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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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hoch, sonst fliegt die Sicherung raus. Auf dem Treppenabsatz gibt’s ein Stehklo. Normalerweise bist du der einzige, der es benutzt. Ich sage normalerweise, weil ich gegenüber schon mal Stimmen gehört habe, aber ich habe noch nie jemanden gesehen. Hm. Was noch? Ach ja! Ich habe mal mit einem Drogenabhängigen zusammengewohnt, ich weiß also, wie das hier ausgeht. Ich weiß, daß du eines Tages, morgen vielleicht, verschwunden sein wirst und alles hier ausgeräumt hast. Ich weiß, daß du versuchen wirst, alles zu verscherbeln, um dir ein paar schöne Momente zu verschaffen. Die Heizung, die Elektroplatten, die Matratze, das Päckchen Zucker, die Handtücher, alles. Okay, ich weiß das. Ich bitte dich nur um eins, sei diskret. Das hier gehört nämlich auch nicht wirklich mir. Ich würde dich also bitten, mir keine Scherereien zu machen. Wenn du morgen noch da bist, spreche ich mit der Concierge, damit du keinen Ärger bekommst. Das war’s.«
    »Wer hat das hier gemalt?« fragte er und zeigte auf eine Perspektivzeichnung. Ein riesiges Fenster, das auf die Seine ging, mit einer Möwe auf dem Balkon.
    »Ich.«
    »Hast du da gewohnt?«
    »Ja.«
    Barbès inspizierte mißtrauisch die Örtlichkeiten und rollte sich dann auf der Matratze zusammen.
    »Ich geh dann mal.«
    »He?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil mir exakt dasselbe passiert ist. Ich war draußen, und jemand hat mich hierhergebracht.«
    »Ich werd nicht lange bleiben.«
    »Ist mir egal. Sag nichts. Ihr sagt sowieso nicht die Wahrheit.«
    »Ich werde in Marmottan gesucht.«
    »Ah, ja. Gut, träum schön.«
     
     
     
     
    9
     
     
     
    Drei Tage später zog Madame Perreira den erhabenen Store auf und sprach sie in der Eingangshalle an:
    »Sagen Sie, Mademoiselle …«
    Verdammt, das kam prompt. Wie nervig. Dabei hatten sie ihr doch fünfzig Euro zugesteckt.
    »Guten Tag.«
    »Ja, guten Tag, sagen Sie …«
    Sie verzog das Gesicht.
    »Dieser Dreckfink, der ist doch mit Ihnen befreundet?«
    »Pardon?«
    »Der Motorradfahrer hier?«
    »Eh … Ja«, antwortete sie erleichtert. »Gibt’s ein Problem?«
    »Nicht eins! Fünf! Der bringt mich langsam auf die Palme, der Kerlemann! Macht mir wirklich Spaß! Kommen Sie mit, daß ich es Ihnen mal zeige!«
    Sie folgte ihr auf den Hof.
    »Sehen Sie?«
    »Ich … Ich sehe nichts.«
    »Die Ölflecken.«
     
    In der Tat, mit einer starken Lupe konnte man auf dem Pflaster deutlich fünf kleine schwarze Punkte erkennen.
    »Diese Maschinen sind ja schön und gut, aber sie machen Dreck, bestellen Sie ihm von mir, daß es nicht umsonst Zeitungen gibt, ja?«
     
    Als das Problem geregelt war, wurde sie umgänglicher. Ein kleiner Kommentar über das Wetter: »Das ist gut so. Hält uns das Ungeziefer vom Leib.« Über die glänzenden Messinggriffe: »Eins ist sicher, um die sauberzuhalten, muß man ständig hinterher sein.« Über die mit Hundekacke verschmierten Räder der Buggys. Über die Dame aus dem fünften Stock, die soeben ihren Mann verloren hatte, die Ärmste. Und sie war wieder ganz friedlich.
    »Madame Perreira …«
    »Ja?«
    »Ich weiß nicht, ob Sie es mitbekommen haben, aber ich habe im siebten Stock einen Freund von mir einquartiert.«
    »Oh! Ich mische mich nicht in Ihre Angelegenheiten! Wer kommt, wer geht. Ich sage nicht, daß ich immer alles verstehe, aber …«
    »Er hat einen Hund.«
    »Vincent?«
    »Eh …«
    »Sie meinen doch Vincent! Den Aidskranken mit dem kleinen Griffon?«
    Camille war sprachlos.
    »Er ist gestern bei mir vorbeigekommen, weil mein Pikou wie verrückt hinter der Tür gebellt hat, darauf haben wir unsere Tiere miteinander bekanntgemacht. So ist es einfacher. Sie wissen ja, wie sich das abspielt. Sie schnüffeln einmal ordentlich am Hintern des anderen, und schon haben wir unsere Ruhe. Warum sehen Sie mich so an?«
    »Warum sagen Sie, daß er Aids hat?«
    »Jesus Maria, weil er es mir gesagt hat! Wir haben zusammen ein Glas Portwein getrunken. Wollen Sie auch eins?«
    »Nein, nein … Ich … ich danke Ihnen.«
    »Ja, ja, das ist schlimm, aber ich hab ihm schon gesagt, heute kann man das heilen. Die haben die richtigen Medikamente gefunden.«
     
    Sie war so perplex, daß sie vergaß, mit dem Fahrstuhl zu fahren. Was war das für ein Chaos? Warum waren die Geschirrtücher nicht bei den Geschirrtüchern und das Frottee nicht beim Frottee?
    Wo lief das alles hin?
    Das Leben war weniger kompliziert, wenn sie nur ihre Steine stapelte. Komm, sag das nicht, du blöde Nuß.
    Nein, hast

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