Zurück von den Toten - Dark Village ; 4
fing sie an.
âDa ist noch mehr, Nora.â Ihre Mutter wirkte ehrlich bedrückt. âEiniges deutet darauf hin, dass er am See gewesen ist. Und er ist abgehauen, kurz nachdem Wolff umgebracht wurde. Und dann ist da noch was ⦠von früher ⦠also, Dinge, die in seiner Vergangenheit passiert sind.â
âDu kannst mich malâ, flüsterte Nora.
Sie wusste nicht, woher das kam. Plötzlich waren ihre Lippen so schmal und hart, dass sie den Mund fast nicht mehr bewegen konnte. Sie war von innen heraus kalt, ihr Kopf fühlte sich zu klein an. Ihr Mund war trocken. Und sie war wütend auf sich selbst, so abartig wütend. Nick war für etwas verhaftet worden, das er nicht hatte tun wollen. Und den Rest hatte er ganz sicher nicht getan. Aber das Einzige, was sie im Kopf hatte, war, dass Vilde ungeschoren davonkam.
âNoraâ, sagte ihre Mutter.
âLeck mich!â
âNora. Bitte! Sei so lieb â¦â
âNeinâ, rief Nora. âIch bin nicht lieb. Hörst du? Ich bin nicht lieb! Ich werde nie wieder lieb sein!â
5
Vilde ging nach Hause. Am liebsten wäre sie gerannt. Aber sie hatte einen ekligen, schalen Geschmack im Mund und es kratze ganz unten am Rücken, am SteiÃbein. Sie dachte: nicht rennen, überhaupt nichts Auffälliges tun. Die Leute sollen dich nicht ansehen. Niemand soll dich bemerken.
Es bestand die Möglichkeit, dass Nick sie verriet. Ja, das würde er tun! Warum sollte er es für sich behalten? Sie war die Einzige, die ihm helfen konnte. Sie war die Einzige, die dabei gewesen war. Die Einzige, die wusste, dass Viksveens Tod ein Unfall gewesen war. Er würde erzählen, dass sie auch dort gewesen war, und das würde ihr Leben für immer verändern.
Aber wenn es gar nicht um die Viksveen geht? Wenn die Polizei ihn wegen etwas anderem festgenommen hat?
Fast wäre sie stehen geblieben. Was, wenn nicht Viksveen, konnte der Grund sein? War es möglich, dass Nick eins der anderen Verbrechen begangen hatte? Die Sache mit Wolff? Trine?
Nein !
Vilde lief leicht vornübergebeugt. Sie hörte ihren eigenen keuchenden Atem. Sie musste so schnell wie möglich nach Hause. Sie wusste nicht, was mit ihr passierte. Sie fühlte sich, als würde sie sich auflösen.
In nur zwei Minuten war sie daheim. Auf der Treppe wühlte sie nach dem richtigen Schlüssel.
Charlene öffnete die Tür, noch ehe sie den passenden Schlüssel ins Schloss gesteckt hatte. âThere you are.â
âYesâ, sagte Vilde und quetschte sich durch die Tür. âWo ist Mama?â
âWent out. Gonna be late, she said.â
âDann ist sie mit ihm zusammen. Benedictes Vater. Dieser Lucas.â
âMaybe.â Charlene machte die Tür zu und schloss sie ab. âI saw a policecar.â
âYes.â Vilde holte ihr Handy aus der Tasche und hielt es ihr hin. âIch habe Fotos gemacht.â
âFotos?â Charlene legte den Kopf schräg.
âJa, hier!â Vildes Stimme überschlug sich. Die Hand, in der sie das Telefon hielt, zitterte.
Charlene fasste sie vorsichtig am Arm. âHoney â¦â
âIch habe Fotos gemacht. Von der Polizei und Nick und allem!â
âThatâs not making any sense. Please, Vilde. Please.â
Vilde lehnte sich an Charlene. Sie spürte ihre weichen Brüste an sich. Wundervolle Charlene. Schöne, gute, scharfe Charlene. Ihre Lippen berührten flüchtig Vildes Wangen und ihre Hand strich wieder und wieder über ihren Rücken. âItâs okay. Itâs okay.â
Eine Weile blieben sie so stehen. Es war schön.
Dann räusperte sich Vilde. âDie Polizei hat Nick verhaftet. Auf der Party.â Widerwillig zog sie sich zurück. Sie klickte sich durch die Fotos. âSie glauben, er war es. Sie verdächtigen ihn, dass er jemanden umgebracht hat.â
Charlene hob eine Hand und strich ihr über die Wange. âOh no, oh honey. Iâm sorry. Iâm so sorry.â
Vilde streckte ihr das Gesicht entgegen. Charlene war ein Stück gröÃer. Sie küssten sich vorsichtig. Ihre Lippen berührten sich kaum.
Vilde dachte, dass es genau darum ging. Sie lebte jetzt. Es war egal, was morgen geschah.
1
Samstagnachmittag. Der Tag nach der Festnahme.
Der Ermittlungsleiter war von Oslo unterwegs nach Dypdal. Eigentlich hatte er zwei Tage frei. Er hatte die Order erteilt, dass Nick keinesfalls
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