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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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sich die Nase zugehalten, im Sekretariat angerufen und etwas von Magendarmgrippe gestöhnt. Selbst durchs Telefon hörte man, dass die Sekretärin ihr kein Wort glaubte. Sie wird Probleme mit Mr Godalming bekommen. Phil ist bestimmt fuchsteufelswild.
    Keine Zeit, sich darüber Sorgen zu machen, denn sie sind jetzt beim Eckbüro angekommen, ein Glaskasten in Spitzenlage mit atemberaubender Panoramaaussicht von der St. Paul’s Cathedral zum Parlament, in dem mit dem Rücken zu ihnen eine gertenschlanke Frau sitzt.
    Stephanie deutet auf einen niedrigen Sessel neben der Tür.
    »So. Warte hier. Komm nachher noch zu mir. Erzähl mir, wie es gelaufen ist. Und denk dran – nur keine Angst …«
    »Haben sie dir Gründe genannt? Warum sie mich abserviert haben?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Komm schon, Aaron, spucks aus.«
    »Na ja, die genauen Worte waren, du wärst ein bisschen zu 1989.«
    »Wow. Wow. Gut, okay. Okay, na gut – scheiß drauf, stimmts?«
    »Genau, das habe ich auch gesagt.«
    »Echt?«
    »Ich habe gesagt, ich wäre nicht erfreut.«
    »Okay, und was steht als Nächstes an?«
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Da wäre so eine Sendung, wo Roboter gegeneinander kämpfen, und du müsstest die Roboter quasi vorstellen …«
    »Und warum kämpfen die Roboter?«
    »Wer weiß? Liegt wohl in ihrer Natur, schätze ich. Es sind aggressive Roboter.«
    »Vergiss es.«
    »Okay. Autoshow auf Männer und Motoren? «
    »Was, Satellitenprogramm ?«
    »Satelliten-und Kabelfernsehen sind die Zukunft.«
    »Aber was ist mit Antenne?«
    »Da ist es momentan eher ruhig.«
    »Für Suki Meadows ist es nicht ruhig, für Toby Moray ist es nicht ruhig. Man kann an keinem Fernseher vorbeigehen, ohne Toby Morays Visage zu sehen.«
    »Darum gehts im TV, Dex, um Modeerscheinungen. Er ist nur eine Modeerscheinung. Du warst eine Modeerscheinung, jetzt ist er eine.«
    »Ich war eine Modeerscheinung ?«
    »Keine Modeerscheinung . Ich meine nur, mal ist man oben und mal unten, mehr nicht. Ich finde, du solltest über einen Richtungswechsel nachdenken. Wir müssen dein Image verbessern. Deinen schlechten Ruf.«
    »Sekunde – ich habe einen schlechten Ruf ?«
    Emma sitzt im niedrigen Ledersessel und wartet und wartet, beobachtet den Arbeitsalltag im Büro und empfindet einen beschämenden Anflug von Neid auf diese Geschäftswelt und die smarten, jugendlichen Berufstätigen, die sie bevölkern. Sozialneid, das ist es. Das Büro ist nicht außergewöhnlich, aber verglichen mit der Cromwell-Road-Gesamtschule ist es geradezu futuristisch: ein scharfer Kontrast zum Lehrerzimmer mit den tanninfleckigen Tassen, kaputten Möbeln und strengen Dienstplänen, der allgegenwärtigen Übellaunigkeit, Nörgelei und Unzufriedenheit. Die Schüler sind natürlich großartig, zumindest ein paar, zumindest manchmal, aber die Konfrontationen werden immer häufiger und alarmierender. Zum ersten Mal hat sie das Gefühl, gegen eine Wand zu reden, und dieser neuen Einstellung ihrer Schüler hat sie wenig entgegenzusetzen. Oder vielleicht hat sie den Dreh, die Motivation, die Energie verloren. Die andauernde Fehde mit dem Schulleiter ist natürlich auch nicht gerade hilfreich.
    Was, wenn ihr Leben eine andere Richtung genommen hätte? Was, wenn sie mit 22 nicht aufgehört hätte, Verlage anzuschreiben? Würde dann Emma anstelle von Stephanie Shaw im Bleistiftrock Prêt-à-manger-Sandwiches essen? Seit einiger Zeit hat Emma das Gefühl, dass sich das Leben ändern wird, und sei es nur, weil es sich ändern muss, und vielleicht ist das ihre Chance, vielleicht ist dieses Gespräch der Wendepunkt. Ihr dreht sich vor Spannung der Magen um, als die Sekretärin den Telefonhörer auflegt und zu ihr kommt. Marsha hat jetzt Zeit für sie. Emma steht auf, streicht sich den Rock glatt, weil sie das im Fernsehen gesehen hat, und betritt den Glaswürfel.
    Marsha – Miss Francomb? – ist groß, imposant, und ihre Adlernase verleiht ihr eine einschüchternde Ähnlichkeit mit Virginia Woolf. Sie ist Anfang 40, hat militärisch kurzgeschnittenes, nach vorn gekämmtes graues Haar, ihre Stimme ist heiser und gebieterisch. Sie steht auf und reicht Emma die Hand.
    »Sie müssen mein Halb-eins-Termin sein.«
    Mit piepsiger Stimme antwortet Emma, ja, das stimmt, halb eins, obwohl sie genau genommen auf viertel nach zwölf bestellt worden war.
    » Setzen Sie sich bitte «, sagt Marsha unerklärlicherweise auf Deutsch. Deutsch? Warum Deutsch? Egal, am besten spielt sie einfach mit.
    » Danke «,

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