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Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält

Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält

Titel: Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sennett Richard
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Kindern, die eine Sandburg bauen, oder bei Männern und Frauen, die aus Sandsäcken einen Damm gegen eine drohende Flut errichten. Ohne weiteres erkennbar, weil gegenseitige Hilfe in den Genen aller sozialen Tiere angelegt ist. Sie kooperieren, um etwas zu schaffen, das sie allein nicht schaffen könnten.
    Kooperation hat viele Formen. Sie lässt sich mit Wettbewerb kombinieren, etwa wenn Kinder bei der Formulierung von Spielregeln kooperieren, in deren Rahmen sie dann miteinander konkurrieren. Bei den Erwachsenen findet sich dieselbe Kombination aus Kooperation und Wettbewerb auf Märkten, im Wahlkampf und in diplomatischen Verhandlungen. Zu einem eigenständigen Wert wird Kooperation in religiösen wie auch weltlichen Ritualen. Das gemeinsame Feiern der Eucharistie oder eines Sederabends erfüllt die Theologie mit Leben. Umgangsformen wie ein kurzes »Bitte« oder »Danke« setzen abstrakte Vorstellungen von gegenseitigem Respekt in die Praxis um. Kooperation kann formell oder informell sein. Menschen, die an einer Straßenecke herumstehen oder gemeinsam in einer Kneipe hocken, plaudern miteinander, ohne dabei ausdrücklich zu denken: »Ich kooperiere.« Das Handeln ist eingebettet in die Erfahrung gemeinsamen Vergnügens.
    Wie der menschliche Tribalismus deutlich macht, kann Kooperation auch Ergebnisse zeitigen, die für andere schädlich sind. Banker praktizieren solch eine Kooperation in Form von Insiderhandel und Spezi-Geschäften. Hier handelt es sich um legalen Raub, doch Verbrecherbanden gehen nach denselben sozialen Prinzipien vor. Sowohl Banker als auch Bankräuber arbeiten mit geheimen Absprachen, der dunklen Seite der Kooperation. Mit geheimen Absprachen und Verdunklung befasste sich im 18. Jahrhundert Bernard Mandeville in seiner berühmten Bienenfabel , und er meinte, auch gemeinsame Laster könnten gelegentlich das öffentliche Wohl fördern, allerdings nur, wenn die Menschen nicht unter religiösen, politischen oder sonstigen Überzeugungen »litten«. 5
    In diesem Buch möchte ich mich – ohne solchen Zynismus – auf einen kleinen Bereich dessen konzentrieren, was wir gegen eine destruktive Kooperation nach Art des »Wir-gegen-sie« oder gegen betrügerische Kooperation tun könnten. Die gute Alternative ist eine anspruchsvolle und schwierige Art von Kooperation. Sie versucht, Menschen zusammenzubringen, die unterschiedliche oder gegensätzliche Interessen verfolgen, die kein gutes Bild voneinander haben, verschieden sind oder einander einfach nicht verstehen. Die Herausforderung besteht darin, auf andere Menschen nach deren eigenen Bedingungen einzugehen. Das ist die Herausforderung, die sich jedem Konfliktmanagement stellt.
    Der Philosoph und Politiker Michael Ignatieff hält solche Sensibilität für eine ethische Disposition, eine im Individuum verankerte Geisteshaltung. 6 In meinen Augen geht sie jedoch aus praktischem Handeln hervor. Zu den Ergebnissen eines guten Konfliktmanagements, etwa im Krieg oder bei politischen Auseinandersetzungen, gehört die Tatsache, dass solche Kooperation soziale Gruppen über die Unbilden und Umbrüche der Zeit hinweg mit Kraft erfüllt. Kooperation dieser Art kann Individuen und Gruppen außerdem helfen, die Folgen ihres eigenen Handelns zu erkennen. Im Geiste der Großzügigkeit sollten wir deshalb den Banker nicht als Menschen abschreiben. Wenn er einen sittlichen Maßstab für sein eigenes Handeln finden soll, müsste er die Auswirkungen seines Tuns auf Menschen ermessen, die ganz anders sind als er, auf Kleinunternehmer, säumige Hypothekenschuldner oder anderweitig in Schwierigkeiten geratene Kunden. Und das heißt letztlich, dass wir durch anspruchsvolle Formen der Kooperation Selbsterkenntnis zu gewinnen vermögen.
    Harte Kooperation verlangt gewisse Fertigkeiten. Aristoteles definierte Fertigkeiten als techné , als Kunst, etwas hervorzubringen und etwas gut zu tun. Der islamische Philosoph Ibn Khaldun glaubte, Fertigkeiten seien die Domäne der Handwerker. Vielleicht geht es Ihnen wie mir und Sie mögen den Ausdruck »soziale Fertigkeiten« nicht, weil er an Menschen denken lässt, die geschickt darin sind, auf Cocktailpartys Konversation zu betreiben oder Ihnen Dinge zu verkaufen, die Sie nicht brauchen. Es gibt indes auch soziale Fertigkeiten seriöserer Art. Dazu gehört ein ganzes Spektrum, das von gutem Zuhören und taktvollem Verhalten über das Ausfindigmachen von Übereinstimmungen bis hin zum geschickten Umgang mit Meinungsverschiedenheiten

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