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Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Titel: Zurück ins Licht (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Seine streitbare, tapfere Karo! Hatte er sich also nicht in ihr getäuscht. Sie wollte ihm nicht ihre Angst zeigen, deswegen zeigte sie ihm all ihre Wut. Sein Herz flog ihr zu und er schloss, für einen Moment völlig überwältigt von seinen Gefühlen, die Augen.
    Sie ließ sich schwer auf den Stuhl an seinem Bett sinken, weil sie befürchtete, ihre Beine könnten unter ihr nachgeben. Da spürte sie seine Hand auf ihrem Arm und blickte auf, obwohl ihre Augen verräterisch glitzerten.
    „ Karo. Auch ich hatte Angst. Schreckliche Angst, dich zu verlieren. Nie mehr, versprich es mir, lass mich nie mehr allein zurück.“
    Nie mehr. Kaum hatte sie diese Worte für sich in Gedanken wiederholt, als es auch schon wieder da war, dieses Gefühl, dass ihr die Kontrolle über ihr Leben aus der Hand genommen wurde. Dass sie vollkommen machtlos zusehen musste, wie andere ihr Schicksal lenkten.
    „Ich nehme Versprechen lächerlich ernst, weißt du, deswegen werde ich dir nicht versprechen, was ich nicht halten kann.“
    Es war keineswegs die Antwort, die er von ihr erwartet hatte, und die Enttäuschung darüber war ihm deutlich anzumerken. Aber sie wollte sich nicht für diesen Beschluss entschuldigen, ihre Meinung ändern oder ihn vertrösten.
    „Ist dir die Vorstellung, mit mir zusammen zu sein, derart zuwider?“
    „Angel, ich habe momentan keinen Nerv, darüber auch nur nachzudenken.“
    „ Wenn das so ist … Na schön, dann eben … später.“
    „ Sag mir lieber, wie es dir geht.“
    „ Gut. Obwohl ich sagen muss, dass ich Beethoven vermisse. Was ist aus ihm geworden? Bist du heute ohne ihn unterwegs?“
    „Beethoven?“, wiederholte sie, fuhr mit dem Handrücken unter ihrer Nase entlang und blinzelte verwirrt. Da erst fiel ihr ein, irgendwann einmal im Besitz einer Brille gewesen zu sein.
    „Nimm die solange, bis du etwas Besseres findest.“ Angel deutete mit dem Kopf und einem sanften Schmunzeln auf das Nachttischchen, wo in der Tat ihre Brille sorgfältig zusammengeklappt lag.
    „Beethoven “, erinnerte er sie schließlich mit sanftem Nachdruck.
    Sie machte eine regelrechte Wissenschaft daraus, sich die Brille aufzusetzen, dann wandte sie sich im Schneckentempo zu Angel um.
    Und schaffte es trotzdem nicht, ihre Überraschung zu verbergen.
    „Was meinst du mit Beethoven ? Was soll mit dem sein? Wenn ich mich nicht täusche – und das kommt selten genug vor –, ist er schon paar Jährchen tot.“
    „Ich … ich liebe Beethoven.“
    „Seit wann denn das?“
    Er schien ernsthaft über diese Frage nachzusinnen, denn das Lächeln um seinen Mund erlosch. „Ich habe keine Ahnung. Möglicherweise erinnere ich mich, wenn du mir wieder etwas vorspielst.“
    „Im Allgemeinen spiele ich nicht mit Männern.“
    „Das hört ein Mann gerne. Beethovens Musik.“
    „Woher w eißt du davon? Ich meine, hat sich jemand beschwert, weil ich den CD-Player zu laut gedreht habe?“
    „Er steckt voller Energie. Er hat mir die Farben gezeigt, als alles schon ganz hell um mich war, dort, wo es nur noch Licht gibt. Weißes Licht und Stille, keine Farben mehr, kein Lachen. Doch er hat mich daran erinnert, dass es noch so viel mehr gibt.“
    Karo war alles Blut aus dem Kopf gewichen. Es war unmöglich, dass er etwas gehört hatte! Vollkommen ausgeschlossen!
    Angels Stimme wurde noch eine Spur leiser, als er sagte: „Ich habe ihn gehört , während ich schlief.“
    „Du hast nicht … Bei allen Heiligen, das war kein Schlaf. Du hast im Koma gelegen! Und deswegen kannst du nichts gehört haben.“
    „Vielleicht nicht. Nicht direkt. Ich habe seine Musik … gespürt. Hier.“ Er griff ihre Hand und legte sie an sein rasendes Herz. „Genau wie dich. Dir allein verdanke ich, dass ich wieder lebe. Dir ist klar, was das bedeutet?“, fragte er mit einem lauernden Unterton in der Stimme. „Für dich und auch für mich.“
    „ Ja“, fuhr sie ihm in die Parade, ärgerlich, weil er nicht begreifen wollte. „Nämlich, dass ich jetzt endlich zurück an meine Arbeit gehen kann. Das neue Semester beginnt und ich habe eine Menge nachzuholen und vorzubereiten. Du kommst alleine zurecht, nicht wahr?“
    Das war ganz und gar nicht das, w as er im Sinn gehabt hatte, aber er hatte das Erschrecken auf ihrem Gesicht gesehen, als ihr aufgegangen war, was er von ihr wollte. Er war kein geduldiger Mensch, dennoch durfte er sie nicht bedrängen. Ihm war bewusst, dass sie mehr Zeit benötigte, um die Geschehnisse der vergangenen Tage zu verarbeiten.

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