Zwei an Einem Tag
aufbleiben konnten, egal wie krass, abgefahren oder Old School die Moves waren. Die Sendereihe hatte sich totgelaufen, und der Vaterschaftsurlaub war nahtlos in den weniger modernen Zustand der Arbeitslosigkeit übergegangen.
Der Umzug hatte kurzfristig Ablenkung gebracht. Nach einigem Widerstand seinerseits war die Junggesellenwohnung in Belsize Park zu einem horrenden monatlichen Preis vermietet und gegen ein adrettes Reihenhäuschen in Richmond eingetauscht worden, das ein Riesenpotenzial hatte, wie man ihm versicherte. Dexter hatte protestiert, er sei ungefähr 35 Jahre zu jung, um nach Surrey zu ziehen, aber die Lebensqualität, die guten Schulen, die günstige Verkehrsanbindung und der Park mit den umherstreifenden Hirschen ließen nichts zu wünschen übrig. Es war nahe bei ihren Eltern, die Zwillinge lebten nicht weit weg, deshalb trug Surrey den Sieg davon, und im Mai hatten sie mit der endlosen, Unmengen von Geld verschlingenden Aufgabe begonnen, jede vorhandene Holzfläche abzuschleifen und jede nichttragende Wand einzureißen. Auch der Mazda-Sportwagen war weg, geopfert für einen gebrauchten Van, in dem es immer noch schwach nach dem Erbrochenen der Vorbesitzer roch. Es war ein denkwürdiges Jahr für die Mayhew-Familie, trotzdem fand Dexter den Nestbau weit weniger erquicklich als angenommen. Er hatte sich das Familienleben wie eine Art verlängerte Bausparkassen-Werbung vorgestellt: ein attraktives junges Paar in blauen Overalls mit Farbrollern in der Hand, das Geschirr aus einer alten Holzkiste packte und erschöpft auf ein riesiges altes Sofa plumpste. In seiner Vorstellung hatte er zottige Hunde im Park spazieren geführt und nachts das Baby gefüttert, erschöpft, aber gutgelaunt. Irgendwann in der nahen Zukunft würde es Gezeitentümpel, Feuer am Strand und über Treibholz gebratene Makrelen geben. Er würde sich geniale Spiele ausdenken und Regale aufhängen. Sylvie würde mit nackten Beinen in seinen alten Hemden herumlaufen. Strickwaren. Er würde viel Strickwaren tragen und für seine Lieben sorgen.
Stattdessen gab es Gezänk, Gemeinheiten und düstere Blicke durch einen feinen Gipsstaubnebel. Sylvie verbrachte mehr und mehr Zeit im Haus ihrer Eltern, angeblich, um den Handwerkern aus dem Weg zu gehen, aber zunehmend, um ihren lust-und nutzlosen Ehemann nicht mehr sehen zu müssen. Hin und wieder rief sie an, um ihm vorzuschlagen, dass er ihren Freund Callum, den Flusskrebs-Baron, aufsuchen und sein Jobangebot annehmen sollte, aber Dexter weigerte sich. Vielleicht kam seine Moderatorenkarriere ja wieder in Schwung, er fand Arbeit als Produzent oder konnte sich zum Kameramann oder Cutter umschulen lassen. In der Zwischenzeit konnte er den Arbeitern zur Hand gehen, um Geld zu sparen, und zu diesem Zweck machte er Tee, holte Kekse, schnappte ein paar Brocken Polnisch auf, spielte beim Höllenlärm der Schleifmaschine PlayStation.
Einst hatte er sich gefragt, was mit all den alten Leuten in der Fernsehindustrie passierte, und jetzt kannte er die Antwort. Angehende Cutter und Kameramänner waren 24 oder 25, und er hatte keinerlei Erfahrung als Produzent. Die Mayhem TV AG, seine eigene, unabhängige Firma, war weniger ein Geschäft als eine Ausrede für seine Untätigkeit. Am Ende des Steuerjahres wurde sie offiziell auf Eis gelegt, um Verrechnungskosten zu sparen, und das Papier mit optimistischem Briefkopf wurde verschämt auf den Dachboden verbannt. Einziger Lichtblick war die Zeit, die er mit Emma verbrachte, er schlich sich davon, um mit ihr ins Kino zu gehen, anstatt von Jerzy und Lech das Verfugen zu lernen. Aber das traurige Gefühl, an einem Dienstagnachmittag aus dem Kinosaal ins Tageslicht zu treten, war unerträglich geworden. Was war mit seinem Schwur, ein perfekter Vater zu sein? Er trug jetzt Verantwortung. Anfang Juni hatte er schließlich nachgegeben, Callum O’Neill besucht und war Teil der großen Natural-Stuff-Familie geworden.
Deshalb überwacht Dexter Mayhew an diesem St.-Swithins-Tag in einem haferschleimfarbenen Kurzarmhemd mit pilzfarbener Krawatte die Lieferung der riesigen Rucola-Tagesration für die Filiale an der Victoria Station. Er zählt die Kisten mit dem Grünzeug, während der Fahrer mit einem Clipboard danebensteht und ihn offen anstarrt, und instinktiv weiß Dexter, was gleich kommt.
»War’n Sie nicht mal im Fernsehen?«
Nicht schon wieder …
»In grauer Vorzeit«, antwortet er leichthin.
»Wie hieß es noch gleich? abfeiern oder so.«
Nicht
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