Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
des Krieges sind, und gegen diese Opfer, meine Herren, die Ihr mir bringen werdet, verspreche ich Euch nicht eine Belohnung, aus Furcht, dieses Wort könnte Euch verletzen, sondern ich gelobe, Euch wie eine Schwester zu lieben und Euch allem vorzuziehen, was nicht mein Gatte, was nicht meine Kinder sind – das beschwöre ich vor Gott.« »Wann sollen wir aufbrechen, Madame?« fragte Athos. »Ihr willigt also ein?« rief die Königin voll Entzücken. »Ja, Madame, nur glaube ich, Ihre Majestät tut zu viel, indem Sie uns eine Freundschaft zusichert, welche so weit über unsere Verdienste geht. Wir dienen Gott, Madame, indem wir einem so unglücklichen Fürsten und einer so tugendhaften Königin dienen. Madame, wir sind Ihrer Majestät mit Leib und Seele ergeben!« »O, meine Herren,« rief die Königin, bis zu Tränen bewegt, »das ist der erste Augenblick der Wonne und der Hoffnung, den ich seit fünf Jahren empfand. Ja, Ihr dienet Gott, und da meine Macht zu beschränkt ist, um einen solchen Dienst anzuerkennen, so wird er es Euch vergelten, er, der in meinem Heizen all dasjenige liebt, was ich an Erkenntlichkeit für ihn und für Euch empfinde. Rettet meinen Gatten, rettet den König, und obschon Euch der Lohn nicht anspornt, der Euch hienieden für diese schöne Tat zuteil werden kann, so laßt mir doch die Hoffnung des Wiedersehens, damit ich Euch selber danke. Mittlerweile bleibe ich hier. Habt Ihr an mich irgendein Anliegen? Ich bin von nun an Eure Freundin, und da Ihr meine Angelegenheiten besorgt, so muß ich mich um die Eurigen bekümmern.« »Madame,« sprach Athos, »ich habe Ihre Majestät nur um Ihre Gebete zu bitten.« »Und ich,« sagte Aramis, »ich stehe allein da auf Erden, und habe Ihrer Majestät nur zu dienen.« Die Königin bot ihnen ihre Hand zum Kusse und sprach dann leise zu Lord Winter: »Gebricht es Euch am Geld, Mylord, so säumt leinen Augenblick und zerschlagt die Schmucksachen, die ich Euch gegeben, nehmt daraus die Diamanten und verkauft sie. Ihr werdet fünfzig- bis sechzigtausend Livres dafür bekommen; gebt sie aus, wenn es vonnöten ist, und sorgt dafür, daß diese Edelleute nach Gebühr, das heißt königlich, behandelt werden.«
Die Königin hatte zwei Briefe in Bereitschaft; der eine war von ihr selbst, der andere von der Prinzessin Henriette, ihrer Tochter, geschrieben. Den einen davon übergab sie Athos, den andern Aramis, damit sie sich, falls sie ein Unfall trennte, dem Könige zu erkennen geben könnten, dann gingen sie weg. Unten an der Treppe hielt Lord Winter an und sagte: »Meine Herren, Ihr ziehet Euren Weg und ich den meinigen, um keinen Argwohn zu erregen, und heute abend um neun Uhr kommen wir bei dem Tore Saint-Denis zusammen. Die drei Edelleute drückten sich die Hand; Lord Winter bog in die Straße Saint-Honoré ein, Athos und Aramis blieben beisammen.
Als sie allein waren, sagte Aramis: »Nun, lieber Graf, was haltet Ihr von der Sache?« »Sie steht schlimm,« erwiderte Athos, sehr schlimm.« »Doch habt Ihr sie mit Enthusiasmus angenommen!« »So wie ich stets die Verteidigung eines großen Prinzips annehmen werde, lieber d'Herblay. Die Könige können nur stark sein durch den Adel, allein der Adel kann nur groß sein durch die Könige. Laßt uns also die Monarchie aufrecht erhalten, das ist, uns selbst aufrecht erhalten.« »Wir werden uns dort töten lassen,« entgegnete Aramis. »Ich hasse die Engländer, da sie grobe Biertrinker sind.« »Wäre es etwa besser, hier zu bleiben,« versetzte Athos, »und uns ein bißchen mit der Bastille oder dem Schloßturme von Vincennes dafür vertraut zu machen, daß wir zur Flucht des Herrn von Beaufort beigetragen haben? Ha, meiner Seele, Aramis, glaubt mir, wir haben nicht Ursache, es zu bedauern. Wir weichen dem Gefängnisse aus und handeln als Helden. Das ist eine leichte Wahl.« »Das ist wohl wahr, mein Lieber; aber wir müssen in jeder Hinsicht auf den ersten Punkt zurückkommen, der, ich weiß es, sehr einfältig, aber sehr nötig ist – habt Ihr Geld?« »Ungefähr hundert Pistolen, die mir mein Pächter am Tage vor meiner Abreise von Bragelonne geschickt hat. Indes muß ich davon fünfzig für Rudolf zurücklassen; ein junger Edelmann soll stets auf würdige Weise leben. Somit habe ich etwa nur noch fünfzig Pistolen. Und Ihr?« »Ich? – o ich bin überzeugt, wenn, ich alle meine Taschen umkehre und meine Schubladen öffne, daß ich nicht zehn Louisdors zu Hause finde. Zum Glück ist Lord Winter reich.«
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