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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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angesteckt.«
    Er widerspricht nicht. »Ich war die ganze Nacht auf, mir gehts so dreckig.«
    »Ich weiß, Schatz.«
    »Durchfall und Schnupfen …«
    »Eine einnehmende Kombination. Wie Mandolinen und Mondschein.«
    »Ich hasse es, im Sommer erkältet zu sein.«
    »Du kannst ja nichts dafür«, sagt Emma und setzt sich auf.
    »Das ist bestimmt ’ne Magendarmgrippe«, sagt er und lässt sich das Wort genüsslich auf der Zunge zergehen.
    »Klingt ganz so.«
    »Ich fühl mich wie …«, mit geballten Fäusten sucht Ian nach dem Wort, das die ganze Ungerechtigkeit auf den Punkt bringt, »wie – ausgekotzt! So kann ich doch nicht zur Arbeit gehen.«
    »Dann geh nicht.«
    »Ich muss aber.«
    »Dann geh.«
    »Kann ich doch nicht, oder? Fühlt sich an, als hätte ich zwei Liter Schleim genau hier.« Er spreizt die Hand über der Stirn. »Zwei Liter zähen Schleim.«
    »Mann, das Bild werde ich den ganzen Tag nicht mehr los.«
    »Ich kanns nicht ändern, so fühle ich mich nun mal.« Er zwängt sich an der Bettecke vorbei zu seiner Seite und schlüpft mit einem weiteren wehleidigen Seufzer unter die Decke.
    Sie sammelt sich, bevor sie aufsteht. Heute ist ein großer, ein denkwürdiger Tag für Emma Morley, und darauf hätte sie gut verzichten können. Heute Abend findet in der Cromwell-Road-Gesamtschule die Premiere der Schulaufführung von Oliver! statt, und das Chaos ist quasi vorprogrammiert.
    Auch für Dexter ist es ein großer Tag. Hellwach liegt er in einem Knäuel aus feuchten Laken und malt sich aus, was alles schiefgehen kann. Heute moderiert er seine erste eigene Fernsehshow. Ein Sprungbrett. Ein Sprungbrett, genau auf seine Talente zugeschnitten, aber plötzlich ist er sich nicht mehr sicher, ob er welche hat.
    Gestern ist er früh ins Bett gegangen wie ein kleiner Junge, allein und nüchtern, als es draußen noch hell war, in der Hoffnung, heute Morgen frisch und munter aufzuwachen. Aber von den neun Stunden hat er sieben wachgelegen, fühlt sich wie zerschlagen, und ihm ist schlecht vor Angst. Das Telefon klingelt, er fährt hoch und hört die eigene Stimme auf dem Anrufbeantworter, weltgewandt und selbstbewusst. »Na los – sprich mit mir!«, sagt sie, und er denkt: Idiot. Leg dir eine neue Ansage zu.
    Die Maschine piepst. »Ah. Okay. Hi. Ich bins«, spricht Emma auf Band. Beim Klang ihrer Stimme verspürt er das vertraute Gefühl der Erleichterung und will gerade abnehmen, als ihm einfällt, dass sie sich gestritten haben und er eigentlich noch schmollt. »Sorry, dass ich so früh anrufe, aber ein paar von uns haben richtige Jobs. Ich wollte dir nur ganz viel Glück für deinen großen Abend wünschen. Im Ernst, viel Glück. Du bist bestimmt gut, nein, mehr als gut, du bist bestimmt großartig. Aber zieh dir was Schickes an und sprich nicht mit dieser komischen Stimme. Ich weiß, du bist noch sauer auf mich, weil ich nicht komme, aber ich werd vor der Glotze sitzen und wie wild jubeln …«
    Nackt steht er auf und starrt den Anrufbeantworter an. Er überlegt, ob er abnehmen soll.
    »Keine Ahnung, wie spät ich nach Hause komme, du weißt ja, wie wild es bei Schulaufführungen zugeht. Die verrückte Welt des Showbusiness. Ich ruf dich später an. Viel Glück, Dex. Alles Gute. Und übrigens, du musst dir dringend ’ne neue AB-Ansage zulegen.«
    Sie legt auf. Dexter erwägt, sie gleich zurückzurufen, hat aber das Gefühl, aus taktischen Gründen noch etwas weiterschmollen zu müssen. Sie hatten wieder mal Zoff. Sie glaubt, er mag ihren Freund nicht, und trotz seiner vehementen Beteuerungen des Gegenteils lässt sich nicht leugnen, dass er ihren Freund tatsächlich nicht leiden kann.
    Er hat sich wirklich alle Mühe gegeben. Zu dritt haben sie in Kinos, billigen Restaurants und schäbigen, alten Kneipen gesessen, und Dexter hat Emma mit einem wohlwollenden Lächeln angesehen, als Ian sie auf den Nacken küsste; junges Glück mit zwei Glas Bier. Er hat am winzigen Küchentisch ihrer winzigen Wohnung in Earls Court eine verbissene Trivial-Pursuit-Partie gespielt, die an einen Boxkampf mit bloßen Fäusten erinnerte. Er hat sogar mit Ians Sonicotronics-Kollegen im »Lach-Labor« in Mortlake gesessen, um sich Ians Stand-up-Nummer über Alltagssituationen anzuschauen, während Emma ihn ständig nervös grinsend in die Seite stieß, damit er an den richtigen Stellen lachte.
    Aber selbst wenn er sich zusammenreißt, bleibt die Abneigung spürbar, und sie beruht auf Gegenseitigkeit. Ian deutet bei jeder sich

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