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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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Doch glauben Sie nur eines, Madame, das eben so wahr ist, als es noch ein Herz gibt, das in dieser Brust für Sie schlägt, glauben Sie, daß Sie der beständige Abgott unseres Lebens waren, welches wir – mein Gott, Sie wissen es wohl – zwanzigmal für Ihre Majestät eingesetzt haben. O, Madame, sagen Sie nun, sollte denn Ihre Majestät kein Mitleid mit Ihren Dienern fühlen, die seit zwanzig Jahren kümmerlich in der Dunkelheit gelebt, ohne daß sie in einem einzigen Seufzer die heiligen und feierlichen Geheimnisse entschlüpfen ließen, die sie, mit Ihnen zu teilen, so glücklich waren? Würdigen Sie mich eines Blickes, Madame, mich, der zu Ihnen spricht, mich, den Ihre Majestät beschuldigt, daß ich die Stimme erhebe und einen drohenden Ton annehme? Wer bin ich? Ein armer Offizier, ohne Vermögen, ohne Obdach, ohne Zukunft, wenn der Blick der Königin, den ich so lange gesucht, nicht einen Moment auf mir ruht. Betrachten Sie den Herrn Grafen de la Fère, ein Vorbild des Adels, eine Blume der Ritterschaft, er nahm Partei gegen seine Königin – nicht doch, er nahm vielmehr Partei gegen ihren Minister, und wie ich glaube, macht dieser keine Ansprüche. Sehen Sie endlich, Herrn du Vallon, dieses getreue Herz, diesen ehernen Arm, er erwartet schon seit zwanzig Jahren ein Wort aus Ihrem Munde, das ihn durch das Wappen zu dem macht, was er durch Gesinnung und Tapferkeit ist. Blicken Sie endlich auf Ihr Volk, das Sie liebt und doch leidend ist; das Sie lieben, das aber nichtsdestoweniger hungert; das nichts lieber will, als Sie segnen, das Sie aber doch . . Nein, ich habe Unrecht. Ihr Volk wird Sie niemals verwünschen, Madame. Nun denn, Madame, sprechen Sie ein Wort, und alles ist abgetan, der Friede folgt dem Kriege, die Freude den Tränen, der Jubel dem Jammer!«
    Die Königin Anna betrachtete mit einem großen Erstaunen das kriegerische Antlitz d'Artagnans, auf dem sich ein ungewöhnlicher Ausdruck von Rührung lesen ließ. »Warum.« fragte sie. »habt Ihr nicht alles das gesagt, ehe Ihr gehandelt?« »Madame,« entgegnete d'Artagnan, »weil es sich darum handelte, Ihrer Majestät Eines zu beweisen, woran Sie, wie mich dünkt, gezweifelt hat, daß wir nämlich noch einige Tapferkeit besitzen, und billig einige Beachtung verdienen.« »Und Eure Tapferkeit würde vor nichts zurückweichen, wie ich bemerke,« sprach die Königin. »Sie wich in der Vergangenheit vor nichts zurück,« entgegnete d´Artagnan, »was sollte sie weniger in der Zukunft tun?« »Und würde im Falle der Weigerung und folglich im Falle des Kampfes, die Tapferkeit so weit gehen, mich selbst in Mitte meines Hofes zu entführen, um mich der Fronde auszuliefern, wie Ihr es mit meinem Minister tun wolltet?« »Daran haben wir gar nie gedacht, Madame,« erwiderte der Gascogner mit jener gascognischen Prahlsucht, die bei ihm nichts als Treuherzigkeit war; »hätten wir es aber unter uns vier beschlossen, so würden wir es sicher ausführen.« »Ich sollte das wohl wissen,« murmelte die Königin Anna, »sie sind ja Männer von Eisen.« »Madame,« begann d'Artagnan wieder, »das beweise mir leider, daß Ihre Majestät erst von heute an eine richtige Ansicht hat.« »Gut,« versetzte Anna, »wenn ich aber diese Ansicht am Ende habe ...« »So würde uns Ihre Majestät Gerechtigkeit widerfahren lassen und uns sonach nicht mehr wie gewöhnliche Menschen behandeln. Sie würde in mir einen Botschafter erblicken, der würdig ist, mit Ihnen, seinem Auftrage gemäß, hohe Interessen zu besprechen.« »Wo ist dieser Auftrag?« »Hier ist er.« Die Königin richtete ihre Augen auf den Vertrag, den ihr d´Artagnan reichte. »Ich sehe hierin nur die allgemeinen Bedingnisse,« sprach sie. »Es befinden sich darin nur die Interessen des Herrn von Conti, des Herrn von Beaufort, des Herrn von Bouillon, des Herrn von Elboeuf und des Herrn Koadjutors – wo sind aber die Eurigen?« »Wir lassen uns damit, daß wir unsern Rang einnehmen, Gerechtigkeit widerfahren! Wir dachten, daß unsere Namen nicht würdig wären, neben diesen erhabenen Namen zu stehen.« »Ihr habt aber, wie mich dünkt, nicht darauf Verzicht geleistet, mir Eure Ansprüche mündlich vorzutragen?« »Madame, ich halte Sie für eine große und mächtige Königin, und glaube, es wäre Ihrer Größe und Macht unwürdig, die Tapferen nicht auf gebührende Art zu belohnen, die Seine Eminenz nach Saint-Germain zurückbringen werden.« »Das will ich eben,« versetzte die Königin; »sagt an, redet.«

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