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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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Franzosen einrenken», erwiderte Molly Anning.
    «Ich weiß nicht, ob ich irgendetwas bewirken kann. Cuvier ist ein mächtiger, sehr angesehener Wissenschaftler, während Sie nur …» Eine arme Arbeiterfamilie sind, wollte ich den Satz beenden, tat es aber nicht. Es war nicht nötig, denn Molly Anning verstand mich auch so. «Außerdem wird er meinen Worten keine Beachtung schenken, ganz egal, ob ich nun Französisch schreibe oder Englisch. Er kennt mich nicht. Für ihn bin ich ein Niemand.» Wie für die meisten Leute, dachte ich im Stillen.
    «Einer der Männer könnte an Cuvier schreiben», schlug Margaret vor. «Vielleicht Mr Buckland? Er hat Cuvier doch schon persönlich getroffen, oder nicht?»
    «Vielleicht sollte ich an Colonel Birch schreiben und ihn bitten, das zu erledigen», sagte Molly Anning. «Er würde es sicher machen.»
    «Nein, nicht Colonel Birch.» Mein Ton war so scharf, dass mich alle drei Frauen anschauten. «Weiß außer uns noch jemand, dass Mary an Cuvier geschrieben hat?»
    Molly Anning schüttelte den Kopf.
    «Dann weiß auch niemand von seiner Antwort?»
    «Nur Joe, aber der würde nichts weitersagen.»
    «Na, das ist wenigstens etwas.»
    «Aber es wird herauskommen. Irgendwann werden Mr Buckland, Reverend Conybeare, Mr Konig und all die anderen Männer, an die wir verkaufen, erfahren, dass der Franzose die Annings für Betrüger hält. Vielleicht hört auch der Herzog von Buckingham davon und bezahlt uns dann nicht!» Molly Annings Mund begann zu zittern, und ich fürchtete schon, sie würde zu weinen beginnen – ein Anblick, den ich nicht ertragen könnte.
    Nur um das zu verhindern, sagte ich schnell: «Molly, ich werde Ihnen helfen. Weinen Sie nicht. Wir schaffen das schon.»
    Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, doch ich dachte an die Kiste voller Fischfossilien, die in Marys Werkstatt darauf wartete, dass ich endlich auftaute. Da wusste ich, dass ich etwas unternehmen musste. Einen Moment lang überlegte ich. «Wo befindet sich der Plesiosaurier jetzt?»
    «An Bord der Dispatch auf dem Weg nach London. Wenn er nicht schon dort angekommen ist. Mr Buckland hat ihn zum Schiff gebracht, und Reverend Conybeare nimmt ihn am anderen Ende der Reise in Empfang. Er wird Ende des Monats beim jährlichen Dinner der Geologischen Gesellschaft einen Vortrag halten.»
    «Aha.» Das Fossil war also schon weg und befand sich in Händen der Männer. Dann würde ich sie eben aufsuchen müssen.
    Margaret und Louise hielten mich für verrückt. Schlimm genug, dass ich nach London wollte, statt einfach einen entschiedenen Brief zu schreiben, aber dann noch im Winter und auf dem Seeweg zu reisen, fanden sie schlichtweg aberwitzig. Das Wetter war jedoch so schlecht und die Straßen so matschig, dass nur die Postkutschen bis London durchkamen und auch das nur mit Verspätungen. Außerdem waren sie alle ausgebucht. Auf dem Seeweg könnte es schneller gehen, und das wöchentliche Schiff nach London fuhr genau an dem Tag, an dem ich es brauchte.
    Mir war klar, dass die Männer, mit denen ich reden wollte, nur noch den Plesiosaurier im Kopf hatten. Ich konnte noch so eloquent und eindringlich schreiben, sie würden meinen Brief gar nicht beachten. Ich musste sie persönlich sprechen, um sie zu überzeugen, dass Mary dringend ihre Hilfe brauchte.
    Was ich meinen Schwestern nicht verriet war, dass ich mich auf diese Reise freute. Natürlich hatte ich auch Angst vor dem Schiff und der unberechenbaren See. Es würde kalt und rau werden, und wahrscheinlich würde ich trotz des Tonikums gegen Übelkeit, das Margaret für mich zusammengerührt hatte, die meiste Zeit seekrank sein. Als einzige Dame an Bord konnte ich nicht mit der Hilfe und dem Mitgefühl der Mannschaft oder anderer Passagiere rechnen.
    Außerdem hatte ich Zweifel, ob ich irgendetwas an Marys misslicher Lage ändern konnte. Doch eins war klar: Als ich den Brief von Joseph Pentland las, hatte mich eine ungeheure Wut ergriffen. Mary war lange Zeit so großzügig gewesen und hatte, abgesehen von der überstürzten und verrückten Auktion des Colonel Birch, fast nie etwas verdient, während andere sich ihrer Funde bemächtigten und sich damit einen Namen in der Wissenschaft machten. William Buckland hielt in Oxford Vorlesungen über die Fossilien, Charles Konig schaffte sie unter öffentlichem Beifall für das Britische Museum an, Reverend Conybeare und sogar unser guter Henry De La Beche sprachen vor der Geologischen Gesellschaft über sie und

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