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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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Mitternacht schlagen hörte, unternahm er es, in die Orangerie zu dringen.» Die erste mit Geräten verrammelte Türe erregte in ihm schon einigen Verdacht; doch wollte er diesen Verdacht noch niemandem mitteilen und bahnte sich einen Durchgang durch all dieses Zeug. Hierauf gelangte er in den Korridor und fand da alle Türen geöffnet. Ebenso verhielt es sich mit der Türe vor Athos' Zimmer und jener des Parkes. Als er dort ankam, war es ihm ein leichtes, den Fußspuren auf dem Schnee zu folgen. Er sah, daß diese Tritte an der Mauer endeten; auf der andern Seite fand er wieder dieselben Fußstapfen; dann die Huftritte der Pferde, dann die Spuren einer ganzen Reiterschar, die sich in der Richtung von Enghien hinzogen. Da blieb ihm denn kein Zweifel mehr übrig, daß der Kardinal von den drei Gefangenen entführt worden sei, da die drei Gefangenen mit ihm entschwunden waren, und so eilte er nach Saint-Germain, um der Königin dieses Verschwinden zu melden.
    Die Königin Anna hatte ihm Stillschweigen aufgetragen, und Bernouin leistete gewissenhaft Folge; nun ließ sie den Prinzen kommen, und teilte ihm alles mit, und der Prinz schickte sogleich fünf- bis sechshundert Reiter mit dem Befehle aus, die ganze Umgebung zu durchsuchen, und jede verdächtige Truppe, die sich in was immer für einer Richtung von Rueil entfernte, nach Saint-Germain zurückzuführen. Da aber d'Artagnan keine Truppe bildete, sondern allein war, da er sich nicht von Rueil entfernte, sondern nach Saint-Germain ging, so achtete seiner niemand, und seine Reise blieb ganz ungestört. Als unser Botschafter in den Hofraum des alten Schlosses hineinritt, war die erste Person, die er erblickte, Meister Bernouin selber, der an der Schwelle stand und Nachrichten über seinen verschwundenen Herrn erwartete. Bei d'Artagnans Anblick, der in den Ehrenhof ritt, rieb sich Bernouin die Augen und meinte, sich zu irren; allein d'Artagnan gab ihm mit dem Kopfe einen freundschaftlichen Wink, stieg ab, warf den Zügel seines Pferdes dem Arme eines vorbeigehenden Dieners zu, schritt zu dem Kammerdiener hin und begrüßte ihn mit lächelndem Munde. »Herr d'Artagnan,« rief dieser aus, wie jemand, der einen schweren Traum hat, und im Schlafe spricht, »Herr d'Artagnan.« »Ich bin es, Herr Bernouin!« »Und was wollen Sie hier tun?« »Nachrichten von Herrn von Mazarin überbringen, und zwar die neuesten.« »Was ist denn aus ihm geworden?« »Es geht ihm so wie mir und Euch.« »Ist ihm also nichts Widerwärtiges begegnet?« »Ganz und gar nichts; er fühlte nur die Luft zu einem Ausfluge nach Isle-de-France, und ersuchte uns, den Herrn Grafen de la Fère, Herrn du Vallon und mich, ihn zu begleiten. Wir waren zu sehr seine Diener, um eine solche Bitte abzuschlagen. Gestern abends brachen wir auf, und hier bin ich jetzt.« »Hier sind Sie!« »Seine Eminenz hat Ihrer Majestät etwas Geheimes und Vertrauliches mitzuteilen, und da diese Sendung nur einem zuverlässigen Manne anvertraut werden konnte, so schickte er mich nach Saint-Germain. Wollet Ihr also etwas tun, lieber Herr Bernouin, was Eurem Gebieter angenehm ist, so meldet Ihrer Majestät, daß ich angekommen sei und sagt ihr, zu welchem Ende.« Ob er nun ernstlich gesprochen, oder ob das, was er sagte, nur ein Scherz gewesen, so machte doch Bernouin, da d'Artagnan augenscheinlich unter den gegenwärtigen Umständen der einzige Mann war, der die Königin Anna von ihrem Kummer befreien konnte, gar keine Schwierigkeit, ihr diese seltsame Sendung zu melden, und die Königin gab ihm, wie er vorausgesehen, den Befehl, Herrn d'Artagnan sogleich einzuführen. D'Artagnan näherte sich seiner Souveränin mit allen Zeichen tiefster Ehrerbietung. Drei Schritte von ihr entfernt setzte er ein Knie auf den Boden und überreichte ihr den Brief. Wie schon erwähnt, war dieser Brief ein einfaches, halb ein Einführungs-, halb ein Beglaubigungsschreiben. Die Königin las es, erkannte genau die Handschrift des Kardinals, wiewohl es eine bebende Hand verriet, und da ihr der Brief nichts von dem meldete, was vorgefallen war, so fragte sie ihn um die näheren Umstände. D'Artagnan erzählte ihr alles mit jener offenen und einfachen Miene, die er sich unter gewissen Umständen so gut zu geben verstand. »Wie, mein Herr,« rief die Königin, entglüht vor Entrüstung, als d'Artagnan seine Erzählung beendigt hatte, »Ihr wagt es mir Euer Verbrechen einzugestehen, mir Euren Verrat mitzuteilen?« »Um Vergebung, Madame! Es dünkt mich aber,

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