Zurückgeküsst (German Edition)
nur dankbar sein, dass nichts weiter geschehen war. Es gab gute Gründe, weshalb es mit Nick und mir nicht funktioniert hatte, und es war hilfreich, sich das immer wieder vor Augen zu führen.
Als ich meinen dritten Crilla holte, kam Jason Cruise angeschwankt – er hatte so eine Art Cowboygang drauf, damit seine massigen Oberschenkel sich nicht aneinander wund rieben. „He, Harper, willst du tanzen? Um der alten Zeiten willen oder was auch immer?“ Er rückte seine Sonnenbrille zurecht – eine Ray-Ban Wayfarer. Also, bitte! Das war ja so retro!
„Leck mich, Jason“, erwiderte ich.
„He, du musst ja nicht gleich so zickig sein!“
„Und wenn’s nach mir ginge, müsstest du nicht mehr atmen, Jason, trotzdem tust du es. Wie enttäuschend!“
„Warum hasst du mich?“, wollte er wissen. „Was habe ich dir getan?“
Im ersten Moment wollte ich nicht antworten. Jason hatte mir tatsächlich nie etwas getan. Aber den Mund zu halten war auch nicht gerade meine Stärke. „Ich hasse dich nicht, Jason. Dafür bist du nicht wichtig genug. Aber ich kann dich nun mal nicht leiden.“
„Warum?“
„Weil ich genug von dir weiß“, gab ich zurück. „Wie du Nick behandelt hast, als ihr noch Kinder wart, wie du seine Spielsachen kaputt gemacht und ständig angegeben und ihn mit einem Pfeil abgeschossen hast! Noch dazu bist du ein oberflächlicher, nerviger Blödmann, so jetzt weißt du’s.“
„Und? Ich dachte, du hasst Nick.“
Ich wollte protestieren, überlegte es mir aber anders – da ich Nick im Moment tatsächlich ein klein wenig hasste. „Wie auch immer.“
Jason schob lässig seine Wayfarer nach oben, um mein Dekolleté besser beäugen zu können. „Und du willst wirklich nicht mit mir tanzen?“
Männer! Eine meiner früheren Studienkolleginnen hatte sich gerade für künstliche Befruchtung entschieden. Sie war die Beste in unserem Jahrgang gewesen, okay? Also eine clevere Frau.
Die Rettung vor einem weiteren verbalen Schlagabtausch mit Jason nahte in Gestalt des Feuerwehrmanns Costello. „Belästigt dich dieser Kerl, Harp?“, fragte er und blickte auf Jason hinunter.
„Ja, Dennis. Bitte schlag ihn zu Brei.“
Entgeistert sah Dennis mich an. „Wirklich?“
„He, Mann, ich wollte nur mit ihr tanzen“, beschwichtigte Jason ihn und trat einen Schritt zurück. „Sie gehörte mal zur Familie oder so, das ist alles. Ich wollte nicht … äh, du weißt schon. Was auch immer.“
Scharf sah ich ihn an. „Hau ab, Jason, geh zurück in deinen Sumpf.“ Er schlurfte davon und stieß gegen eine der Stangen, die das Partydach hielten, weil er seine Sonnenbrille wieder aufgesetzt hatte. Wahrscheinlich würde er gleich irgendwelche Leute mit Zitaten aus Tom Cruise’ größten Filmhits langweilen.
„Willst du tanzen, Baby?“, fragte Dennis.
„Liebend gern“ Und so tanzten wir, und vor lauter Schuldbewusstsein über Nicks Kuss schmiegte ich mich eng an Dennis’ breiten Brustkorb. Der schmunzelte, legte mir die Hände auf den Po und drückte mich fest an sich, da er nicht der Typ war, so offen zur Schau getragener Weiblichkeit zu widerstehen.
„Wann musst du morgen losfahren?“, erkundigte ich mich.
Er schnitt eine Grimasse. „Mein Flug geht um sieben – was bedeutet, dass ich um halb sechs den Shuttle-Bus nehmen muss.“
„Weißt du was? Nimm doch den Wagen“, bot ich an. „Ich kann ja später mit dem Shuttle fahren.“
Dennis’ Miene hellte auf. „Das wäre klasse, Mann. Danke!“
Als ich ihn zum ersten Mal gefragt hatte, ob er mich zu der Hochzeit begleiten würde, war er nicht sofort darauf eingegangen. Als Folge hatte er nur noch einen Rückflug zu nachtschlafender Unzeit bekommen, im Gegensatz zu meinem bequemen Nachmittagsflug. Dad und BeverLee fuhren erst nach Salt Lake City, wo Bev irgendwelche Cousinen besuchen wollte,die sie seit Jahren nicht gesehen hatte, und flogen von dort aus nach Hause. Also wäre ich auf meiner Reise zurück in den Osten ganz allein, was mir nur recht war.
„Ich geh mal eben aufs Klo“, sagte Dennis. „Wir sehen uns später.“
„Alles klar.“
Sobald er gegangen war, kam BeverLee zu mir. Sie hatte so viel Parfüm aufgetragen, dass ich husten musste.
„Hattest du schon Gelegenheit, dich mit deinem Vater zusammenzusetzen?“, wollte sie wissen und griff automatisch nach meinen Haaren, um sie zurechtzuzupfen.
„Ich dachte, wir hätten uns geeinigt, dass ich nicht unbedingt die Geeignetste bin, um dieses Thema mit Dad zu besprechen“,
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