Nähe von Hamburg.“
„Un d was hat sie damit gemeint, es geht Angel schlecht?“ Noch bevor Karo den Satz zu Ende gesprochen hatte, fühlte sie instinktiv, dass Danilo gerade dieser Frage aus dem Weg gehen wollte.
Sein Gesicht verzerrte sich zu einer erschreckenden Maske, als er erbost zischte: „Ich weiß nicht mehr als du. Schlecht, hat Sina gesagt, sehr schlecht.“
Und er hatte seine Schreie gehört! Schreie der Verzweiflung und des Schmerzes. Ihm war bewusst, dass, wenn sich eine Entführung über Monate hinzog, dem Opfer der psychogene Tod drohte – irgendwann gab es sich auf. Ohne sozialen Kontakt verloren Gefangene jegliche Orientierung, halluzinierten, litten an Schlaflosigkeit und Depressionen und selbst ein erhöhtes Krebsrisiko ließ sich auf Einsamkeit zurückführen. Die psychische Belastung sorgte für einen überhöhten Cortisolspiegel im Gehirn, was zu einer dauerhaften Schwächung des Knochen- und Muskelgewebes und zu einem Anstieg des Blutdrucks
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