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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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»Lord Winter ist für den Augenblick zu Grunde gerichtet, da ihm Cromwell alle Einkünfte entzieht.« »Nun wäre der Baron Porthos gut,« bemerkte Aramis. »Jetzt beklage ich d'Artagnan,« versetzte Athos. »Welch eine vollgepfropfte Börse!« »Was für ein Degen!« »Laßt sie uns anwerben.« »Das ist nicht unser Geheimnis, Aramis; glaubt mir also und lasset uns niemanden ins Vertrauen ziehen. Machten wir einen solchen Schritt, so würden wir an uns selbst zu zweifeln scheinen. Beklagen wir im Stillen, doch reden wir nichts.«

Wo bewiesen ist, daß die erste Regung stets die beste sei
    Die drei Kavaliere begaben sich auf die, Straße nach der Normandie, diese Straße, die ihnen so wohlbekannt war, und die bei Athos und Aramis einige der bilderreichsten Erinnerungen erneuerte. Nach einer Reise von zwei Tagen und einer Nacht gelangten sie endlich bei herrlichem Wetter abends nach Boulogne, einer damals fast öden Stadt, die ganz auf der Höhe erbaut war; die sogenannte untere Stadt bestand noch nicht; Boulogne war ein furchtbar befestigter Ort. Als sie bei den Toren der Stadt ankamen, sprach Lord Winter: »Meine Herren, machen wir es hier wie in Paris; trennen wir uns, um Argwohn zu vermeiden. Ich habe ein Gasthaus, welches wenig besucht und dessen Wirt mir ergeben ist. Dort will ich einkehren, da auch dort Briefe für mich liegen müssen. Ihr kehrt im ersten Gasthofe der Stadt ein, ›beim Schwert des großen Heinrich‹ – erquickt Euch dort, und nach zwei Stunden begebt Euch an den Strand, wo unsere Barke schon warten muß.« So wurde nun die Sache abgemacht, Lord Winter setzte seinen Weg längs des äußeren Bollwerkes fort, um durch ein anderes Tor zu reiten, indes die zwei Freunde durch jenes in die Stadt ritten, vor dem sie eben waren nachdem sie etwa zweihundert Schritte zurückgelegt, kamen sie zu dem Gasthause. Athos und Aramis gingen hinab zu dem Hafen. Diese zwei Freunde erregten durch ihre staubbedeckten Kleider und durch eine gewisse ungezwungene Haltung, die stets den an das Reisen gewohnten Mann bekundet, die Aufmerksamkeit einiger Spaziergänger. Insbesondere fiel ihnen einer derselben auf, der schon bei ihrer Ankunft ihr Augenmerk auf sich gezogen hatte. Dieser Mann wandelte trübselig am Ufer auf und nieder, und als er sie sah, hörte er nicht auf, sie gleichfalls anzublicken, und schien große Lust zu haben, sie anzusprechen. Als nun Athos und Aramis auf dem Strande ankamen, blieben sie stehen, um ein kleines Schiff zu betrachten, das an einem Pfahle befestigt und ganz ausgestattet war, als ob es schon warte. »Das ist zweifelsohne das unsrige,« sagte Athos. »Ja, entgegnete Aramis, »und die Schaluppe, welche dort steuert, sieht ganz so aus, als wäre sie es, die uns nach unserem Ziele führen soll; wenn nur Lord Winter nicht auf sich warten läßt,« fuhr er fort. »Es ist hier nicht angenehm zu weilen, da keine einzige Dame vorbeigeht.« »Still.« sprach Athos, »man belauscht uns.«
    Jener Spaziergänger, der die zwei Freunde musternd mehrmals hinter ihnen auf und ab geschritten war, war bei dem Namen Lord Winter stehen geblieben, da jedoch sein Antlitz durchaus keine Gemütsbewegung kundgab, als er diesen Namen hörte, so mochte es ebensogut aus Zufall geschehen, daß er stehenblieb. »Meine Herren,« sprach der junge Mann, indem er sie mit vieler Ungezwungenheit und Artigkeit begrüßte, »verzeihen Sie mir meine Neugierde, allein ich sehe, daß Sie von Paris kommen oder wenigstens in Boulogne fremd sind.« »Ja, mein Herr, wir kommen von Paris,« antwortete Athos mit derselben Höflichkeit. »Was steht zu Ihren Diensten?« »Wollen Sie mir doch gütigst sagen, mein Herr.« sprach der junge Mann, »ob es wahr sei, daß der Herr Kardinal Mazarin wirklich nicht mehr Minister ist.« »Diese Frage ist seltsam,« bemerkte Aramis. »Er ist es, und ist es auch nicht,« erwiderte Athos; »während ihn die eine Hälfte von Frankreich abgesetzt haben will, behauptet er sich in seiner Stelle bei der andern Hälfte durch Schlauheit und Versprechungen, und das kann, wie Sie sehen, noch lange so fortdauern.« »Also kurz, mein Herr,« sagte der Fremde, »er ist weder auf der Flucht, noch sitzt er im Gefängnis?« »Nein, mein Herr, wenigstens nicht für den Augenblick.« »Nehmen Sie meinen Dank hin für Ihre Gefälligkeit, meine Herren,« erwiderte der junge Mann und ging hinweg. »Was sagt Ihr zu diesem Auskundschafter?« fragte Aramis. »Ich sage: ›Er ist entweder ein Kleinstädter, der sich

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