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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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heut keine Lust. Sagt mal, hm. War gestern nicht Frühlingsanfang?«
    Die anderen verstanden die Welt nicht mehr. Von dem einen, der in seinen Hieroglyphen lebte, wie von den anderen, die seit Wochen kein Zeitgefühl mehr besaßen, war nicht das geringste Echo zu erwarten.
    Er ließ sich nicht aus der Fassung bringen:
    »Aber ja, ihr Pariser Stadtpflanzen! Es ist Frühling, sag ich euch!«
    »Wirklich?«
    Etwas träge, das Publikum.
    »Ist euch das so egal?«
    »Nein, nein.«
    »Doch, das ist euch egal, das seh ich doch.«
    Er war ans Fenster getreten:
    »Also, ich mein ja nur. Es ist schade, mitanzusehen, wie die Chinesen auf dem Champ-de-Mars emporsprießen, wo wir ein schönes Häuschen auf dem Lande haben wie alle Geldsäcke in diesem Haus, und wenn ihr euch etwas beeilen würdet, könnten wir noch auf dem Markt von Azay vorbei und ein paar leckere Sachen fürs Mittagessen kaufen. Das heißt, das ist meine Meinung. Wenn euch das nicht reizt, geh ich wieder ins Bett.«
    Einer Schildkröte gleich streckte Paulette ihren alten runzligen Hals unter dem Panzer hervor:
    »Was?«
    »Ach. Was ganz Einfaches nur. Ich dachte an Kalbskotelett mit gemischtem Gemüse. Und vielleicht Erdbeeren zum Nachtisch. Aber nur, wenn sie schön sind. Sonst mach ich einen Apfelkuchen. Wir müssen mal sehen. Einen kleinen Bourgueil von meinem Freund Christophe dazu und ein Mittagsschläfchen in der Sonne, macht euch das an?«
    »Und deine Arbeit?« fragte Philibert.
    »Pff … Ich mach doch nun wirklich genug, oder?«
    »Und wie kommen wir da hin?« meine Camille ironisch, »in deinem Topcase?«
     
    Er nahm einen Schluck Kaffee, bevor er genüßlich fallenließ:
    »Ich hab ein schönes Auto, es steht vor der Tür, dieser verfluchte Pikou hat es heute morgen schon zweimal getauft, der Rollstuhl liegt zusammengeklappt hinten drin, und ich hab vorhin vollgetankt.«
    Er stellte seine Tasse ab und nahm das Tablett:
    »Los, Beeilung, Kinder. Ich muß noch Erbsen enthülsen.«
    Paulette fiel aus dem Bett. Daran war nicht das Kleinhirn schuld, sondern die Überstürzung.
     
    Gesagt, getan, und das Getane wurde jede Woche wiederholt.
    Wie alle Geldsäcke – aber ohne sie, weil diese einen Tag Vorsprung hatten – standen sie am Sonntag sehr früh auf und kamen am Montagabend zurück, die Arme voller Lebensmittel, Blumen, Skizzen und einer gesunden Müdigkeit.
     
    Paulette erwachte zu neuem Leben.
     
    Mitunter erlitt Camille einen Anfall von Klarsicht und sah den Dingen ins Auge. Was sie mit Franck lebte, war sehr angenehm. Laß uns fröhlich sein, verrückt sein, die Türen verrammeln, etwas in die Rinden ritzen, unser Blut mischen, nicht mehr darüber nachdenken, uns gegenseitig erforschen, uns entblättern, ein bißchen leiden, von heute an die Rosen des Lebens pflücken, blablabla, aber es würde nie funktionieren. Sie hatte keine Lust, sich darüber auszulassen, aber an ihrer Affäre war nun einmal etwas faul. Zu viele Unterschiede, zu viele … Kurzum. Weiter. Es gelang ihr nicht, die hingebungsvolle und die wachsame Camille zusammenzubringen. Immerzu betrachtete die eine naserümpfend die andere.
    Traurig, aber wahr.
     
    Und dann auch wieder nicht. Manchmal gelang ihr ein distanzierter Blick, und die beiden Nervensägen verschmolzen zu einer einzigen, entwaffnet und naiv. Manchmal führte er sie in die Irre.
     
    An diesem Tag, zum Beispiel. Der Coup mit dem Auto, dem Mittagsschlaf, dem Markt und alledem war schon nicht schlecht, aber das Beste kam noch.
    Das Beste kam, als er am Ortseingang hielt und sich umdrehte:
    »Omi, du solltest etwas laufen und den Rest mit Camille zu Fuß zurücklegen. Wir werden das Haus in der Zwischenzeit aufmachen.«
    Genial.
    Denn man mußte sie gesehen haben, die kleine Oma in Moltonhausschuhen, wie sie sich am Arm ihres jugendlichen Spazierstocks festklammerte, der sich seit Monaten vom Ufer entfernte und in der Vase versank, wie sie langsam voranschritt, ganz langsam, um nicht auszurutschen, wie sie dann den Kopf hob, die Knie hochnahm und die Umklammerung lockerte.
    Das mußte man gesehen haben, um so alberne Worte wie Glück und Seligkeit zu erwägen. Dieses strahlende Lächeln plötzlich, diese königliche Haltung, das Nicken in Richtung der sich bewegenden Vorhänge und ihre unerbittlichen Kommentare über den Zustand der Blumenkästen und der Gartenpfade.
    Wie schnell sie mit einem Mal lief, wie ihre Gesichtsfarbe wiederkehrte, mit den Erinnerungen und dem Geruch des lauwarmen Teers.
     
    »Sieh

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