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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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Mousqueton mit einer gelehrten Miene, »so nehmt ein bißchen Nahrung.«
    »Ihr nennt das Nahrung?« entgegnete Blaisois, während er mit kläglicher Miene und verächtlich auf das Gerstenbrot und den Bierkrug hinzeigte. Grimaud fand es der Mühe wert, sich ins Mittel zu legen; er deutete mit dem Finger nach dem Laderaum und sagte:
    »Portwein!« Das war ein Schlagwort. Die Bedienten waren sich bald darüber einig, was zu machen sei, damit man unauffällig an die Fässer herankäme. Grimaud rüstete sich mit einem Bohrer und einem Kruge aus und verschwand im Laderaum, während Mousqueton Wache hielt, um ihn, falls jemand kommen sollte, zu warnen. Grimaud war kaum gegangen, als Mousqueton leise Schritte vernahm. Er pfiff auf eine Weise, die den Bedienten in den Tagen ihrer Jugend vertraut war, begab sich wieder auf seinen Platz am Tische und winkte Blaisois, desgleichen zu tun. Blaisois gehorchte.
    Die Türe ging auf. Zwei Männer in Mäntel gehüllt traten ein. »O, o!« rief der eine von ihnen, »um ein Viertel nach elf Uhr noch nicht im Bette? Das ist gegen die Vorschrift. In einer Viertelstunde soll alles ausgelöscht sein und jedermann schnarchen.« Die zwei Männer gingen zu der Türe jener Abteilung, in welche Grimaud geschlüpft war, schlossen die Türe auf, traten ein und sperrten hinter sich wieder ab.
    »Ha,« rief Blaisois schaudernd, »er ist verloren!«
    »Grimaud ist ein feiner Fuchs,« murmelte Mousqueton. Sie erwarteten mit lauschendem Ohre und gesperrtem Odem, was da kommen mag. Es vergingen zehn Minuten, ohne daß man ein Geräusch vernahm, welches hätte vermuten lassen, daß Grimaud entdeckt sei. Nachdem diese Zeit verflossen war, sahen Mousqueton und Blaisois die Türe wieder aufgehen, die Männer in den Mänteln traten hervor, versperrten die Türe wieder mit derselben Vorsicht wie bei ihrem Eintreten, und entfernten sich mit der Wiederholung des Befehls, das Licht auszulöschen und sich schlafen zu legen.
    »Werden wir Folge leisten?« fragte Blaisois, »mir kommt das alles verdächtig vor.«
    »Sie sagten: eine Viertelstunde, wir haben noch fünf Minuten,« bemerkte Mousqueton.
    »Wenn wir es den Herren meldeten?«
    »Warten wir noch auf Grimaud.«
    »Wenn sie ihn aber getötet haben?«
    »Grimaud hätte gerufen.«
    »Ihr wißt ja, er ist fast stumm.«
    »So hätten wir die Stöße gehört.«
    »Doch, wenn er nicht zurückkommt?«
    »Hier ist er!«
    Grimaud öffnete die Tür und steckte durch dieselbe seinen totenfahlen Kopf, dessen Augen, vor Entsetzen gerundet, kleine Pupillen in weiten weißen Kreisen sehen ließen. Er trug den mit einer gewissen Substanz angefüllten Krug in der Hand, näherte ihn dem Scheine des Lichtes, den die dampfende Lampe verbreitete, und murmelte die einfache Silbe: »O!« mit einem so schreckenvollen Ausdrucke, daß Mousqueton entsetzt zurückprallte und Blaisois ohnmächtig zu werden schien. Nichtsdestoweniger warfen beide einen neugierigen Blick in den Bierkrug – er war voll Pulver! Als nun Grimaud überzeugt war, daß das Schiff anstatt mit Wein, mit Pulver beladen sei, eilte er nach der Luke und machte nur einen Satz bis zur Kajüte, worin die vier Freunde schliefen. Als er da ankam, drückte er vorsichtig die Türe, welche im Aufgehen sogleich d'Artagnan weckte, da er hinter ihr lag.
    Er hatte noch kaum Grimauds entstelltes Antlitz gesehen, so verstand er schon, daß etwas Ungewöhnliches vorgehe, und wollte rufen, allein Grimaud legte mit einer noch schnelleren Bewegung als das Wort selbst einen Finger an seine Lippen und blies mit einem Hauche, den man in einem so schwachen Körper nicht vermutet hätte, die kleine Nachtlampe aus, die drei Schritte entfernt stand. D'Artagnan erhob sich auf dem Ellbogen, Grimaud ließ sich auf ein Knie nieder, und so den Hals gestreckt und die Sinne gespannt, flüsterte er ihm eine Erzählung in das Ohr, welche dramatisch genug war, um Gebärden- und Mienenspiel zu entbehren. Während dieser Mitteilung schliefen Athos, Porthos und Aramis so fest, als hätten sie acht Tage lang nicht geschlafen, und im Zwischendecke knüpfte Mousqueton aus Vorsicht seine Nesteln, indes Blaisois voll Entsetzen und mit gesträubten Haaren dasselbe zu tun versuchte. Nun sehen wir, was vorgefallen ist. Grimaud war kaum durch die Öffnung verschwunden und in die erste Abteilung gelangt, als er um sich forschte und ein Faß antraf. Er pochte, dieses Faß war leer; allein das dritte, an dem er den Versuch wiederholte, gab einen so dumpfen Ton von

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