Zutritt verboten
Kampfmaschinen wären ausschließlich im Gebirge stationiert gewesen. Zu unserer Testuntersuchung war nur einer davon in die Kommandantur geholt worden. Wäre das nicht so gewesen, dann hatten wir jetzt auch keine Druckkuppeln mehr gehabt. Marsianische Energiestrahler wären gegen den Willen der Schützen sehr schnell mit dem bißchen Panzerplastik fertig geworden.
Wir waren längst in Gewebeverbände eingehüllt, als endlich der Alte auftauchte. Verschwitzt und polternd betrat er den engen Raum. Wortlos drückte er uns die Hände.
„Lassen Sie nur Ihren Bericht“, polterte er. „Ich weiß von Manzo schon alles. Fragen Sie auch nicht, ob es auf dem Mars auch noch eine Deneber-Station gibt. Das ,Gedächtnis’ verneint es mit hundertprozentiger Gewißheit. Die hatten in dem künstlichen Mond derart viel Platz, daß sie auf keine anderen Orte mehr angewiesen waren. Nebenbei, Major, unsere zwei neuen Plasma-Kreuzer sind vor etwa einer Stunde gestartet. Ich wette, daß sie gut durchkommen, zumal Sie das wahrscheinlich letzte Raumschiff der Deneber vernichtet haben. Ich denke, daß der Fall ,Deneb’ für alle Zeiten erledigt ist.“
Er lachte leise und ließ sich erschöpft auf die Kante des Lagers sinken. Ich konnte mir vorstellen, daß er in den letzten Tagen keine Minute mehr geschlafen hatte. Das bestätigte er auch mit seinen letzten Worten:
„Konnat – Sie haben die gesamte GWA in Atem gehalten, glauben Sie das. Was denken Sie wohl, was los war, bis wir endlich Ihre Schockgewehre umgebaut hatten! Bis die Spezialbombe fertig war und all das andere Zeug. Wir. hatten Glück, daß Sie nicht wirklich auf dem Mars landeten. Mit Phobos hatte niemand gerechnet, noch nicht einmal das Robotgehirn. Nicht zu glauben! Sie dürften für einige Jahrhunderte die einzigen Menschen bleiben, die jemals einen lichtschnellen Raumflug erlebt haben.“
„Das war das einzig Schöne an der ganzen Sache“, behauptete Hannibal sinnend. „Ich –!“
Er verstummte mitten im Satz und fuhr auf. Der Gewebeverband quietschte. Leichenblaß sah er mich an.
„Was ist denn?“ fragte General Reling beunruhigt.
„Großer“, stöhnte Hannibal, „Großer – bin ich eigentlich noch normal? Guter Gott, die Roboter hatten uns ja im Roten Leuchten! Wieviel Stunden sind seitdem vergangen? Großer, bin ich noch normal?“
Ich nickte stumm. Unablässig hatte ich daran denken müssen, und die gräßliche Furcht vor einem Ende in völliger Apathie hatte mich bald gelähmt. Doch jetzt glaubte ich nicht mehr daran.
„Das war meine Angst, ehe ich diesen Raum betrat“, sagte Reling schweratmend. „Konnat – wissen Sie jetzt, warum ich Ihnen die Netze in die Kopfschwarten einsetzen ließ? Es sind mehr als sieben Stünden vergangen. Die abschirmenden Netze haben bei Ihnen ihre Schuldigkeit getan. Das Rote Leuchten war bei Ihnen wirkungslos.“
Zutiefst erlöst fiel er in die Schaumkissen zurück. Draußen, über dem Mond, lag noch immer die Nacht. Aber es mußte bald Tag werden, so wie es immer wieder Tag wurde auf der nahen und doch so fernen Erde.
Der russische Geheimdienstchef erkundigte sich nach unserem Befinden. Die Säuberungsaktion war abgeschlossen; die wenigen Kampfroboter vernichtet und die Nachahmungen erschossen.
Als er gehen wollte, hielt ich ihn mit einem kurzen Ruf zurück.
„Ja?“
„General – wird es nun zwischen Ihnen und uns so bleiben, wie es jetzt ist? Ich meine – arbeiten wir friedlich Hand in Hand, oder soll der Kalte Krieg zwischen den Geheimdiensten wieder aufleben?“
Er sah mich lange an, ehe er bedächtig den Kopf schüttelte.
„Nein, das nicht mehr. Seitdem wir wissen, daß wir im weiten All nicht alleine sind, dürfte sich das überlebt haben. Darauf können Sie vertrauen, Major! Diese Tatsache ist ein besserer Garant für den wirklichen Frieden zwischen den Erdenvölkern als die sogenannte menschliche Vernunft. Darauf hätte ich mich wenigstens nicht verlassen – ich nicht!“
Leise lachend schritt er hinaus, und ich war zufrieden; endlich einmal zufrieden, obwohl es nun im Sonnensystem einen Mond weniger gab.
–ENDE –
Nachdruck der Buchausgabe: Zutritt verboten
„TERRA“-Utopische Romane/Science Fiction – erscheint wöchentlich im Moewig-Verlag, München 2, Türkenstraße 24. Postscheckkonto München 139 68. – Erhältlich bei allen Zeitschriftenhandlungen. Preis je Heft 60 Pfennig. Gesamtherstellung: Buchdruckerei A. Reiff & Cie. Offenburg (Baden). – Für die
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