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Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Titel: Zurück ins Licht (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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sich vermutlich fragen, was er mit einer Schreckschraube deines Formats zu schaffen hat. Nicht eine, die sich nicht die Finger nach ihm ablecken würde. Du bist chancenlos. Du hast verloren, Karo! Rette von deinem Stolz, was noch zu retten ist. Nimm die Beine in die Hand und mach endlich die Flocke!
    Ohne einen Gruß an ihn zu verschwenden, drängte sie sich an Doktor Iwanow vorbei und hinterließ eine schwache Schwefelspur. Mit hoch erhobenem Kopf und der übertriebenen Würde der Betrunkenen stakste sie in Richtung Tür, vorbei an den starrenden Gänschen, die so taten, als würden sie ihren Kaffee trinken. Eine Sekunde lang spielte sie mit dem Gedanken, sich zu verbeugen, um ihr Publikum wissen zu lassen, dass das Drama vorüber war.
    „Karo …“, hörte sie Iwanow, der ihr gefolgt war. Am liebsten hätte er sie zurückgehalten, wenngleich ihm klar war, dass ein Versuch zu diesem Zeitpunkt sinnlos gewesen wäre.
    Sie drehte sich um und reckte schnippisch die Nase noch ein Stück höher.
    Da wusste er nicht mehr, was er sagen sollte.
    Als er schwieg, lächelte sie verächtlich. „Vielen Dank , Herr Doktor. Für alles. Das werde ich Ihnen nie vergessen.“
    Ich auch nicht, dachte Iwanow , als sie in einer selbstmörderischen Aktion auf die Straße stolperte und ein Taxi stoppte. Er verfolgte jeden ihrer Schritte, bewunderte ihren Stolz und ihren selbstbewussten Gang und die Art, wie sie sich zu behaupten mühte. Wie Aschenputtel nach dem Ball.
    Es gab nur einen bedeutsamen Unterschied. Sie hatte ihm keinen Schuh zurückgelassen, der ihn an sie erinnerte.
    Es würde keine Zukunft für sie beide geben.
     
    „Mach endlich Schluss, Karo! Hast du noch immer nicht begriffen, dass dir diese Sache außer Kummer und Schmerz nichts einbringt? Es war eine verdammte Schnapsidee, diesen Arzt zu suchen. Ich hätte die Männer zwar gerne kennengelernt, aber wir finden auch noch andere. War doch bisher kein Problem für uns“, mühte sich Catherine, ihre herzzerreißend schluchzende Freundin zu trösten. „Reiß dir diesen Doktor aus dem Herzen, ehe er dich kaputt macht. Du hast ihm genug geholfen. Und war es bisher ein einziges Mannsbild wert, ihm hinterherzurennen? Warum soll ausgerechnet er so anders sein? Es war eine Ausnahmesituation, in der ihr euch begegnet seid. Psychologen nennen das Weißer-Ritter-Syndrom, die Projektion übermenschlicher Eigenschaften auf den Retter. Patienten verlieben sich andauernd in ihre Ärzte oder Krankenschwestern. Dabei erledigen die doch nur ihre Arbeit. Die werden für ihre Hilfe bezahlt! He, erinnerst du dich an diesen tollen Film von neulich? Das gemeinsame Erleben und Überleben einer Katastrophe ist nun mal keine Basis für eine dauerhafte Beziehung“, imitierte Cat eine schmalzige Männerstimme. „Und was wisst ihr schon voneinander, Karo? – Nichts! Reineweg gar nichts!“
    „ Das stimmt doch gar nicht. In solch außergewöhnlichen Situationen lernen sich Menschen viel schneller kennen als unter normalen Umständen. Oder warum kann ich mich sonst so genau an den Urlaub in Florida erinnern, als uns dieser Wirbelsturm erwischt hat? Ich war damals beinahe noch ein Baby und trotzdem könnte ich dir jede Einzelheit genau wiedergeben. Die Leute im shelter sind vor Angst ganz dicht zusammengerückt und haben Tag und Nacht miteinander gesprochen.“
    „Aus Langeweile, ich weiß.“
    „Aus purer Angst, zu sterben und dann in Vergessenheit zu geraten, haben sie ununterbrochen geredet, ganz nach dem Motto: Wenn ich schon unter derartigen Umständen von dieser Welt gehen muss, sollte jemand da sein, der meine Geschichte erzählen kann, und umgekehrt, auf dass diese der Nachwelt erhalten bleibt.“
    Trotzig reckte Karo das Kinn vor und nahm m it einem dankbaren Nicken das Taschentuch, das ihr Cat unter die tropfende Nase hielt. Geräuschvoll schnäuzte sie sich und brachte sogar ein zaghaftes Lächeln zustande.
    „Übrigens“, ihre Augen begannen zu leuchten, „ich habe mich geirrt.“
    „Was? Du? Gibst zu, dich geirrt zu haben?!“, tönte Cat und versuchte sich an einer erschrocken wirkenden Fratze.
    „ Doktor Iwanow … du weißt schon, der andere, er ist bestimmt nicht schwul. Ich habe es … ich … na ja, das merkt man halt.“
    Und Cat sah es ihr auch an, denn ü ber ihrem Gesicht lag in dieser Sekunde jenes leicht dämliche Grinsen, an dem man auf der ganzen Welt Verliebte erkennt.
    „ Oh Jesus, Karo, sag nicht, du … du …“ Sie verschluckte sich beinahe an ihrer

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