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Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Titel: Zurück ins Licht (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Kopf, um sich nicht rettungslos in diesen teuflischen Augen zu verlieren. Ob er dafür einen Waffenschein vorweisen konnte?
    „ Tu ich das tatsächlich?“ Er lachte leise. Ein tiefes, melodiöses Lachen, das ihr eine Gänsehaut bescherte. „Sie lassen sich von Äußerlichkeiten täuschen.“
    „Bevor man dazu kommt, die inneren Werte eines Menschen zu erkennen, bleibt einem nichts anderes übrig, als sich an Äußerlichkeiten zu halten. Oder etwa nicht?“ Nervös flog ihre Hand durch die Luft und beschrieb wirre Kreise. „Ich meine natürlich, ich glaube nicht, dass Sie … also, Sie als Arzt …“ Sie unterbrach sich und rieb sich verlegen die Nase. Also, wenn das mal keine geschliffene Rhetorik war – Worte, wie in Stein gemeißelt.
    „Gestehen Sie Ärzten keine Schwächen und Fehler zu? Sind wir nicht auch lediglich Menschen?“
    „Mmmh , keine Ahnung. Ärzte gehören nicht zu meinem Bekanntenkreis.“
    „Dann sollten wir das ändern“, schlug er vor und hob fragend seine Augenbrauen.
    Die rosaroten Engelchen, die eben noch um ihren Kopf schwirrten, warfen ihre Harfen beiseite und brüllten durch winzige Megaphone: „Auszeit! Auszeit!“
    Die leichte Röte auf seinem Gesicht war ein deutliches Zeichen dafür, dass auch er die geflügelten Kumpel gehört hatte und seinen Vorschlag daraufhin am liebsten zurückgenommen hätte. Schnell wechselte er das Thema.
    „Warum sind Sie vorhin so schnell verschwunden? Wir haben Sie überall gesucht.“
    „ Waren Sie etwa auch eins dieser fleißigen Bienchen, die um den wundersam Erweckten herum geschwirrt sind? Ich habe Sie gar nicht gesehen.“ Aus einem unerklärlichen Grund sprach sie plötzlich eine Spur lauter als zuvor. Wollte sie damit die Frage des Arztes, die noch immer unbeantwortet in der Luft zwischen ihnen hing, übertönen? Oder ihr Herzklopfen? Das Geplärr der Himmelswächter? Sie wusste es nicht.
    Er räusperte sich. „Ich arbeite in der Klinik. Manchmal ist nicht viel zu tun und da besuche ich selbstverständlich Angel.“
    Geistreich, wirklich umwerfend genial, Doktor Scharfmacher, moserte Susann in Gedanken.
    Doch bloß genauso blöd wie deine hirnlose Frage! hielt der besserwisserische Kerl in ihrem Hinterstübchen dagegen.
    „Noch nie hat eine Nachricht in unserem Haus mit diesem Tempo die Runde gemacht. Wir haben Sie vermisst, unseren Held des Tages.“
    „Ach, Quatsch! Dieser Titel gebührt einzig und allein Ihrem Doktor Stojanow. Ich hatte höchstens die Rolle eines Statisten. Immerhin ist er aus dem Koma erwacht, nicht ich.“
    „Sie haben ihm seine Schmerzen genommen und den Weg aus der Dunkelheit gezeigt, bis er schließlich die Tür zurück ins Licht fand. Sie und zwar ganz allein Sie haben ihn geweckt. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass von der Nebenniere das Hormon Oxytocin ausgeschüttet wird, wenn wir mit einer Frequenz von vierzigmal pro Minute gestreichelt werden – so, wie Sie es bei Angel getan haben. Die Berührung wirkt wie ein Superangriff auf Schmerz-Botenstoffe. Noch bevor das Gehirn sie wahrnehmen kann, zerstört Oxytocin diese Botenstoffe und macht sie unschädlich.“
    „ Wollen Sie behaupten, Sie hätten mitgezählt, wie oft ich ihn …“
    Hatte sie ihn wirklich gestreichelt ? Und andere dabei zusehen lassen?
    „ Ein dummer Zufall, mehr nicht“, wiegelte sie peinlich berührt ab. „Das hätte jeder andere ebenso geschafft, wenn er lange genug die Zeit an seinem Bett totgeschlagen hätte, wie ich es aus purer Langeweile getan habe.“
    Wieder drehte sie unbewusst ihren Ohrring zwischen den Fingern, während sie sich verzweifelt die größte Mühe gab , ihrem Ton wenigstens einen Hauch von Gleichgültigkeit zu verleihen. Aber der Aufmerksamkeit des Arztes entging ihre Nervosität nicht.
    „ Sie haben instinktiv das genau Richtige für ihn getan. Angel ist mein bester Freund. Und ich war jeden Tag bei ihm. Eigentlich immer dann …“
    „Wenn ich nicht da war, ich weiß.“
    „Wenn ich dienstfrei hatte. Das war …“
    Natürlich Absicht!
    „Der Professor war der Meinung, es sei das Beste für Angel, wenn er so oft wie möglich bekannte Stimmen hört. Und deswegen … Es wäre gelogen, würde ich behaupten, es war Zufall.“
    „Absicht“, murmelte Susann kaum hörbar. „Sag ich doch.“
    „Sie haben etwas in Angels Zimmer verloren.“
    „Ach ja?“
    Vorsichtig zog er einen Skizzenblock aus der Innentasche seiner Jacke und legte ihn mit einer gewissen Ehrfurcht auf den Tisch. „Der gehört Ihnen,

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