Zwei Geschichten von der See
Modinhas und Sambas der zweiten Klasse zurückkehrte.
Als die Freudenmädchen ihn kommen sahen, nahmen sie sich zusammen, setzten sich sittsamer hin, zogen ihre Röcke über die Knie und rückten von den Studenten ab, die sich bei ihnen anzubiedern suchten. Die Mulattin hörte zu singen auf, und nur die Gitarre fuhr in ihrer Klage fort. Die Sängerin hatte eine hübsche Stimme, der Kommandant wollte unter keinen Umständen ein Spielverderber sein:
»Bitte, lassen Sie sich nicht stören … Warum haben Sie denn aufgehört? Bitte, singen Sie doch weiter, es hat mir so gut gefallen.«
»Der Herr Kapitän ist ein Menschenfreund«, lachte eine Ältere.
»Ein feiner Kerl«, entschied ein Student. »Bevor wir in Fortaleza landen, werden wir Ihnen ein Ständchen bringen.«
»Vielen Dank, meine Freunde.«
Die Mädchen wurden ihre Befangenheit jedoch nicht los, und die Mulattin stimmte ihr Lied nicht wieder an. Schade, dachte Vasco und trat den Rückzug an.
In der ersten Klasse strömten nach und nach die Fahrgäste zusammen. Sie kamen von ihrem Abendbad und hatten Sporthemden und Leinenhosen mit wollenen Anzügen, die leichten Kleider mit kleinen Abendkleidern vertauscht. Auch er musste sich schleunigst umziehen und die dunkelblaue Uniform mit dem Orden anlegen.
Er blieb jedoch noch ein paar Minuten stehen. Denn parfümiert, das Haar kunstvoll aufgesteckt, eine Arbeit, die bestimmt den halben Nachmittag in Anspruch genommen hatte, in einem hocheleganten Kleid, eine Seidenstola in der Hand, mit jenen Augen, die einen geheimen Kummer zu verbergen schienen, und ohne ihren Pekinesen – ein vielversprechender Punkt – glitt Clotilde über das Deck. Das Herz des Kommandanten schlug höher. Sie hatte ihn bereits erblickt und warf ihm ein kleines Lebewohl zu, was zugleich eine Begrüßung war. Er trat auf sie zu:
»Sie sehen aus wie eine Meergöttin …«
»Herr Kommandant …« Sie verbarg ihre Augen hinter dem Schal, zog ihn aber gleich wieder weg und fragte kokett:
»Wollen Sie nicht einen Rundgang mit mir machen, damit wir Appetit bekommen?«
»Nichts wäre mir lieber. Ich muss mich aber umziehen, um mich Ihrer bei der Abendtafel würdig zu erweisen … Wenn Sie jedoch einen Augenblick auf mich warten wollen, werde ich Sie im Salon abholen.«
»Ich warte, aber beeilen Sie sich, Herr Schmeichler.«
Als er zurückkehrte, tat das verstimmte Klavier des Salons sein Bestes, um eine Arie aus »La Bohème« wiederzugeben. Vasco bewunderte klassische Musik, hatte jedoch kein persönliches Verhältnis zu ihr und machte sich im Grund wenig daraus. Einmal, vor langer Zeit, hatte Oberst Pedro de Alencar ihn in die Opernvorstellung eines altersschwachen italienischen Ensembles mitgeschleppt, das nach einer ermüdenden Rundreise durch Südamerika in Bahia gestrandet war. Der Oberst betete Opern an, er besaß eine Plattensammlung mit Carusos Meisterarien. Er überzeugte Vasco von der einmaligen Gelegenheit, die das Schicksal ihm bot, Baritone und Tenöre, einen berühmten Bass, einen lieblichen Sopran und einen nicht weniger bezaubernden Alt in einer Inszenierung der »Bohème« mit einem regelrechten Bühnenbild und allen Schikanen zu sehen. Trotz der wiederholten gegenteiligen Ratschläge Jerônimos und Georges’ sagte Vasco zu, weil es immerhin eine Gelegenheit war, wieder einmal seine Galauniform und die Medaille des Ordens Christi anzulegen, und begleitete den Oberst ins Theater. Das Ganze erwies sich als gähnende Langeweile und ein grässliches Schwitzbad. Der Sopran hatte sicherlich seine zweihundertvierzig Pfund Lebendgewicht, dafür war der Tenor ein spilleriges Kerlchen. Vasco verspürte unwiderstehlichen Lachreiz, als die bestenfalls mittelmäßige Sängerin gackerte:
Mi chiamano Mimi.
Ma perchè?
Non so.
Il mio nome è Lucia.
Oberst Pedro de Alencar schwebte im siebten Himmel, er kannte ganze Teile der Oper auswendig. Vasco erstickte fast vor Hitze und verfluchte seine Eitelkeit, die ihn dazu verführt hatte, die Einladung anzunehmen, nur um Uniform und Orden anlegen zu können. Als die Sopranistin, die vor Gesundheit und Fettpolstern strotzte, sich in der Umarmung des ausgezehrten Tenors, dessen Glieder offensichtlich außerstande waren, sie zu halten, schwach und schwindsüchtig auflöste, konnte Vasco sich nicht länger halten und prustete los, zur Empörung des Oberst, der ihn einen Banausen und Bauern nannte. Seit jener Zeit hielt er von der sogenannten hohen Musik, die fraglos der größten
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