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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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als ich dich nicht gesehen habe, musste ich jeden Tag an dich denken, ich meine, jeden Tag , wegen irgendwas …«
    »Ging mir auch so …«
    »… und seis auch nur ›Ich wünschte, Dexter könnte das sehen‹ oder ›Wo Dexter jetzt wohl ist‹, oder ›Mann, was für ein Idiot, dieser Dexter‹, du weißt, was ich meine, und dich heute hier zu sehen, na ja, ich dachte halt, ich hätte dich wieder – meinen besten Freund. Und jetzt das, die Hochzeit, das Baby – ich freue mich sehr für dich, Dex. Aber es fühlt sich an, als hätte ich dich zum zweiten Mal verloren.«
    »Wie – verloren?«
    »Du weißt doch, wie das läuft, du hast deine Familie, mehr Verantwortung, verlierst Leute aus den Augen …«
    »Nicht unbedingt …«
    »Nein, wirklich, es passiert andauernd, ich kenne das. Du hast andere Prioritäten und jede Menge neuer Freunde, nette junge Paare, die ihr in Geburtsvorbereitungskursen kennengelernt habt, die auch Babys haben, die es verstehen, oder du bist zu müde, weil du die ganze Nacht auf warst …«
    »Eigentlich hatten wir vor, eins dieser pflegeleichten Babys zu bekommen. Anscheinend setzt man die einfach in ein Zimmer. Mit ’nem Dosenöffner und ’nem kleinen Gaskocher.« Er spürte ihr Gelächter an seiner Brust, und in dem Moment war er davon überzeugt, es gebe kein besseres Gefühl, als Emma Morley zum Lachen zu bringen. »Ich verspreche dir, so wird es nicht sein.«
    »Wirklich?«
    »100 Pro.«
    Sie lehnte sich zurück, um ihn anzusehen. »Schwörst dus? Kein Untertauchen mehr?«
    »Ich werds nicht tun, wenn dus auch nicht tust.«
    Mit offenen Augen standen sie stocksteif da, und ihre gespitzten Lippen berührten sich. Der Augenblick, ein köstlicher Moment der Verwirrung, zog sich dahin.
    »Wie spät ist es?«, fragte Emma und wandte hastig das Gesicht ab.
    Dexter schob den Ärmel hoch und sah auf die Uhr. »Gleich Mitternacht.«
    »Na dann! Gehen wir.«
    Schweigend gingen sie weiter, nicht ganz sicher, was passiert war oder was als Nächstes kommen würde. Nach zwei weiteren Abzweigungen waren sie wieder am Ausgang des Labyrinths und auf der Hochzeitsfeier. Emma wollte gerade die schwere Eichentür aufmachen, als er ihre Hand nahm.
    »Em?«
    »Dex?«
    Er wollte ihre Hand nehmen und zurück ins Labyrinth gehen. Er würde das Handy ausschalten, und sie würden dort bleiben, bis die Party vorbei wäre, sich verlaufen und über alles reden, was passiert war.
    »Freunde?«, fragte er schließlich
    »Freunde.« Sie ließ seine Hand los. »So, jetzt lass uns deine Verlobte suchen gehen. Ich will ihr gratulieren. «

KAPITEL VIERZEHN
Vater sein
    Samstag, 15. Juli 2000
    Richmond, Surrey
    Jasmine Alison Viola Mayhew.
    Sie wurde am späten Abend des dritten Tages im neuen Jahrtausend geboren und würde somit immer genauso alt sein wie das Jahrtausend. Sie wog ordentliche 4433 Gramm, war in Dexters Augen unsagbar schön, und er wusste, er würde sein Leben für sie geben, obwohl er ziemlich sicher war, dass das nicht nötig sein würde.
    Als Dexter Mayhew in jener Nacht mit dem winzigen, rotgesichtigen Bündel im Arm in einem niedrigen Plastik-Krankenhausstuhl saß, fasste er einen feierlichen Vorsatz. Er beschloss, von nun an das Richtige zu tun. Von ein paar biologischen und sexuellen Notwendigkeiten einmal abgesehen, würde er nichts mehr tun oder sagen, was nicht für die Augen und Ohren seiner Tochter geeignet war. Er würde sein Leben so leben, als würde seine Tochter ihn ständig beobachten. Er würde nichts tun, was ihr Leid, Angst oder Verlegenheit verursachte, und es würde nichts, rein gar nichts mehr in seinem Leben geben, wofür er sich schämen musste.
    Dieser feierliche Vorsatz hielt ungefähr 95 Minuten. Als er in der Toilettenkabine saß und versuchte, Zigarettenrauch in eine leere Evian-Flasche zu pusten, musste etwas davon entwichen sein und den Alarm ausgelöst haben, der seine erschöpfte Frau und Tochter aus dem dringend benötigten Schlaf riss, und als er aus der Kabine geholte wurde, die zugeschraubte Flasche mit dem gelbgrauen Rauch noch in der Hand, sagte der Blick in die schmalen, erschöpften Augen seiner Frau alles: Dexter Mayhew war der Lage nicht gewachsen.
    Die wachsende Kluft zwischen ihnen wurde noch tiefer, weil er am Beginn des neuen Jahrtausends ohne Arbeit oder die Aussicht auf Arbeit dastand. Der Sendetermin von Sport Xtrem hatte sich unaufhaltsam Richtung Sonnenaufgang verschoben, bis klar war, dass niemand, nicht einmal BMX-Fahrer, wochentags so lange

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