Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
Vom Netzwerk:
piepst Emma, sucht nach einer Sitzgelegenheit, lässt sich auf dem Sofa nieder und schaut sich um: Regale voller Preise, gerahmte Buchcover, Souvenirs einer illustren Karriere. Emma hat das überwältigende Gefühl, dass sie nicht hier sein sollte, nicht hierher gehört, die Zeit dieser respekteinflößenden Frau nur verschwendet; sie verlegt Bücher, echte Bücher, die die Leute kaufen und lesen. Marsha macht es ihr nicht gerade leicht. Schweigen hängt in der Luft, als sie die Jalousien herunterlässt, so dass der äußere Bürobereich verdeckt ist. Im Halbdunkeln sitzen sie da, und plötzlich hat Emma das Gefühl, verhört zu werden.
    »Bitte verzeihen Sie die Wartezeit, es gibt sehr viel zu tun. Ich konnte Sie gerade noch dazwischenschieben. Ich will nichts überstürzen. In solchen Dingen ist es wichtig, die richtige Entscheidung zu treffen, finden Sie nicht?«
    »Unerlässlich. Absolut.«
    »Sagen Sie, wie lange arbeiten Sie jetzt schon mit Kindern?«
    »Ähm, warten Sie, 93 – etwa fünf Jahre.«
    Gebannt beugt Marsha sich vor. »Und mögen Sie es?«
    »Oh ja. Meistens jedenfalls.« Emma kommt sich etwas steif und förmlich vor. »Wenn sie mir nicht gerade das Leben schwer machen.«
    »Die Kinder machen Ihnen das Leben schwer?«
    »Manchmal sind sie ganz schön anstrengend, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Wirklich?«
    »Sie wissen schon. Frech, aufsässig.«
    Marsha stutzt und lehnt sich zurück. »Und was tun Sie, um sie zu disziplinieren?«
    »Och, das Übliche, ich werfe mit Stühlen! Natürlich nicht! Das Übliche, sie rausschicken, etwas in der Richtung.«
    »Aha. Verstehe.« Marsha sagt nicht mehr, strahlt aber tiefe Missbilligung aus. Wieder betrachtet sie die Papiere auf dem Schreibtisch, und Emma fragt sich, wann sie endlich anfangen, über ihre Arbeit zu reden.
    »Nun«, sagt Marsha, »ich muss schon sagen, Sie sprechen unsere Sprache wesentlich besser als erwartet.«
    »Wie bitte?«
    »Ich meine, Sie sprechen fließend. Als hätten Sie Ihr ganzes Leben in England verbracht.«
    »Tja … habe ich ja auch.«
    Marsha sieht irritiert aus. »In Ihrem Lebenslauf steht aber was anderes.«
    »Wie bitte?«
    »In Ihrem Lebenslauf steht, dass Sie Deutsche sind!«
    Was kann Emma da unternehmen? So tun, als wäre sie Deutsche? Nicht gut. Sie spricht kein Deutsch. »Nein, ich bin Engländerin.« Und welcher Lebenslauf? Sie hat keinen Lebenslauf geschickt.
    Marsha schüttelt den Kopf. »Wir scheinen aneinander vorbeizureden. Sie sind doch mein Halb-eins-Termin, oder?«
    »Ja! Ich glaube schon. Bin ich das?«
    »Das Kindermädchen? Sie bewerben sich doch als Kindermädchen?«
    »Ich habe einen schlechten Ruf ?«
    »Irgendwie schon. In der Branche.«
    »Welchen?«
    »Dass du ein bisschen … unzuverlässig bist.«
    »Unzuverlässig?«
    »Unprofessionell.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »In der Hinsicht, dass du meist betrunken bist. In einer Sturzbesoffen-vor-der-Kamera-Hinsicht.«
    »He, ich war nie …«
    »… und arrogant. Man hält dich für arrogant.«
    »Arrogant? Ich bin selbstbewusst, nicht arrogant.«
    »Hey, ich gebe nur die Meinung der Leute wieder, Dex.«
    »›Die Leute‹! Welche ›Leute‹ denn?«
    »Leute, mit denen du zusammengearbeitet hast …«
    »Wirklich? Großer Gott …«
    »Ich meine ja nur, wenn du glaubst, du hast ein Problem …«
    »Habe ich nicht.«
    »… dann solltest du jetzt reinen Tisch machen.«
    »Muss ich aber nicht.«
    »Na, dann ist ja alles gut. In der Zwischenzeit solltest du vielleicht aufpassen, wie viel du ausgibst. Zumindest für die nächsten paar Monate.«
    »Emma, es tut mir so leid …«
    Beschämt und mit brennenden Augen marschiert Emma Richtung Aufzug, Marsha ist ihr auf den Fersen, dicht gefolgt von Stephanie. Gesichter tauchen aus den Nischen auf, während die kleine Prozession vorüberzieht. Das wird ihr eine Lehre sein, übermütig zu werden, denken sie bestimmt.
    »Verzeihen Sie, dass ich Ihre Zeit verschwendet habe«, sagt Marsha liebenswürdig. »Jemand hätte Sie anrufen und absagen müssen …«
    »Schon gut, nicht Ihre Schuld …«, murmelt Emma.
    »Ich werde natürlich ein ernstes Wörtchen mit meiner Sekretärin sprechen. Sind Sie sicher, dass Sie die Nachricht nicht bekommen haben? Ich hasse es, Gespräche abzusagen, aber ich hatte noch keine Gelegenheit, das Material zu lesen. Ich würde es ja kurz überfliegen, aber die arme alte Helga wartet anscheinend im Konferenzraum …«
    »Ich verstehe schon.«
    »Stephanie hat mir versichert, dass Sie

Weitere Kostenlose Bücher