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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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war noch keine sechs Uhr, als er sein Motorrad auf dem Krankenhausparkplatz abstellte.
    Die Dame am Empfang teilte ihm mit, daß die Besuchszeit vorbei sei und er am nächsten Tag ab zehn Uhr wiederkommen könne. Er insistierte, sie wurde bockig.
    Er legte seinen Helm und seine Handschuhe auf die Theke:
    »Warten Sie, warten Sie … Sie haben nicht ganz verstanden …« versuchte er es, ohne sich aufzuregen, »ich komme aus Paris und muß nachher wieder zurück, wenn Sie mich also …«
    Eine Krankenschwester kam vorbei:
    »Was ist hier los?«
    Sie gefiel ihm besser.
    »Guten Tag, eh … entschuldigen Sie, daß ich störe, aber ich muß zu meiner Großmutter, die gestern als Notfall hier eingeliefert wurde, und ich …«
    »Ihr Name?«
    »Lestafier.«
    »Oh! Ja!« Sie machte Ihrer Kollegin ein Zeichen. »Kommen Sie mit.«
     
    Sie erklärte ihm kurz die Situation, sprach über die Operation und die voraussichtliche Genesungsdauer und befragte ihn zu Details in der Lebensführung der Patientin. Er konnte ihren Ausführungen kaum folgen, war vom Geruch des Ortes und dem Motorengeräusch, das noch in seinem Ohr nachhallte, wie benommen.
     
    »Hier ist Ihr Enkel!« verkündete die Krankenschwester fröhlich, als sie die Tür öffnete. »Sehen Sie? Ich hatte Ihnen ja gesagt, daß er kommt! Gut, ich lasse Sie jetzt allein«, fügte sie hinzu, »schauen Sie hinterher noch mal bei mir vorbei, sonst kommen Sie hier nicht raus.«
    Er hatte nicht die Geistesgegenwart, ihr zu danken. Was er dort im Bett vor sich sah, brach ihm das Herz.
     
    Er wandte sich erst einmal ab, um seine Fassung wiederzuerlangen. Zog seine Lederjacke aus, seinen Pulli, und suchte nach einer Stelle, an der er sie aufhängen konnte.
    »Es ist warm hier, was?«
    Seine Stimme klang seltsam.
     
    »Alles in Ordnung?«
    Die alte Frau, die tapfer versuchte, ihm zuzulächeln, schloß die Augen und fing an zu heulen.
     
    Sie hatten ihr das Gebiß rausgenommen. Ihre Wangen wirkten schrecklich eingefallen, und ihre Oberlippe war im Mund verschwunden.
    »Na? Was machst du denn für Mätzchen?«
    Dieser scherzhafte Ton verlangte ihm übermenschliche Kräfte ab.
     
    »Ich habe mit der Krankenschwester gesprochen, weißt du, und sie hat gesagt, daß die Operation sehr gut verlaufen ist. Du hast jetzt ein riesiges Eisenstück in dir drin.«
    »Sie werden mich in ein Pflegeheim stecken.«
    »Nicht doch! Was erzählst du denn da? Du wirst ein paar Tage hierbleiben, dann kommst du in ein Reha-Zentrum. Das ist kein Pflegeheim, das ist fast wie ein Krankenhaus, nur kleiner. Sie werden dich aufpäppeln und dir wieder auf die Beine helfen, und dann, schwuppdiwupp, ab in den Garten mit der Paulette!«
    »Wie lange wird das dauern?«
    »Ein paar Wochen. Das hängt von dir ab. Du mußt dich anstrengen.«
    »Kommst du mich besuchen?«
    »Natürlich komm ich dich besuchen! Ich hab jetzt ein tolles Motorrad.«
    »Du fährst doch aber nicht zu schnell?«
    »Tz, wie eine Schnecke.«
    »Lügner.«
    Sie lächelte ihm unter Tränen zu.
    »Hör auf damit, Omi, sonst fang ich auch noch an zu flennen.«
    »Nein, du nicht. Du heulst doch nie. Nicht einmal als Kind, nicht einmal, als du dir den Arm verdreht hast, nie habe ich auch nur eine einzige Träne gesehen.«
    »Hör trotzdem auf.«
    Wegen der Schläuche traute er sich nicht, ihre Hand zu nehmen.
     
    »Franck?«
    »Ich bin da, Omi.«
    »Ich habe Schmerzen.«
    »Das ist normal, das geht vorbei, du mußt ein bißchen schlafen.«
    »Es tut zu weh.«
    »Ich sage es der Krankenschwester, bevor ich gehe, ich werde sie bitten, dir was zu geben.«
    »Du gehst doch nicht gleich?«
    »Aber nein!«
    »Erzähl mir was. Erzähl mir von dir.«
    »Warte, ich mach das Licht aus. Dieses Licht ist einfach zu gräßlich.«
     
    Franck zog die Jalousien hoch, und das Zimmer, das nach Westen ging, wurde plötzlich in sanftes Dämmerlicht getaucht. Anschließend verrückte er den Sessel, um neben ihrer guten Hand zu sitzen, und nahm sie in seine.
     
    Es fiel ihm anfangs schwer, die richtigen Worte zu finden, er, der noch nie ein großer Redner war und auch nicht gern von sich erzählte. Er fing mit Kleinigkeiten an, dem Wetter in Paris, der Umweltverschmutzung, der Farbe seiner Suzuki, der Beschriftung der Speisekarten und dergleichen.
     
    Und dann, angeregt durch die Abenddämmerung und das fast schon friedliche Gesicht seiner Großmutter, wurden seine Erinnerungen präziser, seine Vertraulichkeiten größer. Er erzählte ihr, warum er sich von

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