Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
Vom Netzwerk:
schob die Kissen auseinander und zwängte sich mit einer Pohälfte auf die mit Rankenmustern versehene Bank.
    »Ich sehe ihn nicht mehr.«
    »Wen? Vincent? Aber … Ich habe ihn neulich getroffen, er ging zur Metro.«
    »Wann neulich?«
    »Ich weiß nicht mehr. Anfang der Woche.«
    »Und ich sage Ihnen, daß ich ihn nicht mehr sehe! Er ist verschwunden. Mit meinem Pikou, der uns jede Nacht wach macht, kann er mir nicht entwischen, wie Sie sich denken können. Und jetzt, finito. Ich habe Angst, daß ihm was zugestoßen ist. Man müßte mal nachschauen, meine Liebe. Nach oben gehen.«
    »In Ordnung.«
    »Heiliger Bimbam. Glauben Sie, er ist tot?«
    Camille öffnete die Tür.
    »Hören Sie. Wenn er tot ist, kommen Sie sofort zu mir. Es ist nur …« fügte sie hinzu und befingerte ihr Medaillon, »ich will keinen Skandal hier im Haus, verstehen Sie?«
     
     
     
     
     
    8
     
     
     
    »Ich bin’s, Camille, machst du mir auf?«
    Bellen und Verwirrung.
    »Machst du mir auf, oder soll jemand die Tür aufbrechen?«
    »Ich kann nicht«, sagte eine rauhe Stimme. »Mir geht’s zu schlecht. Komm später wieder.«
    »Wann später?«
    »Heut abend.«
    »Brauchst du was?«
    »Nein. Laß mich.«
    Camille kam noch einmal zurück:
    »Soll ich deinen Hund ausführen?«
    Keine Antwort.
     
    Langsam ging sie die Treppe hinunter.
    Sie saß in der Klemme.
    Sie hätte ihn nie hierherholen dürfen. Mit anderer Leute Eigentum großzügig umgehen, das war leicht. Ja, ja, das ist schon klar, nun hatte sie ihren Heiligenschein! Einen Fixer im siebten Stock, eine Oma in ihrem Bett, diese kleine Welt, für die sie die Verantwortung trug, und sie, die sich immer am Geländer festhalten mußte, um nicht auf die Schnauze zu fallen. Ein super Motiv. Applaus. Was für eine Glorie, wahrhaftig. Bist du jetzt zufrieden mit dir? Stören dich die Flügel nicht beim Laufen?
    Ach, halt die Klappe. Sicherer ist, wenn man nichts macht?
    Nein, wir sagen doch nur … äh … nimm’s nicht persönlich, aber es gibt noch mehr Penner auf der Straße. Direkt vor der Bäckerei zum Beispiel ist noch einer. Warum liest du den nicht auf? Weil er keinen Hund hat? Scheiße, wenn er das wüßte.
    Du gehst mir auf die Nerven, fuhr Camille sich selbst an. Du gehst mir total auf die Nerven.
     
    Komm schon, sagen wir’s ihm. Aber keinen großen, ja? Einen kleinen. Einen kleinen gelockten Malteser, der vor Kälte zittert. Oh ja, das wäre gut. Oder auch einen Welpen? Einen Welpen, der sich in seiner Jacke zusammenringelt. Dann wirst du auf der Stelle schwach. Außerdem sind bei Philibert noch genug Zimmer frei.
     
    Niedergeschlagen setzte sich Camille auf eine Stufe und legte den Kopf auf die Knie.
    Rekapitulieren wir.
    Sie hatte ihre Mutter seit fast einem Monat nicht gesehen. Sie mußte sich unbedingt melden, sonst war bald wieder eine Überdosis fällig, inklusive Sanitätswagen und Magensonde. Sie war seit langem daran gewöhnt, trotzdem war es kein Vergnügen. Anschließend brauchte sie Zeit, um sich davon zu erholen. Tz tz … Einfach zu empfindlich, die Kleine.
     
    Paulette bewegte sich trittsicher zwischen 1930 und 1990, verlor aber zwischen gestern und heute den Boden unter den Füßen, und es wurde nicht besser. Zuviel Glück vielleicht? Es war, als würde sie sich langsam zu Boden sinken lassen. Außerdem verschwamm ihr alles vor den Augen. Okay. Bis jetzt war es gegangen. Gerade hielt sie ihren Mittagsschlaf, und bald würde Philou zusammen mit ihr Wer wird Millionär? ansehen und alle Fragen beantworten können. Das liebten sie beide. Perfekt.
     
    Was Philibert betraf, so war er jetzt Theaterdirektor Louis Jouvet und Bühnenschriftsteller Sacha Guitry in einer Person. Er hatte angefangen zu schreiben, zog sich dazu in sein Zimmer zurück und ging zweimal die Woche zur Probe. Keine Nachrichten von der Liebesfront? Gut. Keine Nachrichten, gute Nachrichten.
     
    Franck. Nichts Besonderes. Nichts Neues. Alles lief gut. Seine Oma war im Warmen, sein Motorrad auch. Er kam nur nachmittags, um zu schlafen, und arbeitete weiterhin sonntags. »Ein bißchen noch, verstehst du? Ich kann sie jetzt nicht einfach im Stich lassen. Ich muß einen Ersatz für mich suchen.«
    Wie ist das gemeint? Einen Ersatz oder eine noch größere Maschine? Sehr gewieft, der Junge. Sehr gewieft. Und warum sollte er sich auch einschränken? Wo war das Problem? Er hatte um nichts gebeten. Und nach den ersten Tagen der Euphorie war er wieder in seine Kochtöpfe abgetaucht. Nachts

Weitere Kostenlose Bücher