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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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Weltklasse-Flaschendreher. »Okay. Du zuerst.«
    »Nein, du zuerst.«
    »Warum ich?«
    »Weil du mehr Auswahl hast.«
    Und es stimmte, er hatte einen nahezu unerschöpflichen Vorrat an Geheimnissen. Er konnte ihr erzählen, dass er sie heute Abend beim Anziehen beobachtet oder dass er die Badezimmertür beim Duschen absichtlich offen gelassen hatte. Er konnte ihr erzählen, dass er mit Naomi Heroin geraucht oder dass er kurz vor Weihnachten schnellen, freudlosen Sex mit Emmas Mitbewohnerin Tilly Killick gehabt hatte; eine Fußmassage, die schrecklich aus dem Ruder gelaufen war, als Emma bei Woolworths eine Lichterkette für den Baum gekauft hatte. Aber vielleicht war es besser, etwas zu erzählen, das ihn nicht als oberflächlich, schäbig, verlogen oder eingebildet entlarvte.
    Er dachte kurz nach.
    »Okay, los gehts.« Er räusperte sich. »Vor ein paar Wochen hatte ich in einem Club mal was mit ’nem Typen.«
    Ihr fiel die Kinnlade herunter. »Mit ’nem Typen?«, und sie lachte. »Hut ab, Dex, du steckst wirklich voller Überraschungen …«
    »Keine große Sache, nur Knutschen, und ich war ziemlich hinüber …«
    »Das sagen alle. Dann erzähl mal – was ist passiert?«
    »Na ja, es war Hardcore-Gay-Nacht, ›Sexface‹, in so ’nem Club namens Lack und Leder in Vauxhall …«
    »›Sexface im Lack und Leder‹! Was ist aus den guten, alten Disconamen wie ›Roxy‹ oder ›Manhattan‹ geworden?«
    »Es ist keine ›Disco‹, es ist ein Schwulenclub.«
    »Und was hattest du in einem Schwulenclub verloren?«
    »Da gehen wir immer hin. Die Musik ist besser. Härter, nicht dieser Blümchen-House-Scheiß …«
    »Du Spinner …«
    »Wie auch immer, ich war mit Ingrid und ihrer Clique da, hab getanzt, auf einmal kam dieser Typ auf mich zu, hat mich geküsst, und ich habe ihn wohl irgendwie, na ja, zurückgeküsst.«
    »Und hat es …«
    »Was?«
    »Dir gefallen?«
    »Es war okay. Nur ein Kuss. Ein Mund ist nur ein Mund, richtig?«
    Emma lachte laut auf. »Dexter, du hast die Seele eines Poeten. ›Ein Mund ist nur ein Mund.‹ Oh, das ist reizend, ganz entzückend. Kommt das nicht aus As Time Goes By ?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Ein Mund ist nur ein Mund. Das sollte auf deinem Grabstein stehen. Was hat Ingrid dazu gesagt?«
    »Die hat nur gelacht. Es macht ihr nichts aus, sie fands sogar geil.« Gleichgültig zuckte er die Achseln. »Indgrid ist bisexuell, also …«
    Emma verdrehte die Augen. » Klar ist sie das«, und Dexter lächelte, als sei Ingrids Bisexualität seine Idee gewesen.
    »Hey, ist doch kein Ding, oder? Schließlich soll man in unserem Alter doch ein paar Sachen ausprobieren.«
    »Echt? Muss an mir vorbeigegangen sein.«
    »Da hast du was verpasst.«
    »Ich hab mal dabei das Licht angelassen, aber das mach ich kein zweites Mal.«
    »Du musst daran arbeiten, Em. Alle Hemmungen ablegen.«
    »Oh Dex, du alter Sexperte . Und was hatte er an, dein Freund im ›Lack-und Lederclub‹?«
    »Nicht Lack-und Leder club , nur Lack und Leder. Riemen und Cowboyhosen aus Leder. Ein Telekomtechniker namens Stewart.«
    »Und, wirst du Stewart wiedersehen?«
    »Nur, wenn mein Telefon streikt. Er war nicht mein Typ.«
    »Ich dachte immer, jeder wäre dein Typ.«
    »Es war nur ein exotisches Abenteuer, mehr nicht. Was ist so witzig?«
    »Du siehst soooo was von selbstzufrieden aus.«
    »Gar nicht! Schwulenfeindin.« Er sah an ihr vorbei.
    »He, machst du jetzt auch noch den Kellner an?«
    »Ich versuch uns noch was zu trinken zu bestellen. Du bist dran. Verrat mir dein Geheimnis.«
    »Ach, ich gebs auf. Da kann ich nicht mithalten.«
    »Keine Mädchen/Mädchen-Nummer?«
    Resigniert schüttelte sie den Kopf. »Weißt du, eines Tages sagst du so was zu ’ner echten Lesbe, und dann kriegst du mächtig eins aufs Maul.«
    »Also hattest du nie was mit einer …?«
    »Krieg dich wieder ein, Dexter. Willst du jetzt mein Geheimnis hören oder was?«
    Der Kellner brachte ihnen griechischen Branntwein auf Kosten des Hauses, die Art Getränk, die man nur umsonst loswird. Emma nippte daran, verzog das Gesicht und legte sich bedacht eine Hand auf die Wange, eine Geste, die beschwipste Vertraulichkeit suggerieren sollte. »Ein Geheimnis. Mal sehen.« Sie tippte sich ans Kinn. Sie konnte ihm erzählen, dass sie ihn beim Duschen beobachtet hatte oder dass sie von der Sache mit Tilly Killick an Weihnachten wusste, als die Fußmassage schrecklich aus dem Ruder gelaufen war. Oder sie konnte ihm erzählen, dass sie im Jahr

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