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Zusammen Allein

Titel: Zusammen Allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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wortlos hinaus. Sie behandelten ihn wie einen Aussätzigen. Selbst diejenigen, die sich neutral verhielten, ließen sich bei uns zu Hause nicht blicken. Wenn er Besuch bekam, dann vom Geheimdienst. Männer in Zivil kamen, die wie Freunde an die Pforte klopften, gedankenverloren Leos Fell kraulten und über Puschas Obstbäume plauderten. Wie nebenbei erkundigten sie sich nach Petres Plänen für die Zukunft. So ein Studienplatz koste Zeit, sehr viel Zeit, erzählten sie bei einem Glas Wasser, vom Geld, das der Staat aufbringen müsse, ganz zu schweigen. Petre hörte sich ihre Ratschläge geduldig an. Früher wäre er explodiert.
     
     
    Endlich. Er war von sich aus in mein Zimmer gekommen. An einem Samstagnachmittag. Ein zaghaftes Lächeln im Gesicht. Keine Erklärung. Draußen schien die Sonne, doch in der Nacht waren die Temperaturen erneut weit unter Null gefallen. Rumänien zitterte vor Angst. Noch einen Winter und noch einen Winter,wie viele Hunger- und Kältewinter galt es zu überstehen?
    Wie ein Fremder stand er vor mir.
    »Komm!« Ich zog ihn. »Du willst bestimmt Mittagsschlaf halten?«
    Statt einer Antwort lachte er. Das Lachen hatte er nicht verlernt, aber es perlte nicht mehr wie bei einem frisch geöffneten Sekt, sondern klang verhalten, es war auf Kredit gekauft.
    »Komm!«, wiederholte ich.
    Er ließ sich ziehen. Schlagartig erkannte ich, dass unsere Karten neu gemischt worden waren. Ohne unser Zutun hatten wir die Positionen getauscht. Er war jetzt der Schwächere von uns beiden. Ein bitterer Geschmack legte sich auf meine Sehnsucht. Doch mein Körper wollte diese Erkenntnis nicht annehmen, sondern tat alles, um sinnliche Gefühle zu erzwingen.
    Ich küsste seinen Hals, die Stelle oberhalb seines Pullovers. Tränen schossen mir in die Augen, und ich hielt ihn fest, ganz fest. Draußen zerrte ein hartnäckiger Novemberwind an den Dachziegeln. Der kleinste Windstoß drohte, Petre von mir fortzuwehen. Er lachte, als ich ihn immer enger umschloss.
    »Ich ersticke«, lachte er und schob meine Arme sanft zur Seite.
    »Aber ich will dich doch so sehr.«
    »Ich bin nur zum Reden gekommen«, wehrte er ab. »Soll ich wieder gehen?«
    »Nein«, rief ich und klammerte mich an ihn. Er kippte zur Seite. Wir balgten wie Kinder, kitzelten uns gegenseitig, rollten vom Bett auf den Boden. Halb lachend, halb weinend blieben wir unten liegen. Als es zu kaltwurde, stand ich auf und zog ihn wieder aufs Bett. Irgendetwas schien stärker zu sein als sein Verlangen. Dann also reden.
    »Warum haben sie dich geschnappt?« Endlich traute ich mich, ihn zu fragen.
    »Ein Kommilitone«, begann er zögernd, »er hat uns gesehen. Und er wusste, wo ich wohne.« Petre legte eine Pause ein, und ich sah, wie er sich mit der Zunge über die Lippen fuhr. »Obwohl wir einen Blumenstrauß mitgenommen hatten, glaubte er uns nicht.«
    »Was?«
    »Dass wir in der Gegend jemanden besuchen wollen.«
    Mein Geliebter wand sich aus meiner Umarmung. Kalte Luft kam, trennte uns. Petre weinte nicht, er lächelte.
    »Wir hatten nur noch 50   Stück. Es war unser letzter Block. Der Kerl ist jetzt ein Semester über mir.«
    Dann weinte er doch, und ich konnte nichts tun. Ich fühlte mich so schrecklich hilflos. Vielleicht ahnte ich in jener Nacht schon etwas. Aber ich ließ nicht zu, dass der Verlust mich erreichte. 
     
     
    Am nächsten Tag fand ich wieder ein Gedicht.

    Der Text, auf ein kariertes Blatt geschrieben und aus einem Schulheft herausgerissen, war unter der Tür durchgeschoben worden. Seit Jahren klammerte ich mich an einen Menschen, der mir wie eine Traumfigur nach dem Aufwachen entglitt. Warum schrieb er nicht einfach: Ich liebe dich. Warum?
    Den ganzen Sonntag blieb ich im Bett, gab vor, krank zu sein. Vielleicht war ich ja krank. Krankheit ist Mangel an Gesundheit. Ist Mangel an Klarheit. Ich musste über so vieles nachdenken. Am Abend bewegte ich mich dann doch. Ich rief Sebastian an. Seit Petres Entlassung hatte ich ihn vernachlässigt, nein, das stimmte nicht, ich hatte ihn schlichtweg vergessen. Jetzt aber musste ich mit ihm sprechen. Er kam sofort, als hätte er nur auf ein Zeichen von mir gewartet.
    Hellblond, blauäugig, ein unsicher grinsender Kobold, so stand er vor mir. Und sah, verglichen mit Petre, blendend aus. Kaum war er zur Tür hereingeschlüpft, warf ich mich ihm in die Arme.
    »Was ist los?«, wollte er wissen. 
    »Ich bin so unglücklich.« Sebastian sagte nichts, deshalbfuhr ich fort. »Er ist meine große Liebe,

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