Zwei Esel Auf Sardinien
Mitleid? – zu mir und trommelt ungeduldig auf den Seitenspiegel; die Posaune bringt einen langen Misston heraus, die Große Trommel und alle anderen Musiker schreien: » AJÒ !«
Ich renne in die Kirche. Gerade spielt die Orgel die ersten Noten des Hochzeitsmarsches von Mendelssohn.
Die Kirche ist gerammelt voll, man glaubt es kaum: Einwohner von Gesturi, Verwandte und Freunde, die aus Rom, den Abruzzen und sogar aus Kalifornien angereist sind. Maurizio steht schon wartend vor dem Altar, von Kopf bis Fuß gegelt und gelackt. Ich hatte mir so schöne Streiche ausgedacht, die ich ihm spielen wollte. Zum Beispiel wollte ich mir gestern Abend einen seiner Schuhe für die Trauung besorgen und mit einem weißen Stift auf die Sohle »Holt mich hier raus!« schreiben. Im letzten Moment hatte ich mir noch überlegt, mich als Braut zu verkleiden, oder dass er nach der Kirche statt seines traccas nur noch unsere kleine Ape vorfinden sollte. Doch jetzt muss ich mich beeilen. Wegen der vielen Leute ist so gut wie kein Durchkommen. Ich kann gerade einmal Giulia ausmachen, die am Arm ihres Vaters sichtlich angespannt langsam vorwärtsschreitet. Die Ärmste, um in dieses alte Spitzenkorsett zu passen, muss sie wohl seit gestern Nachmittag um drei den Atem angehalten haben! Genau wie Maurizio hat sie sich ziemlich herausgeputzt, mit dickem Make-up und kunstvoller Haarpracht à la Lady Gaga. Bosheit mal beiseite, sie ist wunderschön, auch wenn ich ein natürliches Aussehen bevorzuge. Was Maurizio betrifft, so trägt er ein weißes Hemd und darüber ein Leibchen aus scharlachroter grober Wolle, dazu lange weiße Strümpfe. Bis hierhin ist alles noch normal, schauten sie nicht unter einem in der Taille mit einem Ledergürtel zusammengehaltenen kurzen Rock hervor. Was tut man nicht alles aus Liebe! Giulias Vater ist vor Rührung ganz verwirrt, seit sie die Kirche betreten haben. Er konnte sich zunächst nicht mal entscheiden, ob er links oder rechts von der Braut gehen sollte, und beinahe wären die beiden im Gänsemarsch hintereinander hergelaufen wie bei der Silvesterpolonaise.
Maurizios Vater, Onkel Peppo, sieht noch genauso aus wie vor dreißig Jahren, als ich ihn zum letzten Mal getroffen habe. Er steht vor dem Platz auf der Bank links vom Altar, der für mich bestimmt ist, und hält seinen Ehering und den von Tante Clara in der Hand. Offensichtlich hatte er sich schon darauf vorbereitet, dass ich verschollen bleibe. Während wir uns umarmen, raune ich ihm zu: »Ich bin dein Neffe Bruno! Achte nicht auf meine Kleidung, aber wenn du mir nicht glaubst, hier sind die Ringe …« Tante Clara ist in diesen Jahren unglaublich gealtert. Ich hätte sie kaum wiedererkannt. Sie steht ganz allein hinter dem Altar. Ich frage ihn nach dem Grund, und er sagt mir, das sei wegen ihrer kleinen Mimi. Seit man ihr als große Ausnahme erlaubt hat, die Hündin zur Trauung mitzubringen – aber nur wenn sie in der Tasche bliebe und nicht bellen würde –, hat sich die ein wenig sonderliche Tante hier hinten verkrochen, aus Angst, ihre weiße Zwergpudeldame könnte herausspringen. Ich muss aber sagen, dass die kleine Mimi nicht einmal fünf Minuten in der Tasche geblieben ist. Von Kopf bis Fuß mit Schleifen geschmückt wie die rosa Zuckermandelsäckchen, die man bei der Hochzeit verteilt, hat sie die ganze Zeit bei ihrem fürsorglichen Frauchen im Arm gelegen. Tante Clara hat sich keinen Moment von Mimi getrennt, nicht einmal, als das Brautpaar die Ringe getauscht hat. Jetzt haben sich neben dem Haupteingang zwei Carabinieri in Gardeuniform aufgebaut. Ob Giulia heil durch die Kirche kommt, ist nicht klar. Da sie nicht an dreizehn Zentimeter hohe High Heels gewöhnt ist, klammert sie sich ständig an ihren Vater, um nicht zu fallen. Inzwischen habe ich es bis zum Altar geschafft.
Ich dränge mich zu Maurizio, der mich natürlich nicht wiedererkennt und mich für einen von der Kapelle hält. »Psst …« Er achtet nicht auf mich, oder vielleicht will er jetzt auch keine Zeit an einen Unbekannten verschwenden. Er ist ganz in eine leise Unterredung mit Padre Mariano versunken. Vielleicht erteilt ihm der Pfarrer die letzten Ratschläge vor der Zeremonie. Jetzt kommt ein Freund hinzu und gibt ihm einen Zettel. Maurizio wird rot, er weiß, dass es einer dieser »Streiche« seiner Kumpel ist, die ihm peinlich sein werden. Er liest nur ein paar Zeilen und muss prompt laut loslachen. So fassungslos, wie der ehrwürdige Pfarrer schaut, muss es sich um
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