Zwei an Einem Tag
durch die dunklen, belaubten Gänge.
»Also kommst du? Zu meiner Hochzeit?«
»Natürlich. Allerdings kann ich nicht versprechen, dass ich nicht die Trauung unterbreche.«
»Er hat mir die Ehe versprochen!« Beide lächelten in der Dunkelheit und gingen weiter.
»Ich wollte dich noch um einen Gefallen bitten.«
»Bitte, bitte, frag mich nicht, ob ich dein Brautführer sein will, Dex.«
»Das ist es nicht, ich versuche jetzt nur schon seit ’ner Ewigkeit, eine Rede zu schreiben, und hab mich gefragt, ob du mir vielleicht helfen könntest.«
»Nein!«, lachte Emma.
»Warum nicht?«
»Ich finde einfach, es hätte weniger emotionale Tiefe, wenn ich sie schreiben würde. Schreib einfach auf, was du wirklich fühlst.«
»Ich weiß nicht, ob das so ’ne gute Idee ist. ›Ein herzliches Dankeschön an die Kellner, und übrigens, mir geht der Arsch auf Grundeis.‹« Er spähte in die Dunkelheit. »Bis du sicher, dass der Trick funktioniert? Mir scheint, als gerieten wir immer tiefer hinein.«
»Vertrau mir.«
»Wie auch immer, ich will nicht, dass du sie schreibst, du sollst sie nur ein bisschen aufpolieren …«
»Bitte versteh mich nicht falsch, aber das musst du schon allein machen.« An einer Dreifachgabelung blieben sie stehen.
»Hier waren wir schon mal.«
»Vertrau mir. Wir gehen einfach weiter.«
Schweigend gingen sie weiter. Ganz in der Nähe wurde 1999 von Prince gespielt, was von den Gästen mit lautstarkem Jubel aufgenommen wurde. »Als ich den Song zum ersten Mal gehört hab«, sagte Emma, »dachte ich, es wäre Science Fiction. 1999. Schwebende Autos, Essen in Pillenform und Urlaub auf dem Mond. Jetzt ist es so weit, und ich fahre immer noch ’nen gottverdammten Fiat Panda. Nichts hat sich geändert.«
»Außer, dass ich bald Familienvater werde.«
»Familienvater. Großer Gott, hast du keinen Schiss?«
»Manchmal schon. Aber dann guckt man sich die ganzen Idioten an, die es auch schaffen, Kinder großzuziehen. Ich sage mir immer, wenn Miffy Buchanan das hinkriegt, wie schwer kann es sein?«
»Man kann Babys nicht in Cocktailbars mitnehmen, weißt du. Da reagieren die Leute komisch.«
»Schon okay. Ich werde lernen, gern zu Hause zu bleiben.«
»Aber du bist glücklich?«
»Ja. Ich glaub schon. Und du?«
»Glücklicher. Nicht unglücklich.«
»Nicht unglücklich. Na ja, nicht unglücklich ist nicht übel.«
»Das Beste, was man sich erhoffen kann.« Mit den Fingerspitzen der linken Hand ertastete Emma eine Statue, die ihr bekannt vorkam, und wusste wieder, wo sie waren. Noch einmal rechts und dann links abbiegen, und sie wären zurück im Rosengarten, zurück auf der Hochzeitsfeier, zurück bei seiner Verlobten und ihren Freunden, und zum Unterhalten wäre keine Zeit mehr. Plötzlich von Traurigkeit übermannt, blieb sie stehen, drehte sich um und nahm Dexters Hände.
»Kann ich noch was sagen? Bevor wir zur Party zurückgehen?«
»Schieß los.«
»Ich bin leicht angetrunken.«
»Ich auch. Schon okay.«
»Ich … du hast mir gefehlt, weißt du.«
»Du mir auch.«
»Ganz, ganz schrecklich, Dexter. Ich wollte so vieles mit dir besprechen, aber du warst nicht da …«
»Ging mir genauso.«
»Und ich hab mich schuldig gefühlt, weil ich einfach abgehauen bin.«
»Echt? Ich mach dir keinen Vorwurf. Manchmal war ich leicht … unausstehlich.«
»Mehr als nur leicht, du warst ’ne echte Landplage …«
»Ich weiß …«
»Selbstsüchtig, arrogant und strunzlangweilig …«
»Ja, ist klar geworden …«
»Trotzdem. Ich hätte es mit dir durchstehen müssen, wegen deiner Mum und so …«
»Das ist doch aber keine Entschuldigung.«
»Nein, eigentlich nicht, aber da musstest du ja ’nen Knacks kriegen.«
»Ich habe immer noch den Brief, den du mir geschrieben hast. Es ist ein wunderschöner Brief. Ich war sehr dankbar dafür.«
»Trotzdem, ich hätte mich wieder bei dir melden sollen. Man soll doch zu seinen Freunden halten, oder? Mit ihnen durch dick und dünn gehen.«
»Ich mach dir keinen Vorwurf …«
»Trotzdem.« Verlegen bemerkte sie, dass ihr die Tränen kamen.
»Hey, hey, was ist los, Em?«
»Ach, hab nur zu viel getrunken …«
»Komm her.« Er nahm sie in den Arm, schmiegte das Gesicht an ihren bloßen Hals, roch Shampoo und feuchte Seide, und sie schnupperte an seinem Nacken, Aftershave, Schweiß und Alkohol, der Geruch seines Anzugs, und so standen sie da, bis sie sich beruhigt hatte und weitersprechen konnte.
»Ich sage dir, worum es geht. Es ist …
Weitere Kostenlose Bücher