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Zurück von den Toten - Dark Village ; 4

Zurück von den Toten - Dark Village ; 4

Titel: Zurück von den Toten - Dark Village ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
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weiß nicht. Glaubst du das?“
    â€žEigentlich nicht“, sagte Lena Kristine Sigvardsen Moe. „Aber was anderes fällt mir nicht ein. Wie du sagst, hat irgendjemand in dieser Akte ziemliches Chaos angerichtet. Vielleicht mit Absicht. Vielleicht war hier jemand sogar ziemlich schlau. Was, wenn sie es so hingedreht haben, dass es später aussieht, als wäre ihnen bloß ein Verfahrensfehler unterlaufen? Oder wenn sie etwas ganz Spezielles erreichen wollten?“

2
    Das Bett eine harte eingemauerte Pritsche. Die Toilette nackt, ohne Deckel und Klobrille. Ansonsten war der Raum leer. Es gab kein Fenster. In der massiven Tür war ein viereckiges Guckloch, das mit einer Metallklappe verschlossen und nur von außen zu öffnen war. Nick saß vornübergebeugt auf dem Bett. Die Füße schwer auf den Boden gestemmt, die Ellenbogen auf die Knie gestützt. Er hielt den Kopf in den Händen.
    Er hockte jetzt schon seit Stunden in der Zelle, mehr als einen halben Tag. Aber jedes Mal, wenn er dachte, er hätte sich dran gewöhnt, dauerte es nur ein paar Minuten, höchstens eine halbe Stunde. Dann raste sein Herz, sein Puls donnerte und jeder neue Atemzug fühlte sich flach und schwach an.
    Er wusste nicht, warum er hier war. Oder doch, irgendwie begriff er es ja. Es ging entweder um Katie oder um die Viksveen. Aber was hatten sie rausgekriegt? Und vor allem, wie?
    Sie hatten ihn noch nicht vernommen. Er hatte auch keinen Anwalt verlangt oder so was. Er war sechzehn Jahre alt, also voll strafmündig, das wusste er. Aber er ging davon aus, dass sie Werner und Sigrid trotzdem Bescheid gegeben hatten. Sie waren immerhin seine Pflegeeltern und trugen formal gesehen die Verantwortung für ihn.
    Was sollte er bloß sagen, wenn sie kamen? Würde er es schaffen, Werner ins Gesicht zu sehen und alles abzustreiten?
    Die Viksveen war kein Problem. Die Sache mit ihr konnte er abstreiten. Sie hatte ihn provoziert, es war ein Unfall gewesen. Sie hatte ihn behandelt wie Dreck am Stiefel.
    Aber Katie? Würde er in Bezug auf Katie lügen können?
    Das hatte er noch nie getan. Es war nicht nötig gewesen. Niemand hatte je nach Katies Verschwinden gefragt. Damals nicht und auch nicht in den Jahren danach.
    Aber jetzt … Was, wenn sie jetzt fragten? Sollte er alles erzählen und sagen: Ja, ich habe es getan. Sollte er Katies gesamte Leidensgeschichte ausgraben, den ganzen Horror, den sie über sich ergehen lassen musste? Sollte er sie derart erniedrigen? Sollte er erzählen, was ihr Pflegevater mit ihr gemacht hatte, um sein eigenes Handeln zu rechtfertigen? Das fühlte sich falsch an! Ihm wurde ganz übel. Er hatte so viel falsch gemacht – sollte er das jetzt auch noch tun?

3
    Sie verkauft sich nicht. Katie lügt und stiehlt. Sie vertickt Diebesgut. Sie schlägt, kratzt und beißt um sich, um das wenige, was sie sich erkämpft hat, zu behalten. Aber niemals geht sie so weit wie die anderen Jungs und Mädchen in dem besetzten Backsteinhaus.
    Sie steigt nicht in die Autos ein, die jeden Abend und jede Nacht im Viertel rumfahren. Sie gehört nicht zu denen, die in Seitenstraßen und hinter der Festung ihren Körper anbieten. Sie gehört nicht zu denen, die den alten Schwulen auf der Bahnhofstoilette den kleinen Hintern hinhalten.
    Jeden Tag bekommt sie Angebote und sieht, wie viel Geld die anderen damit verdienen. Trotzdem tut sie es nicht. Sie kann nicht mal daran denken. Es ist ein Tabu. Sie hat ihren Körper schon einmal verloren. Verliert sie ihn ein zweites Mal, wird sie sterben. So einfach ist das.
    Die anderen werden misstrauisch. Vor allem die Mädchen. Was bildet die sich eigentlich ein? Dass sie besser ist als alle anderen, oder was?
    Eines Nachts überfallen sie Katie.
    Sie hat ihren Stammplatz ganz hinten in einem kleinen Zimmer im ersten Stock. Sie stellt sich gern vor, dass hier einmal ein Schlafzimmer gewesen ist, vielleicht das eines glücklichen Kindes mit glücklichen Eltern. Vielleicht hat hier wirklich jemand gelebt, es gut gehabt, bis entschieden wurde, dass der Häuserblock abgerissen werden soll. Meistens schläft sie allein. Für zwei Leute mit ihren Sachen ist es ziemlich eng in dem kleinen Raum.
    An einem Abend, als sie sich schon hingelegt hat und fast eingeschlafen ist, hört sie jemanden hereinkommen. Sie spürt die Luftbewegung und hört das Geräusch von weichen Schuhsohlen auf dem harten Boden.

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