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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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ähnelte und der an einem Reisfeld entlanglief. Sie war noch nie in Asien gewesen, improvisierte aber im Hintergrund einen Berg im Nebel, Pinien, Felsen und sogar Chu Tas kleine Hütte auf einem Vorsprung. Sie hatte ihn mit seiner Nike-Mütze und der Trainingsjacke skizziert, jedoch mit nackten Beinen, nur mit dem traditionellen Lendenschurz bekleidet. Sie fügte noch ein paar Pfützen hinzu, die unter seinen Füßen spritzten, und ein paar Jungen, die ihm folgten.
     
    Sie trat zurück, um ihre Arbeit zu begutachten.
    Viele Details gefielen ihr zwar nicht, aber er sah glücklich aus, wirklich glücklich, also stellte sie einen Teller unter die Tischdecke, öffnete das Gläschen mit Zinnoberrot und drückte ihr Siegel rechts in die Mitte. Sie stand auf, räumte den Tisch des Alten ab, holte ihre Zeichnung und legte sie vor ihn hin.
    Er reagierte nicht.
     
    Oje, dachte sie, da habe ich mir wohl einen Patzer geleistet.
     
    Als seine Nichte aus der Küche kam, gab er ein langes, leidvolles Lamento von sich.
    »Es tut mir leid«, sagte Camille, »ich dachte …«
    Die Frau bedeutete ihr zu schweigen, holte eine Brille mit dicken Brillengläsern hinter der Theke hervor und schob sie unter die Mütze. Er beugte sich feierlich über das Bild und fing an zu lachen. Ein kindliches Lachen, kristallklar und fröhlich. Er weinte und lachte dann wieder, schaukelte hin und her, die Arme vor der Brust verschränkt.
     
    »Er möchte mit Ihnen Sake trinken.«
    »Gern.«
    Sie holte eine Flasche, er brüllte, sie seufzte und verschwand in der Küche.
    Sie kam mit einer anderen Flasche zurück, gefolgt vom Rest der Familie. Einer älteren Frau, zwei Männern um die Vierzig und einem Jugendlichen. Lachen, Rufe, Verbeugungen und Gefühlsausbrüche jeglicher Art. Die Männer klopften ihr auf die Schulter, und der Junge klatschte mit ihr ab, wie Sportler es tun.
     
    Anschließend kehrten alle auf ihre Posten zurück, und die junge Frau stellte zwei Gläser vor sie hin. Der Alte prostete ihr zu und leerte sein Glas, bevor er es von neuem füllte.
    »Ich warne Sie, er wird Ihnen sein ganzes Leben erzählen.«
    »Kein Problem«, sagte Camille, »ohhh … ganz schön stark.«
    Die junge Frau zog sich lachend zurück.
     
    Jetzt waren sie allein. Der Alte schwatzte, und Camille lauschte ihm voller Hingabe und nickte nur, wenn er ihr die Flasche hinhielt.
     
    Sie hatte Mühe, aufzustehen und ihre Sachen zusammenzupacken. Nachdem sie sich unzählige Male verbeugt hatte, um sich von dem Alten zu verabschieden, kam ihr die junge Frau an der Tür zu Hilfe und zog am Knauf, den sie seit geraumer Zeit unter albernem Gelächter unerbittlich drückte.
    »Sie sind hier zu Hause, verstanden? Sie können zum Essen kommen, wann immer Sie wollen. Wenn Sie nicht kommen, wird er böse sein … Und traurig.«
     
    Als sie zur Arbeit kam, war sie völlig betrunken.
    Samia war ganz aufgeregt:
    »He, hast du einen Typen kennengelernt?«
    »Ja«, gab Camille verschämt zu.
    »Ehrlich?«
    »Ja.«
    »Nee … Ist nicht wahr. Wie ist er? Süß?«
    »Total süß.«
    »Oh, cool … ie alt?«
    »Zweiundneunzig.«
    »Quatsch nicht, du Nuß, wie alt?«
    »He, Mädels … ollt ihr euch mal bewegen!«
    Die Josy zeigte auf das Zifferblatt ihrer Uhr.
     
    Camille zog glucksend davon und verfing sich mit den Füßen im Schlauch ihres Staubsaugers.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    9
     
     
     
    Mehr als drei Wochen waren vergangen. Franck, der jeden Sonntag in einem Restaurant auf den Champs-Élysées Extraschichten schob, fuhr montags zu seiner Großmutter ans Krankenbett.
     
    Sie befand sich mittlerweile in einem Reha-Zentrum, wenige Kilometer nördlich von Paris, und wartete seit Tagesanbruch auf seinen Besuch.
    Er hingegen mußte sich den Wecker stellen. Er schlurfte wie ein Zombie in die Eckkneipe, trank zwei, drei Kaffee hintereinander weg, schwang sich aufs Motorrad und schlief auf dem schrecklichen schwarzen Kunstledersessel neben ihr wieder ein.
     
    Wenn ihr Essenstablett kam, legte die alte Frau den Zeigefinger auf den Mund und deutete mit dem Kopf auf das große Baby, das ihr zusammengerollt Gesellschaft leistete. Sie bedachte ihn mit einem zärtlichen Blick und sorgte dafür, daß sein Oberkörper von der Jacke ganz bedeckt war.
    Sie war glücklich. Er war da. Ganz da. Nur für sie.
     
    Sie traute sich nicht, die Krankenschwester zu rufen, damit sie ihr Bett hochstellte, hielt die Gabel

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