Zurückgeküsst (German Edition)
Straßen von Edgartown.
„Klingt ja, als hättet ihr da drüben ein richtig schönes Leben“, kommentierte Deacon meine Ausführungen.
Nick sah mich nur schweigend an, sein Blick war unergründlich.
„Ja“, sagte ich schließlich. „Coco gefällt es da auch, stimmt’s, mein Schätzchen?“ Sie wedelte fröhlich mit dem Schwanz und widmete sich dann weiter ihrer Aufgabe, Deacon zu hypnotisieren.
Als ich an zu Hause dachte, fiel mir ein, dass ich meinen Dad anrufen musste. Und mich nach Tommy erkundigen. Und sehen, was ich für BeverLee tun konnte. Und sicherstellen, das Willa genug Geld hätte. Am kommenden Dienstag hatte ich einen Termin am Gericht. Bald mein alle zwei Monate stattfindendes Essen mit Pater Bruce. Es war alles so ganz anders als hier, wo die endlose Weite der Felder durch die regelmäßig abgelegten Heurollen noch betont und die flache Landschaft kaum von Bäumen unterbrochen wurde. Im Gegensatz dazu erschien mein Zuhause sicher und behütet – mit der zerklüfteten Küste, den lauschigen kleinen Orten, den soliden Steinmauern und rauschenden Kiefern. Man fühlte sich nicht so ausgesetzt, es gab keine so gnadenlose Sonne. Und keinen Nick.
Ein paar Stunden später war ich die Königin des Erntedankfests. Na ja, vielleicht nicht die Königin. Aber ich hielt Hof, zumindest im gerichtlichen Sinne, weil das Volk zu mir kam und juristische Ratschläge erbat. Umringt von sechs Frauen, ließ ichmir an einem Picknicktisch einen leckeren, aber undefinierbaren Auflauf schmecken, den meine Gastgeber als „Heißgericht“ bezeichneten. Coco, ebenfalls gut damit abgefüttert, schlief mit um das Tischbein gewickelter Leine zu meinen Füßen.
„Also, wenn ich ausziehe, dann könnte er das Haus kriegen? Du meine Güte, das scheint mir aber nicht richtig“, sagte Darlene. Sie war sechsundzwanzig, seit sieben Jahren verheiratet und hatte zwei Kinder. Der Ehemann war Lastwagenfahrer, der in den Fernfahrerlokalen neben dem All-you-can-eat-Buffet offenbar gern auch die Chance zu außerehelichem Vergnügen wahrnahm.
„Es wäre besser, wenn Sie da wohnen bleiben, vor allem wegen der Kinder“, antwortete ich und trank einen Schluck Cola – nein, streichen Sie das. Ich trank einen Schluck meines Limonadengetränks. So klang es besser.
„Okey-dokey“, antwortete sie. „Klar, bleib ich da. Meinen Sie, ich soll die Schlösser austauschen?“
„Das wäre bestimmt eine deutliche Botschaft“, meinte ich. Darlene nickte, und schon meldete sich die nächste Frau zu Wort. „Hallo, Harper-Schätzchen, haben Sie schon mal so einen Regen erlebt? Ich bin Nancy Michaelson, nett, Sie kennenzulernen.“
„Hallo, Nancy“, sagte ich und aß noch einen Happen meines Heißgerichts. Man konnte fast spüren, wie das Fett einem auf die Hüften hüpfte, da eine der Hauptzutaten Mayonnaise zu sein schien, aber es schmeckte fantastisch! „Wie kann ich Ihnen helfen?“
Sie setzte sich. „Sie sind wirklich ein Schatz, dass Sie all unsere Fragen beantworten, wissen Sie das? Also, meine Mutter hat gerade einen der alten Knacker aus dem Pflegeheim drüben in Beulagh geheiratet. Zuerst dachten wir, er wäre … Sie wissen schon, gar nicht so übel, aber wie sich jetzt herausstellt, holt er sich einfach Geld von ihrem Sparbuch. Was können wir tun? Ich finde, sie sollte sich von diesem Kerl scheiden lassen, aber meine Mom … na ja, sie sagt, sie liebt ihn. In ihrem Alter, können Sie sich das vorstellen?“
Ich lächelte. „Na ja, wenn Sie die Vorsorgevollmacht hätten, könnten Sie dem Einhalt gebieten. Aber wenn Ihre Mutter noch im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte ist …“
„Was meinen Sie damit?“
„Wenn sie im Kopf noch fit ist. Sie wissen schon … nicht gaga?“
Nancy seufzte. „Tja, ich halte sie natürlich für verrückt, mit dieser Romanze in ihrem hohen Alter und so, aber ich schätze, das wird nicht ärztlich bestätigt. Danke, Schätzchen.“
„Okay, okay, jetzt lasst unseren Gast mal wieder Luft holen, was meint ihr, Mädels, hm?“, unterbrach Margie Schultz, meine neue beste Freundin und mein selbsternannter Bodyguard, das Geschehen. Sie schien das ganze Fest hier zu leiten; nachdem Deacon ihr Nick und mich vorgestellt hatte, hatte sie uns herumgeführt und uns mit Dutzenden anderer Leute bekannt gemacht, die allesamt unglaublich glücklich schienen, dass das Schicksal uns hierher verschlagen hatte. Sie zeigten eine geradezu vorbildliche Gastfreundschaft, die uns steife Yankees nur beschämen
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