Zurück von den Toten - Dark Village ; 4
noch länger darüber reden müssen. Wir haben getan, was wir für richtig hielten. Und es war das Richtige, das wissen wir beide.â
âDas meine ich ja gar nichtâ, erwiderte Werner. âSelbstverständlich haben wir das Richtige getan. Aber damals wussten wir noch nicht, dass Eline irgendwie speziell ist. Ich sage nicht, dass ich die Entscheidung bereue. Das habe ich noch nie getan. Sie gehört jetzt zu uns, und das wird auch nie mehr anders sein. Aber nach allem, was passiert ist, mit der Krankheit und so ⦠Ich denke, es würde Eline vielleicht helfen, wenn sie ihre leibliche Mutter kennenlernt. Ich denke ⦠Ich weià auch nicht.â
âDu willst es also tunâ, sagte Sigrid. âDu hast vor, sie anzurufen.â
Werner antwortete nicht sofort. Sein Mund verzog sich zu einer Grimasse. âNeeein, ich weià nicht.â
âDu wirst es tun, du hast es beschlossen, ich sehe es dir an.â
âSigrid â¦â
âDu wirst sie anrufen.â
âWir werden sehen.â Er wandte sich von ihr ab, blieb aber in der Türöffnung stehen.
Sie konnte es ihm nicht übel nehmen. Sie wusste ja seit Langem, dass dieser Moment kommen würde. Werner war immer so fixiert darauf, das Richtige zu tun.
âAber dann musst du mir eins versprechen, Werner.â
Er antwortete nicht.
âWas du auch tustâ, fuhr sie fort, âsag ihm nichts. Das darfst du nicht. Kein Wort. Hörst du?â
âSigrid, bitte.â
âNein, das musst du mir versprechen.â Ihre Stimme wurde lauter. âEr darf nichts davon erfahren, das begreifst du doch wohl. Das musst du ihr auch sagen. Er ist gefährlich. Kein Wort davon zu Lucas!â
14
Hinterher lagen sie lang ausgestreckt nebeneinander auf dem Teppich im Wohnzimmer, und Vilde erzählte in einer Mischung aus Norwegisch und Englisch, dass die Polizei Nick nicht mehr wegen der Sache mit der Viksveen anklagen wollte.
Vildes Mutter war noch im Büro, und ihr kleiner Bruder war bei einem Freund, so wie es tags zuvor verabredet worden war. Sie hatten das Haus noch mindestens eine Stunde für sich ganz allein.
âIâm so happy for you, honey.â Charlene rollte sich auf die Seite, stützte sich auf den Ellbogen und streichelte Vilde mit der anderen Hand; von der Wange den Hals hinunter, weiter über die nackte Schulter und langsam über die eine Brust. âItâs so great. And weâre so fucking crazy.â
âJa. Fucking crazy!â Vilde wand sich kichernd.
âItâs all your fault.â Charlenes Finger glitten weiter über Vildes nackten Körper, streichelten zärtlich die Hüften, wanderten hinunter zum Oberschenkel. Leise sang sie: âWrecked, poor, naked and blind. Iâm yours, Iâm yours, right now.â
âWas?â
âA song I like.â
âAh.â
âIâm so much older than you.â
âMhm.â
âYou donât care?â
âNein.â
âYou should.â
âWhy?â
âBecause.â
âDas ist keine Antwort.â
âYou know why. What would your mother say?â
âAbout what?â Vilde fing Charlenes Hand ein, führte sie an die Stelle, wo sie es am liebsten hatte, und hielt sie dort fest. âThat weâre together? Oder dass ich lesbisch bin?â
âThereâs that, too.â Charlene berührte sie â sanft, sanft.
Vilde schloss die Augen. âMmmm.â
âYouâre so young. And Iâm â¦â
âI donât care!â Vilde schob die Hüfte vor. âI love you!â
Falls Trine immer noch bei ihr war, in diesem Augenblick, im neuen Glück, im Verlangen â dann als eine Erinnerung. Als etwas Vages, das nicht mehr so schlimm war. Kein aktiver Gedanke, keine Trauer oder Sehnsucht.
Später würde Vilde noch oft daran denken, dass es merkwürdig war, wie schnell der Körper den Kopf dazu bringen konnte zu vergessen.
1
Dienstagnachmittag.
Sie stand im Bad vor dem Spiegel und wünschte, sie sähe anders aus. Sie wünschte, ihr Haar würde anders fallen, ihre Lippen wären voller und ihre Augen gröÃer. Dass ihr Körper anders geformt wäre. Dass er sich entwickeln würde, wie sie es sich immer erträumt hatte, anstatt
so
zu sein â sie schnitt eine Grimasse im Spiegel â, wie er immer gewesen war, nie mehr, nie genug, nie richtig.
Und sie
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