Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
Herzog legte sich wieder zurück, während er den Ball unter sein Kopfkissen steckte. La Ramie lächelte. Er war im Grunde ein wackerer Mann, hatte eine große Zuneigung zu seinem Gefangenen, und wäre, falls diesen ein Unglück getroffen hätte, untröstlich gewesen.
»Gnädigster Herr,« sprach er zu ihm, »Sie sollen sich derlei Gedanken nicht überlassen, denn solche Gedanken töten.«
»Nun, mein Lieber,« entgegnete der Herzog, »Ihr seid allerliebst; könnte ich doch wie Ihr zu dem Nachfolger des Vater Marteau gehen, um Pasteten zu essen und Burgunder zu trinken, das würde mir Zerstreuung gewähren.«
»Es ist wahr, gnädigster Herr, seine Pasteten sind vortreffliche Pasteten, sein Wein ist ein köstlicher Wein.«
»Es gehört wirklich nicht viel dazu,« versetzte der Herzog, »daß sein Keller und seine Küche besser sind als die des Herrn von Chavigny.«
»Nun,« sprach la Ramée, indem er in die Schlinge ging, »was hält Sie ab, gnädigster Herr, davon zu verkosten? überdies versprach ich ihm Kundschaft.«
Dann sprach Beaufort: »Nun, lieber la Ramée, übermorgen ist Festtag?«
»Ja. gnädigster Herr, es ist Pfingsten.«
»Wollt Ihr mir übermorgen eine Lektion geben?«
»Worin?« »In der Wohlschmeckerei«
»Recht gern, gnädigster Herr.«
»Jedoch eine Lektion unter vier Augen. Wir schicken die Wachen nach der Schenke des Herrn von Chavigny und halten hier ein Frühmahl, das zu bestellen ich Euch überlasse.«
»Hm!« murmelte la Ramée.
Der Antrag war lockend; allein la Ramée war, wie unvorteilhaft auch der Kardinal bei seinem Anblick über ihn geurteilt hatte, doch ein schlauer Fuchs, der alle Schlingen kannte, die ein Gefangener legen konnte. »Sollte nicht etwa hinter diesem Frühmahl eine List stecken?«
»Nun, geht das an?« fragte der Herzog.
»Ja, gnädigster Herr, unter einer Bedingung.«
»Unter welcher?«
»Daß uns Grimaud bei Tische aufwarte.«
Dem Herzog konnte nichts erwünschter kommen. Indes gewann er so viel Gewalt über sich, daß er sein Gesicht einen sehr augenfälligen Anstrich übler Laune annehmen ließ und ausrief: »Zum Teufel mit Eurem Grimaud, er wird mir das ganze Fest verderben.«
»Ich will ihm auftragen, daß er sich hinter Ew. Hoheit stelle und sein Wort rede; so wird ihn Ew. Hoheit weder sehen noch hören, und sich mit ein bißchen gutem Willen einbilden können, daß er hundert Meilen weit entfernt sei.«
»Wißt Ihr aber, mein Lieber,« versetzte der Herzog, »was sich mir bei alledem am deutlichsten herausstellt? Daß Ihr mir nicht traut.«
»Übermorgen ist Pfingsten, gnädigster Herr.«
»Nun, was geht mich Pfingsten an? Fürchtet Ihr etwa, der heilige Geist könne in Gestalt feuriger Zungen herabkommen und mir die Pforten meines Gefängnisses öffnen?«
»Nein, gnädigster Herr, allein ich habe Ihnen gesagt, was dieser verdammte Zauberer prophezeit hat.«
»Und was hat er denn prophezeit?«
»Es würde das Pfingstfest nicht vorübergehen, ohne daß Ew. Hoheit aus Vincennes wegkäme.«
»Du glaubst also an Zauberer? Schwachkopf!«
»Ich,« versetzte la Ramée und schnellte mit den Fingern, »ich kümmere mich nicht viel darum; allein der gnädige Herr Giulio kümmert sich darum – er ist abergläubisch.« Der Herzog zuckte die Achseln.
»Wohlan, es sei,« sprach er mit vollkommen gespielter Gutmütigkeit, »ich nehme Grimaud an, da wir sonst nicht einig würden; doch will ich niemand außer Grimaud; Ihr nehmt alles auf Euch, Ihr besorgt das Frühmahl, wie Ihr es versteht; das einzige Gericht, welches ich bestimme, ist eine jener Pasteten, von welchen Ihr mir erzählt hat. Bestellt sie für mich, damit sich der Nachfolger des Vaters Marteau selbst übertreffe, und ihm meine Kundschaft nicht bloß für die Zeit, wo ich im Gefängnisse sitze, verbleibe, sondern auch noch für den Moment, wo ich es verlassen werde.« »Sie glauben also noch immer, daß Sie von hier wegkommen werden?« fragte la Ramee.
»Potz Wetter!« entgegnete der Prinz, »wäre es auch erst nach dem Tode von Mazarin; ich bin fünfzehn Jahre jünger als er. Freilich«, fügte er bei, »lebt man in Vincennes schneller.«
»Gnädigster Herr,« rief la Ramee, »gnädigster Herr!« –
»Oder man stirbt früher,« fügte der Herzog von Beaufort hinzu, »was auf eins hinausgeht.«
»Gnädigster Herr,« sprach la Ramee, »ich will jetzt das Frühmahl bestellen.«
»Und glaubt Ihr wohl, Ihr werdet etwas aus Eurem Zöglinge machen können?«
»Nun, das hoffe ich,
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