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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke. Danke dir.« Kurze Pause. »Lass mich mal ziehen, ja?«, sagte er, nahm ihr die letzte Zigarette aus dem Mund und steckte sie sich zwischen die Lippen. »Da, sieh dir das an …« Er nahm ein fleckiges Stück Papier aus der Brieftasche, faltete es auseinander und hielt es unters Licht. »Das ist eine Aufnahme aus der zwölften Woche. Ist das nicht unglaublich?«
    Pflichtschuldigst nahm Emma den Papierfetzen und betrachtete ihn. Die Schönheit von Ultraschallaufnahmen erschließt sich wohl nur den Eltern, aber Emma hatte schon vorher welche gesehen und wusste, was von ihr erwartet wurde. »Wunderschön«, seufzte sie, obwohl es sich genauso gut um ein Polaroidbild seiner Jackentasche hätte handeln können.
    »Siehst du – das ist die Wirbelsäule.«
    »Tolle Wirbelsäule.«
    »Man sieht sogar die winzigen Fingerchen.«
    »Oooh. Junge oder Mädchen?«
    »Mädchen, hoffe ich. Oder Junge. Ist mir egal. Aber du findest es gut?«
    »Absolut. Ich finde es wundervoll. Scheiße auch, Dexter, da dreht man dir mal ’ne Minute den Rücken zu …!«
    Wieder schlang sie ihm die Arme um den Nacken. Sie fühlte sich betrunken, voller Zuneigung, aber auch ein bisschen traurig, als sei etwas unwiederbringlich zu Ende. Sie wollte etwas in der Richtung sagen, hielt es aber für das Beste, es in einen Witz zu verpacken. »Natürlich hast du gerade meine letzte Chance auf Glück zerstört, aber ich freue mich für dich, wirklich.«
    Er sah sie an, und plötzlich bewegte sich etwas zwischen ihnen, etwas Lebendiges, Vibrierendes an seiner Brust.
    Emma legte ihre Hand darauf. »Ist das dein Herz?«
    »Mein Handy.«
    Sie trat einen Schritt zurück, damit er das Handy aus der Innentasche nehmen konnte. Er warf einen Blick auf das Display, schüttelte leicht den Kopf, um wieder nüchtern zu werden, und reichte Emma schuldbewusst die Zigarette wie einen rauchenden Colt. Schnell wiederholte er, »schön nüchtern klingen, schön nüchtern klingen«, lächelte wie ein Teleshopping-Verkäufer und ging ans Handy.
    »Hallo, Liebling.«
    Emma hörte Sylvie durch den Hörer. »Wo steckst du?«
    »Hab mich irgendwie verlaufen. «
    »Verlaufen? Wie kannst du dich verlaufen?«
    »Na ja, ich bin im Labyrinth, deshalb …«
    »Ein Labyrinth ? Was treibst du in einem Labyrinth ?«
    »Nur … du weißt schon … herumhängen. Wir dachten, es macht Spaß.«
    »Na, solange du Spaß hast, Dex. So ein altes Muttchen quatscht mich über Neuseeland voll …«
    »Ich weiß, und ich versuche hier schon seit ’ner Ewigkeit rauszufinden, aber es ist, du weißt schon – der reinste Irrgarten !« Er kicherte, aber am anderen Ende der Leitung blieb es still. »Hallo? Bist du noch da? Kannst du mich hören?«
    »Ist jemand bei dir, Dexter?«, fragte Sylvie leise.
    Er sah Emma an, die immer noch tat, als wäre sie ganz fasziniert von dem Ultraschallbild. Er überlegte kurz, drehte ihr den Rücken zu und log: »Genau genommen sind wir eine ganze Truppe. Wir versuchen es noch eine Viertelstunde, und dann graben wir uns einen Tunnel, und wenn das nicht klappt, essen wir jemanden auf.«
    »Gott sei Dank, da ist Callum. Ich rede einfach mit Callum. Beeil dich, ja?«
    »Okay. Bin schon auf dem Weg. Tschüss, machs gut, Liebling!« Er legte auf. »Klang ich betrunken?«
    »Kein bisschen.«
    »Wir müssen sofort raus hier.«
    »Meinetwegen gerne.« Ratlos schaute sie in beide Richtungen. »Wir hätten eine Spur aus Brotkrumen hinterlassen sollen.« Wie als Antwort darauf hörte man ein Summen und Klicken, und sämtliche Lichter, die das Labyrinth erhellten, gingen nacheinander aus, bis es stockfinster war.
    »Wie praktisch«, sagte Dexter. Einen Augenblick lang standen sie still da, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Die Band spielte It’s Raining Men , und gebannt lauschten sie dem gedämpften Geräusch, als könnten sie dadurch ihren Aufenthaltsort bestimmen.
    »Wir sollten zurückgehen«, bemerkte Emma, »bevor es wirklich anfängt, Männer zu regnen.«
    »Gute Idee.«
    »Da gibts doch irgendeinen Trick, nicht?«, sagte Emma. »Wenn ich mich recht erinnere, muss man mit der linken Hand immer die Mauer berühren, und wenn man nicht loslässt, findet man am Ende heraus.«
    »Lass es uns versuchen!« Er verteilte den Rest Champagner auf die beiden Gläser und legte die leere Flasche ins Gras. Emma zog die hochhackigen Schuhe aus, berührte mit den Fingerspitzen die Hecke, und vorsichtig machten sie sich auf den Weg

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