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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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Jahr vorher, als er geboren wurde, für die hübscheste und einnehmendste Frau in Frankreich gegolten hatte. Er begab sich somit auf sein Zimmer und fing an mit jener Gefallsucht, welche der Jugend so gut steht Athos Auftrag zu vollziehen, sich nämlich so schön als möglich aufzuputzen, und das war mit dem ein leichtes, was die Natur hierzu beigetragen hatte. Als er wieder erschien, empfing ihn Athos mit jenem väterlichen Lächeln, mit welchem er sonst d´Artagnan empfangen hatte, doch enthielt es für Rudolf einen Ausdruck von noch größerer Zärtlichkeit.
    »Nun,« murmelte er, »wenn sie auf ihn nicht stolz ist, so ist sie schwer zufriedenzustellen.«
    Es war drei Uhr nachmittag, das heißt, die für Besuche geeignete Stunde. Die zwei Reisenden gingen in das prunkvolle Hotel, über dem das Wappen von Luhnes emporragte.
    »Da ist es«, sprach Athos. Er trat in das Hotel mit dem festen und sichern Schritt, welcher dem Schweizer anzeigte, daß der Eintretende hierzu auch berechtigt sei. Er stieg über die Freitreppe, wandte sich an einen in glänzender Livree dastehenden Bedienten, fragte ihn, ob die Frau Herzogin von Chevreuse zu sprechen wäre, und ob sie den Herrn Grafen de la Fere empfangen könnte. Ein Weilchen darauf kehrte der Lakai zurück und meldete: »Wiewohl die Frau Herzogin von Chevreuse nicht die Ehre habe, den Herrn Grafen de la Fère zu kennen, so bitte sie doch gefälligst, eintreten zu wollen.« Athos folgte dem Lakai, der ihn durch eine lange Reihe von Gemächern führte und endlich vor einer verschlossenen Türe anhielt. Man war da in einem Salon. Athos gab dem Vicomte von Bragelonne einen Wink, daß er da, wo er eben sei, verweile. Der Lakai öffnete und meldete den Herrn Grafen de la Fère.
    Frau von Chevreuse, deren wir in unserer Geschichte: »Die drei Musketiere«, so oft gedacht haben, ohne daß wir je Gelegenheit fanden, sie auftreten zu lassen, galt noch jetzt für eine sehr schöne Frau. Und wirklich, obschon sie um diese Zeit schon vierundvierzig bis fünfundvierzig Jahre zählte, so schien sie doch kaum achtunddreißig bis neununddreißig alt zu sein; sie hatte noch immer ihre schönen blonden Haare, ihre großen, strahlenden und geistvollen Augen, welche die Intrige so oftmals geöffnet, die Liebe so oftmals geschlossen hatte, und ihren nymphenartigen Wuchs, vermöge dessen man sie, von rückwärts anblickend, noch für ein junges Mädchen hielt, welches mit der Königin Anna über einen Graben setzte, durch welchen Sprung die Krone Frankreichs im Jahre 1623 eines Erben beraubt worden war. Außerdem war sie noch immer jenes flüchtige Geschöpf, das ihren Liebschaften ein solches Gepräge von Originalität verlieh, daß dieselben sozusagen eine Berühmtheit für ihre Familien wurden.
    Sie befand sich in einem kleinen Boudoir, dessen Fenster in den Garten gingen. Dieses Boudoir war nach der Mode, die Frau von Rambouillet angegeben hatte, als sie ihr Hotel erbaut, mit einer Art blauen Damasts mit Rosen und Goldlaub behangen. Eine Frau in dem Alter der Frau von Chevreuse bewies damit, daß sie sich in einem solchen Gemache aufhielt, eine große Gefallsucht, zumal wie sie es in diesem Augenblicke war, denn sie lag hingestreckt auf einem langen Stuhl, den Kopf an die Tapete angelehnt. In der Hand hielt sie ein halbgeöffnetes Buch und hatte ein Kissen, diesen Arm, der das Buch hielt, darauf zu stützen.
    Als der Diener die Meldung machte, erhob sie sich ein wenig und streckte neugierig den Kopf vor. Athos trat ein. Die ganze Persönlichkeit desjenigen, der eben der Frau von Chevreuse unter einem völlig unbekannten Namen gemeldet wurde, hatte solch einen hochedlen Anstand, daß sie sich halb aufrichtete und ihm höflich einen Wink gab, sich neben ihr auf einen Stuhl zu setzen. Athos verneigte sich und gehorchte. Der Lakai machte Miene, sich zu entfernen, doch gab ihm Athos einen Wink, der ihn zurückhielt. »Gnädige Frau,« sprach er zu der Herzogin, »ich war so kühn, in Ihr Hotel zu kommen, ohne daß Sie mich kennen; doch war ich so glücklich, vorgelassen zu werden. Jetzt habe ich um eine Unterredung von einer halben Stunde zu bitten.«
    »Ich gestehe sie Ihnen zu, Herr Graf«, erwiderte Frau von Chevreuse mit ihrem anmutvollsten Lächeln.
    »Das ist aber noch nicht alles, gnädigste Frau. Oh, ich verlange viel, ich weiß es! Die Unterredung, um welche ich Sie bitte, ist eine Unterredung unter vier Augen, bei der ich durchaus nicht gern unterbrochen werden mochte.«
    »Ich bin

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