Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
eigenen Zunge. „Oh“, stieß sie heftig hervor. „Oh. Oh. Oh nein!“
Karo zuckte mit den Schultern.
„Nein, nein!“
Wenn Cat schon vor Schreck einsilbig wurde, dann tat sie das auf sehr wort reiche Art.
„Nein“, betonte sie noch einmal. „Oh nein. Du bist es aber, nicht wahr?“, kreischte sie und schlug fassungslos die Hände vor der Brust zusammen.
„Was?“
Catherines Stimme verriet blankes Entsetzen, während sie ihre Standpauke hielt: „Wie kannst du mir das antun? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen? Du hast dich in ihn verknallt! Wie oft hatte ich dich davor gewarnt?“
„ Du liest zu viel in diese Sache hinein, Cat. Da ist nichts. Kein Gefühl.“
„ Ach, wirklich? Und was hat dann dieser Angelhaken in deinem Mundwinkel zu bedeuten?“, fragte sie herausfordernd, obwohl sie die Antwort bereits ahnte.
Karo zuckte mit den Schultern, doch da hatte sich bereits ein Lächeln auf ihr Gesicht gesetzt – und baumelte vergnügt mit den Beinen.
8 . Kapitel
Nach einer langen, heftigen Debatte hatte Cat ihre Freundin davon überzeugt, dass es für alle Beteiligten das Beste sei, eine Pause einzulegen. Schließlich rang sie ihr sogar das hochheilige Versprechen ab, die nach Desinfektionsmittel und steriler Klinikluft riechenden Erinnerungen zu den Akten zu legen. Und die Finger von Ärzten aus Militärkrankenhäusern zu lassen.
Kein es der beiden Mädchen hätte in jenem Moment geglaubt, dass nicht allein dieses Vorhaben dazu verdammt war, in Staub und Asche zu zerfallen.
Bereits d rei Tage später erreichte Karo ein verzweifelter Hilferuf aus dem Krankenhaus. Professor Vogel persönlich meldete sich am Telefon und bat die Studentin zu einem Treffen in das kleine Café gegenüber der Klinik.
„Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind, Frau Seiler. Ich muss zugeben, ich hatte Angst, Sie würden mich sitzen lassen. Sogar Männern in meinem Alter gefällt das nicht sonderlich.“
Angesichts dessen, was er als Lächeln bei diesem Versuch eines Scherzes ausgab, wäre Karo beinahe in Tränen ausgebrochen. Tiefe Besorgnis zeichnete das zerfurchte Gesicht des Professors. Stimmte irgendetwas nicht mit Angel? Hatte er noch immer nicht aufgehört, nach ihr zu fragen, oder ging es ihm etwa wieder schlechter? Sie fühlte ihr Herz schneller schlagen, weil es offensichtlich war, dass der Professor sie nicht belästigen würde, wenn seinen Patienten lediglich Langeweile plagte. Nein, rief sie sich zur Ordnung. Sie wollte nicht fragen! Denn sie wollte es nicht wissen. Ihm ging es gut und sie ging es nichts mehr an.
Und d em Professor war daran gelegen, belanglose Konversation mit ihr zu treiben, oder wie? hielt die Stimme ihrer Vernunft dagegen. Ein schwermütiger Ausdruck verdüsterte sein Gesicht und ließ ihn um Jahre älter erscheinen. Seine grauen Augen irrten gehetzt umher, während er dann auch ohne Umschweife begann, sein Anliegen vorzubringen.
Karo fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, er könnte selbst jetzt noch, da sie ihm gegenüber saß, Bedenken haben, ob sie ihm wirklich zuhören würde. Wenngleich sie möglicherweise in Iwanow einen solchen Eindruck hinterlassen hatte, dermaßen taktlos war sie nun doch wieder nicht. Fast beleidigten sie seine offen geäußerten Befürchtungen. Hatte er eine solch schlechte Meinung von ihr? Wusste er nicht, dass sie keinen Groll gegen ihn persönlich hegte? Zumindest Achtung vor dem Alter war ihr beigebracht worden.
„Nachdem Angel aus dem Koma aufgewacht ist, hat er unaufhörlich nach Karo verlangt. Immer wieder Karo. Und nur Karo. Es schien ihm sehr wichtig zu sein, dass derjenige zu ihm kam. Dass keiner angemessen auf diesen Wunsch reagierte, hat ihn natürlich entsprechend aufgeregt. Allerdings wusste zu diesem Zeitpunkt niemand von uns, wer mit Karo gemeint war. Wir nahmen an, ein früherer Freund, eine Bekannte oder Ähnliches, von dem wir keine Ahnung hatten. Bis Danilo aus dem Café zurückkam und uns von Ihrer Begegnung berichtete … und von dieser kleinen Auseinandersetzung, die Sie hatten. Sie waren furchtbar wütend auf ihn, nicht wahr? Aber Danilo trifft keine Schuld.“
Zum ersten Mal an diesem Nachmittag blickte der Professor Karo in die Augen. Er lächelte müde und Karo hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, ihn tröstend in den Arm zu nehmen und wie ein kleines Kind zu halten. Wie viel musste ihm dieser junge Arzt bedeuten? Sein Schicksal lag ihm so sehr am Herzen, dass die
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